Hamburg. Bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen in Hamburg werden die Sozialdemokraten wieder stärkste Kraft. Auch Christdemokraten feiern.
Von Marc Hasse und Peter Ulrich Meyer
Dass die Hamburger Grünen bei den jüngsten Bezirksversammlungswahlen ihren Triumph von 2019 nicht wiederholen würden, war zu erwarten. Zu stark war zuletzt die Kritik an prominenten Parteivertretern wie Robert Habeck auf Bundesebene, und auch in der Hansestadt mussten die Grünen befürchten, etwa wegen ihrer umstrittenen Verkehrspolitik in der Wählergunst zurückzufallen – die Frage war nur, wie groß die Einbußen sein würden.
Das ist nun klar: In drei Wahlbezirken sind Hamburgs Grüne erneut siegreich, verzeichnen aber selbst dort Einbußen: Mit Stand 19.40 Uhr gewinnen sie in Altona mit 27,6 Prozent (minus 7,5), in Eimsbüttel mit 29,6 Prozent (minus 7,6) und Hamburg-Nord mit 27,9 Prozent (minus 7,8), verlieren ihre Führungsposition aber in Hamburg-Mitte mit 21,1 Prozent (minus 8,2) an die SPD, die den Bezirk mit 28,5 Prozent der Stimmen gewinnt.
Bezirkswahlen in Hamburg: drei Siege für die Grünen, je zwei für SPD und CDU
Die Sozialdemokraten, die in allen Bezirken leicht zulegen, sind zudem erneut Spitzenreiter in Harburg mit 28,3 Prozent (plus 1,2). In Wandsbek gewinnt die CDU mit 27,9 Prozent sehr knapp vor der SPD (27,7). Auch den Bezirk Bergedorf verliert die SPD trotz ihres Ergebnisses von 26,6 Prozent (plus 0,2) an die CDU, die dort mit 28,6 Prozent (plus 4,3) den ersten Platz holt und damit erstmals seit 2008 in Hamburg wieder Bezirke gewinnt.
In der Gesamtschau für die Hansestadt stellt sich die Lage wie folgt dar: Über alle Bezirke hinweg kommen die Sozialdemokraten auf die meisten Stimmen und verweisen damit die Grünen auf Platz zwei – diese hatten vor fünf Jahren sensationell 31,3 Prozent der Stimmen erhalten. Auf Platz drei kommt die CDU, gefolgt (Stand 19.45 Uhr) von der AfD, die knapp vor den Linken liegt. Die FDP überspringt in allen sieben Hamburger Bezirken die Drei-Prozent-Hürde.
CDU erstmals seit 2008 wieder bei Bezirkswahl siegreich
In der Gesamtschau für die Hansestadt stellt sich die Lage wie folgt dar: Über alle Bezirke hinweg kommen die Sozialdemokraten auf 25,3 Prozent (plus 1,3) und verweisen damit die Grünen (23,6 Prozent) auf Platz zwei – diese hatten vor fünf Jahren sensationell 31,3 Prozent der Stimmen erhalten. Nun verzeichnen sie einen Verlust von 7,7 Prozent.
Auf Platz drei kommt mit 21,6 Prozent die CDU (plus 3,4), gefolgt von den Linken, die mit 9,5 Prozent (minus 1,2) knapp vor der AfD (8,8 Prozent, plus 2,5) liegen. Die FDP erreicht 6,4 Prozent (minus 0,2). Die erstmals bei Bezirkswahlen angetretene Kleinpartei Volt kommt auf 3,9 Prozent.
Fegebank: „Natürlich blicke ich auf die Ergebnisse mit gemischten Gefühlen“
Katharina Fegebank, Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und grüne Senatorin für Wissenschaft und die Bezirke, sprach trotz der Einbußen für ihre Partei von einem „guten Ergebnis“. Dass die Grünen in immerhin noch drei Bezirken vorne liegen, sei für sie eine „freudige Nachricht“, so Fegebank. „Im Landesschnitt haben mehr als 20 Prozent der Menschen den Grünen das Vertrauen geschenkt.“ Das sei eine „starke Basis für kluge Politik vor Ort“ in den kommenden fünf Jahren.
„Aber natürlich blicke ich auf die Ergebnisse mit gemischten Gefühlen“, sagte Fegebank. „Denn wir konnten nicht alle Menschen, die wir 2019 für uns gewonnen haben, erneut überzeugen.“ Besonders bekümmere es sie, dass die Grünen in der Gruppe der 16- bis 24-Jährigen an Rückhalt verloren haben. „Wir werden uns viele Gedanken machen, wie wir die jungen Wählerinnen und Wähler wieder besser ansprechen können, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen.“ Dabei gelte es auch zu analysieren, was die Kleinpartei Volt besser gemacht habe.
SPD: „Es ist uns gelungen, uns vom negativen Bundestrend abzuheben“
Für die Grünen sei es ein schwieriger Wahlkampf gewesen, der neben Zuspruch von viel Gegenwind und Attacken gegen die Partei gekennzeichnet gewesen sei, erklärten die Grünen-Landesvorsitzenden Maryam Blumenthal und Leon Alam. Aber: „Die Wählerinnen und Wähler in Hamburg wollen, dass wir die Bezirkspolitik in Hamburg weiter mitgestalten. Diesen Auftrag nehmen wir an.“
Freude herrschte bei der SPD, die nun auf Bezirksebene wieder die stärkste politische Kraft ist. „Wie schon bei der Europawahl ist es uns in Hamburg gelungen, uns von dem negativen Bundestrend abzuheben“, erklärten SPD-Landeschefin Melanie Leonhard und der Co-Landesvorsitzende Nils Weiland. Zu verdanken sei dies der „Verankerung der SPD in allen Stadtteilen und Milieus“. Ihre Partei werde sich „weiter konstruktiv einbringen und in den Bezirken Verantwortung übernehmen“.
Dennis Thering: „Die CDU Hamburg ist wieder da“
Auch Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering freute sich über das Erstarken seiner Partei. Die CDU habe für ihr „beharrliches Engagement für ein sicheres Hamburg, eine funktionierende Mobilität und eine starke Wirtschaft“ viel Unterstützung bekommen. Die Verluste bei den Grünen wertete er als Indiz, dass die rot-grüne Koalition im Rathaus „geschwächt und die Bürgerschaftswahl 2025 völlig offen“ sei. „Das wird ein echter Dreikampf“, sagte Thering. „Die CDU Hamburg ist wieder da und wir stehen als zuverlässiger und stabiler Partner in den Bezirken bereit.“
Kämpferisch gaben sich auch die Hamburger Linken. „So schmerzhaft das Ergebnis der Europawahl war: Die Bezirkswahlen zeigen, dass Hamburgs Linke ungebrochen in allen Bezirken fest verankert ist“, sagte Thomas Iwan, Co-Landessprecher der Hamburger Linken mit Verweis auf Stimmenanteile für seine Partei von 9,1 Prozent in Eimsbüttel bis 14,8 Prozent im Bezirk Mitte.
Dirk Nockemann: „Großer Erfolg“ für die AfD in Hamburg
Zufrieden zeigte sich die Hamburger AfD. Dass die Partei auch bei den Bezirkswahlen deutlich zugelegt habe, sei ein „großer Erfolg“ für die AfD in der Hansestadt, sagte deren Landeschef Dirk Nockemann. „Es gelingt den Altparteien nicht, uns kleinzukriegen.“ Er bezeichnete die AfD als „konservative Stimme der Vernunft“ in Hamburg. Die AfD werde in allen Bezirken „ordentlich Druck machen und positive Akzente setzen“.
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Erleichtert zeigte sich die Hamburger FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen. „Es waren harte Wahlkampfwochen und der Wind blies uns oft ins Gesicht“, sagte sie. Dass die Liberalen nun ein „sehr solides Ergebnis“ erzielt hätten, gebe der Hamburger FDP Rückenwind für die Bürgerschaftswahl im kommenden Jahr. „Wenn die Bürger in der Stadt die Grünen zwar abstrafen, SPD und FDP aber stabil bleiben, zeigt das vor allem eines: Es gab keinen Denkzettel für die Ampel in Berlin, sondern für grüne Bevormundung im Senat und den Bezirken.“