Hamburg. Junge Leute erhalten Ian-Karan-Preis für Zivilcourage. Warum nicht nur ihre mutige Hilfe in der Not die Polizei Hamburg beeindruckt.
„Großartig“ nennt Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel das, was Jacqueline Bürger, Vincent Hauff, Philip Brezinski und Jacob Gunkel getan haben. Sie haben, da ist sich Schnabel sicher, einem Menschen das Leben gerettet. Dafür wurden die vier jetzt mit dem Ian-Karan-Preis geehrt, der jährlich an Menschen geht, die sich durch herausragende Zivilcourage ausgezeichnet haben.
Es war der frühe Morgen des 28. Februar im vergangenen Jahr, als die vier jungen Leute auf der Reeperbahn auf St. Pauli unterwegs waren. Das Quartett war aus München nach Hamburg gekommen, um hier ein Dart-Event durchzuführen.
St. Pauli: 40 Tritte gegen Kopf! Vier Bayern retten Obdachlosen auf Kiez
„Wir sind über die Reeperbahn an zwei Obdachlosen und einem Mann erst vorbeigegangen. Ich dachte, dass die einfach Streit haben“, erzählt Jacqueline Bürger. Doch es wurde immer lauter. „Ich dachte: Okay, das muss ich mir anschauen und bin zurückgelaufen. Dann habe ich gesehen, wie ein Mann immer wieder auf einen der am Boden liegenden Obdachlosen eintritt.“
Sie sei „einfach reingerannt“. „Ich habe da gar nicht weiter nachgedacht“, sagt Jacqueline Bürger. „Ich wollte das nur unterbinden und hab den Täter angeschrien, dass er aufhören soll.“
Ihre Kollegen waren hinzugeeilt. „Sie haben mich erst zurückgezogen, damit mir nichts passiert.“ Als der Mann weiter auf den am Boden liegenden Obdachlosen eintrat, schrie die Frau ihn wieder an. Der Angreifer wandte sich gegen Jacqueline Bürger. In der Situation packten ihre Begleiter zu. Sie griffen sich den Schläger und hielten ihn fest, bis die Polizei da war.
Obdachloser attackiert: Helfer nahmen das Opfer mit in ihr Hotel
Was die Hilfe besonders macht: Mit dem Eingreifen war für die vier Bayern die Sache nicht beendet. Sie kümmerten sich um den besonders schlimm betroffenen Obdachlosen, einen 31 Jahre alten gebürtigen Schweden. „Er hatte überall Platzwunden. Ein Auge war zugeschwollen“, sagt Jacqueline Bürger. Ins Krankenhaus wollte der Mann trotz der schweren Verletzungen nicht. Er weigerte sich.
„Wir haben dann erst einmal etwas Geld geholt, damit er sich was kaufen kann. Und wir haben ihn mit ins Hotel genommen und ihm ein Zimmer gebucht. Er sollte einfach einen Raum haben, in dem er sich wenigstens eine Nacht sicher fühlen kann“, sagt Jacqueline Bürger. „Wir haben dann noch eine ganze Weile mit ihm gesprochen, weil er nicht allein sein wollte.“
Reeperbahn: Schläger wurde zwei Wochen nach der Tat verhaftet
Die Polizei ermittelte gegen den Schläger, einen 23-Jährigen aus Leipzig, zunächst wegen gefährlicher Körperverletzung. Zwei Wochen nach dem Angriff auf den Obdachlosen, dem 40-mal gegen den Kopf getreten worden war, wurde die Tat wegen der massiven Gewalt als versuchtes Tötungsdelikt eingestuft.
Der 23-Jährige, der zunächst wieder auf freien Fuß gekommen war, wurde gleich danach in Leipzig verhaftet und sitzt in Untersuchungshaft.
Ian-Karan-Preis für Helfer aus Bayern – plus Übernachtung auf St. Pauli
„Sie haben eingegriffen und konnten dazu beitragen, dass dieser Angreifer von seinen Opfern abließ“, sagt Polizeipräsident Schnabel über die vier. „Und wenn wir jetzt so einen Vorwurf im Raum stehen haben, dass es womöglich hier um den Versuch eines Tötungsdelikts geht, ist es nicht untertrieben zu sagen, dass Sie diesem Menschen das Leben gerettet haben. Damit nicht genug. Sie haben selbstlos und zutiefst menschlich diesen Menschen mit in ihr Hotel genommen. Ich glaube, es gibt kaum ein Beispiel, was besser darlegt, was Zivilcourage bewirken kann. Das war ganz hervorragend.“
- Zivilcourage: Junger Hamburger hilft weinender Seniorin
- Diese mutigen Hamburger hatten Trickdiebe gestoppt
- Wie ein vierfacher Vater zum „Helden von Barmbek“ wurde
Werner Jantosch, ehemaliger Polizeipräsident und Vorsitzender des Polizeivereins, überreichte den Ian-Karan-Preis in der Davidwache. Der Preis ist mit 1000 Euro dotiert. Ein bisschen wurde in dem Fall noch draufgelegt. Das Empire Riverside Hotel spendierte für das Quartett, das für die Preisverleihung aus München angereist war, eine Übernachtung. Der Polizeiverein organisierte Karten für ein Musical und eine Hafenrundfahrt. Es war damit in diesem Jahr ein besonderer Preis. „Und das“, sagt Jantosch, „ist auch gut so.“