Harburg. Senat will weiteres Wachstum der Hochschule in Harburg. Wie hoch der Zuwachs ausfällt und was TUHH-Chef Andreas Timm-Giel damit vorhat.
Es war eine Hängepartie, die sich über mehr als ein Jahr erstreckte: Eigentlich hatte an der Technischen Universität Hamburg in Harburg (TUHH) schon 2023 eine zweite Ausbauphase beginnen sollen – doch bis zuletzt stand infrage, ob die drittgrößte Hochschule der Hansestadt mehr Geld bekommen würde. Nun aber ist klar, dass es weitere Finanzspritzen geben wird. Am Dienstagvormittag hat der rot-grüne Senat beschlossen, dass die Ingenieurschmiede zusätzliche Mittel bekommt: zwei Millionen Euro in diesem Jahr, fünf Millionen Euro 2025 und zehn Millionen Euro von 2026 an. Damit wird sich das jährliche Grundbudget der TUHH von derzeit 100 Millionen langfristig auf 110 Millionen Euro erhöhen.
Seit 2018 war das jährliche Budget der TUHH bereits in einer ersten Phase von unter 80 Millionen Euro schrittweise angewachsen. Damit verbunden war der Wunsch des rot-grünen Senats, die TUHH solle „perspektivisch“ zur Gruppe der TU9 aufschließen, den neun führenden deutschen technischen Universitäten. Das galt damals schon als sehr ambitioniert, weil TU9-Mitglieder wie die Technische Universität München erheblich größer und besser finanziert sind als die TUHH.
TUHH: Mehr Studienanfänger, mehr Drittmittel, neuer Sonderforschungsbereich
Heute ist von diesem Ziel nicht mehr die Rede. Für die TUHH bedeutet der jüngste Senatsbeschluss gleichwohl eine weitere Aufwertung. Uni-Präsident Andreas Timm-Giel ist erleichtert. „Das bestätigt unseren Kurs“, sagt der 56-Jährige. Er führt die Hochschule seit 2021 – und verweist nach der ersten Hälfte seiner Amtszeit darauf, was die TUHH zuletzt erreicht habe. So liege die Zahl von 1291 Bachelor-Studienanfängern an der TUHH im Wintersemester 2023/24 gut 25 Prozent über dem Wert von 2021 – entgegen dem deutschlandweiten Trend. An anderen Technischen Universitäten seien die Anfängerzahlen zurückgegangen oder sie stagnierten.
Timm-Giel sieht den Zuwachs an seiner Hochschule als Beleg dafür, dass die TUHH zuletzt attraktiver geworden sei, weil sie ihre Lehre reformierte und neue Studiengänge einführte, etwa Datenwissenschaft, „grüne“ Technologien, Wirtschaftsingenieurwesen und Chemie- und Bioingenieurwesen. Erfolge vermeldet er auch für die Forschung an der TUHH: Die eingeworbenen Drittmittel seien in den vergangenen zwei Jahren um 20 Prozent auf nunmehr 49 Millionen Euro angestiegen; seit Oktober 2023 verfügt die Hochschule über einen zweiten von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich.
TUHH schafft es mit Antrag für Exzellenzcluster in die zweite Runde
Besonders stolz ist Timm-Giel darauf, dass es die TUHH in dem neuen Auswahlverfahren des Exzellenzwettbewerbs des Bundes und der Länder mit ihrem Antrag für ein sogenanntes Exzellenzcluster in die zweite Runde geschafft hat, wobei sie wahrscheinlich die kleinste Hochschule im Kreis der Bewerber ist. Nun darf die TUHH sich bis August um eine Förderung von ingesamt 72 Millionen Euro über sieben Jahre hinweg bewerben; die Entscheidung soll im Mai 2025 fallen. In dem Vorhaben will die Hochschule nachhaltige Materialien entwickeln, die sich durch Kontakt mit Wasser so verändern, dass sie vorteilhafte Eigenschaften bekommen und sich etwa für die Temperaturregulierung von Gebäuden eignen oder zur Energiegewinnung.
Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hatte im März erklärt, dieser jüngste „Etappenerfolg“ der TUHH biete ihr ein zusätzliches gutes Argument, um im Senat für die finanzielle Stärkung der Hochschule zu werben. Offensichtlich hatte Fegebank damit Erfolg.
Hochschulpräsident will zwei neue Campus-Labore einrichten
Andreas Timm-Giel will die zusätzlichen Mittel im Wesentlichen für zwei Zwecke nutzen. Erstens ließen sich damit einige noch befristet finanzierte Professuren dauerhaft bezahlen, so der TUHH-Präsident. Zweitens wolle er ein Vorhaben namens „Campus Labs“ umsetzen: zwei neue Labore, in denen Studierende sehr viel enger als bisher an der Forschung der TUHH beteiligt werden – und zwar bei den Themen Kreislaufwirtschaft („circular economy“) sowie Bodenqualität und Bewässerung.
Beide Einrichtungen sind Teil der neuen TUHH-Strategie „Engineering to Face Climate Change“: Die Hochschule will durch ihre Forschung und Lehre dazu beitragen, dass der ingenieurwissenschaftliche Nachwuchs neue Technologien für den Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels entwickelt. Timm-Giel will in den beiden geplanten Laboren auch Start-ups einbinden. „Ich verbinde mit den Campus Labs mehrere Ziele: die Studierenden zu motivieren, die Ausbildung zu verbessern und die Wirtschaft noch besser mit unserer Expertise unterstützen zu können“, sagt der TUHH-Präsident.
Andreas Timm-Giel: „Wir werden nicht im Überfluss leben“
Große neue Sprünge wird die Technische Universität Hamburg zwar nicht machen können mit der zweiten Aufstockung ihres Grundbudgets. „Wir werden nicht im Überfluss leben, müssen bei zusätzlichen Professuren auch weiterhin genau prüfen, ob diese unbedingt nötig sind“, sagt Timm-Giel. Dank des ersten und nun folgenden weiteren Aufwuchses lasse sich aber einiges bewegen an der TUHH. Als Timm-Giel 2021 sein Amt antrat, gab es an der TUHH 92 Professuren – mittlerweile sind es 105.
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Dass an der TUHH langfristig bis zu 10.000 Studierende lernen werden, wie es Senatsvertreter vor fünf Jahren noch in Aussicht gestellt hatten, gilt zwar als unrealistisch. Dass es bald zumindest deutlich mehr sein werden als derzeit (7300 Studierende), hält Timm-Giel aber für wahrscheinlich. „Wir haben einen Lauf“, sagt der Hochschulchef, der nun in die zweite Hälfte seiner Amtszeit geht. Ob er auch nach 2028 weitermacht? „Das kann ich mir gut vorstellen“, sagt Timm-Giel. Er wolle dazu beitragen, dass die TUHH „auch international besser sichtbar wird“.