Hamburg. Bezirksamt Altona und Justizbehörde sind zuständig. Ein Cannabis-Experte schätzt den Bedarf an Clubs in Hamburg sehr hoch ein.
Start frei für die Cannabis-Clubs: Noch anderthalb Wochen, und dann können Interessierte eine Genehmigung solcher Vereinigungen beantragen. In Hamburg liegt die Zuständigkeit für die eigentliche Genehmigung und Kontrolle beim Bezirksamt Altona. Für die fachliche Aufsicht ist die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz zuständig. Mit diesen Entscheidungen hat die Hansestadt die Weichen dafür gestellt, dass die geplante Legalisierung von Cannabis pünktlich umgesetzt und die Gründung von Vereinen zur Abgabe der vom 1. Juli an legalen Droge erfolgen kann.
Nachdem die Bundesregierung im Februar den Gesetzentwurf „zum kontrollierten Umgang mit Cannabis“ gebilligt hat, wird vom kommenden Monat an die Weitergabe von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht. Dies geschieht laut Gesetz ausschließlich im Rahmen einer Anbauvereinigung. Ein solcher Cannabis-Club darf die Droge nur anbauen und an Mitglieder abgeben, wenn die zuständige Behörde zuvor eine Erlaubnis erteilt hat. Bislang war in den einzelnen Bundesländern teilweise noch nicht eindeutig geklärt, welche Behörde nun genau zuständig ist.
Cannabis-Clubs: Hamburg informiert auf Website, wie es geht
Entsprechende Anfragen hatte es in der Vergangenheit bei der Stadt schon gegeben, sagte ein Sprecher der Justizbehörde dem Abendblatt. Meist bekundeten die jeweiligen Anrufer ein grundsätzliches Interesse und erkundigten sich, welche Voraussetzungen für die Eröffnung eines Cannabis-Clubs bestehen. Was für die Genehmigung einer Anbauvereinigung erforderlich ist und wie diese vonstatten geht, darüber informiert die Behörde seit Neuestem auf der Website www.hamburg.de/bjv. Diese ist seit Mittwoch freigeschaltet.
Die Anfragen und Genemigungsverfahren werden vom 1. Juli an bearbeitet. Konkrete Anträge lagen dem Bezirksamt Altona bis Mittwochmittag noch nicht vor, sagte Bezirksamts-Sprecher Mike Schlink. Bis eine Genehmigung erteilt wird, kann es laut Gesetz bis zu drei Monate dauern. Die Erlaubnis setzt voraus, dass alle notwendigen Angaben und Nachweise erbracht sind. Wie lang die Bearbeitung der Anträge mindestens dauern wird, ist schwer abzuschätzen. Jeder Einzelfall werde geprüft, sagte der Behördensprecher.
Cannabis: Was mit der Legalisierung erlaubt sein wird
Mit dem neuen Gesetz soll Erwachsenen vom 1. Juli an der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum im privaten Raum erlaubt werden. Im öffentlichen Raum soll die Höchstgrenze bei 25 Gramm liegen. Erwachsene Personen dürfen insgesamt bis zu drei Cannabispflanzen gleichzeitig zum Zwecke des Eigenkonsums privat anbauen. An Dritte darf das Cannabis aus dem privaten Eigenanbau nicht weitergegeben werden. Dies ist ausschließlich über Anbauvereinigungen, also sogenannte Cannabis-Clubs, erlaubt.
Wie die Abgabe über die Cannabis-Clubs funktioniert, das regelt das Konsumcannabisgesetz (KCanG). Die Anbauvereinigungen sind laut Gesetz nicht-wirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften, die den Anbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum betreiben. Sie dürfen das Cannabis nur an Mitglieder des jeweiligen Clubs abgeben. Begrenzt ist die Menge je Mitglied auf höchstens 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat. Bei Heranwachsenden, also Personen zwischen 18 und 21 Jahren, gilt eine monatliche Höchstmenge von 30 Gramm.
Cannabis-Clubs dürfen pro Mitglied monatlich maximal 50 Gramm abgeben
Dabei darf das Cannabis nur dann abgegeben werden, wenn das Mitglied persönlich zur Übergabe erscheint – und ausschließlich entweder im Gebäude, auf dem Grundstück oder der Anbaufläche des Vereins. Dabei müssen strikte Kontrollen des Alters und der Mitgliedschaft vorgenommen werden, nämlich indem der Mitgliedsausweis zusammen mit einem amtlichen Ausweis vorgelegt werden muss.
Den Bestimmungen zufolge ist für die Weitergabe zum Zweck des Eigenkonsums an Mitglieder der Clubs eine behördliche Erlaubnis notwendig. Anträge dafür können an das für die Genehmigung und Überwachung der Clubs zuständige Bezirksamt Altona über die Mailadresse cannabis-av@altona.hamburg.de gestellt werden. Die zuständige Fachbehörde ist über kcangueberwachung@justiz.hamburg.de zu erreichen.
Hamburger Cannabis-Clubs: Strenge Regeln, die eingehalten werden müssen
Auf der eigens für Informationen zum Cannabis-Gesetz eingerichteten Website der Justizbehörde sind unter anderem die wichtigsten Voraussetzungen für die Erlaubnis der Cannabis-Clubs aufgelistet. Laut Gesetz ist die Anzahl der Mitglieder auf 500 Personen beschränkt. Alle Mitglieder der Anbauvereinigung müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens sechs Monaten einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Anbauvereinigungen müssen eine dreimonatige Mindestmitgliedschaft in ihrer Satzung vorsehen. Außerdem muss der Mindestabstand von 200 Metern zu Schulen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Spielplätzen eingehalten werden.
Zu weiteren wichtigen Voraussetzungen gehört unter anderem die Bedingung, dass das Cannabis ausreichend gegen den Zugriff durch Kinder, Jugendliche und unbefugte Dritte geschützt ist. Unterdessen wird auf der Webseite darauf hingewiesen, dass durch das Bezirksamt oder die Justizbehörde keine Rechtsberatung für Anbauvereinigungen oder Privatpersonen erfolgen kann. Gleichwohl sei man bemüht, ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen.
Anbauvereinigung: Experte schätzt den Bedarf auf rund 150 Cannabis-Clubs
Der Bedarf an Cannabis-Clubs könnte nach Einschätzung von Andreas Gerhold, Gründer und Sprecher des Cannabis Social Club Hamburg, bei rund 150 Clubs für die Metropolregion Hamburg mit ihrer Gesamtbevölkerung von etwa 5,5 Millionen Einwohnern liegen. „Es macht wenig Sinn, nur die eigentliche Stadt Hamburg zu betrachten. Denn viele Anbauvereinigungen, die im Bundeslang Hamburg ansässig sind, werden ihre Anbauflächen in einem Nachbarbundesland haben, weil die Flächen in Ballungsgebieten naturgemäß sehr begrenzt sind“, sagt Gerhold.
Auf die Zahl von etwa 150 Clubs kommt Gerhold aufgrund von Statistiken und Einschätzungen, etwa einer Statistik der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Demnach konsumierten aktuell etwa rund fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland Cannabis. Die Schätzung von Gerhold liegt eher bei „zehn bis zwölf Prozent der Erwachsenen“, sagt der Gründer des Cannabis-Social-Club, der rund 15 Vereine und eine weitere dreistellige Zahl von Mitgliedern repräsentiert.
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Laut einer Umfrage des Civey-Instituts im Auftrag von t-online hätten 18 Prozent der Konsumenten Interesse, einem Anbauverein beizutreten. Damit komme man selbst bei der konservativen Schätzung von fünf Prozent Cannabiskonsumenten auf circa 275.000 potenzielle Interessenten für Cannabis-Clubs beziehungsweise Anbauvereinigungen.
Cannabis Hamburg: Mittelfristig müsste es in der Metropolregion Hamburg 1500 Clubs geben
Selbst wenn sich davon lediglich zehn Prozent tatsächlich dafür entscheiden würden, einem Cannabis-Club beizutreten, „bräuchte es immer noch 55 bis 60 Clubs, die jeweils mit der maximal möglichen Mitgliederstärke, also mit jeweils 500 Menschen besetzt sein müssten“, rechnet Gerhold vor.
Realistisch seien aber eher 200 bis 250 Mitglieder pro Club in der Metropolregion Hamburg, weil viele Anbauvereine nicht die maximal mögliche Mitgliederzahl haben wollten. Dadurch entstehe rechnerisch eine Anzahl von etwa 150 Clubs. „Und das nur um den ersten Bedarf zu decken.“ Mittelfristig geht Gerhold bei der jetzigen Gesetzeslange sogar von zehnmal so vielen Clubs aus, also rund 1500.