Hamburg. Im Anschluss an eine Vorlesung zum Thema Judenfeindlichkeit kommt es zu Gewalt. Das Opfer wird ins UKE gebracht. Wie die Uni reagiert.
Erneut ein schwerer antisemitischer Übergriff in Hamburg: Im Anschluss an eine Ringvorlesung an der UniversitätHamburg wurde ein Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, nach Informationen des Abendblatts am Mittwochabend von einer Frau mit mutmaßlich islamistischem Hintergrund zunächst gewürgt und dann mit einem Schlag gegen die Nase verletzt. Der körperlichen war eine verbale Auseinandersetzung zwischen den beiden Frauen vorausgegangen. Das Opfer wurde in die Uniklinik Eppendorf eingeliefert.
Der Tatort: Raum 221 im Ostflügel des Uni-Hauptgebäudes an der Edmund-Siemers-Allee (Rotherbaum). Im Rahmen der Ringvorlesung „Sinn und Unsinn von Antisemitismus-Definitionen“ hielt Prof. Alfred Bodenheimer von der Universität Basel eine Vorlesung zum Thema „Judenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antizionismus – aktualisierte Formen antijüdischer Gewalt“. Die später Geschädigte besuchte die Veranstaltung zusammen mit ihrem Mann, der die Vorlesungsreihe mitorganisiert. Die Ringvorlesungen sind Teil des allgemeinen Vorlesungswesens der Universität und öffentlich zugänglich.
Mutmaßliche Islamistin schlägt Frau krankenhausreif – so reagiert die Uni
Die Polizei bestätigte dem Abendblatt den Übergriff. „Es hat eine körperliche Auseinandersetzung zwischen zwei Frauen gegeben, in deren Folge die eine verletzt wurde und zu Boden gegangen ist“, sagte ein Beamter des Lagezentrums der Polizei. Die verletzte Frau sei in die Uniklinik eingeliefert worden. „Die mutmaßliche Täterin ist eine 26 Jahre alte Frau, die in Somalia geboren wurde und in Hamburg gemeldet ist“, sagte der Beamte. Ermittelt werde nach aktuellem Stand gegen die Frau wegen Körperverletzung. Die Frau durfte nach Feststellung der Personalien das Uni-Hauptgebäude verlassen.
„Der Angriff auf unser Vorstandsmitglied erschüttert uns zutiefst. Er ist ein alarmierendes Zeichen dafür, dass ein Dialog mit Radikalen jeglicher Couleur nichts bringt. Ob Antisemitismus von links, aus islamistischen Motiven oder von rechts – gefragt sind jetzt Judikative und Exekutive“, sagte Daniel Killy, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. „Nur mit Gegendemonstrationen lassen sich die Feinde unserer Demokratie nicht bekämpfen. Wohin falsch verstandene Toleranz führt, sehen wir jetzt. Neben einer entsprechenden juristischen Verfolgung der Täterin wäre es das Mindeste, das Israel-Hass-Camp auf der Moorweide unverzüglich zu räumen“, sagte Killy. Nach Informationen des Abendblatts hielt sich das Opfer am Himmelfahrtstag zu weiteren Untersuchungen in der Uni-Klinik auf.
Auch die Universität Hamburg äußerte sich nach der Tat. „Wir sind zutiefst erschüttert und verurteilen diese antisemitische Gewalt aufs Schärfste. Die Universität Hamburg bekämpft Antisemitismus und geht mit aller Entschiedenheit dagegen vor. Der Vorfall ist absolut inakzeptabel und abscheulich. Hochschulen müssen Orte sein, an denen jüdische Studierende, Mitarbeitende und Gäste ohne Wenn und Aber sicher sind“, sagte Universitätspräsident Professor Dr. Hauke Heekeren.
Der Antisemitismusbeauftragte des Senats spricht von einer „abscheulichen Tat“
„Die abscheuliche Tat macht deutlich, dass es nicht bei Hassreden bleibt, sondern Worten in letzter Konsequenz auch Taten folgen“, sagte Stefan Hensel, Antisemitismusbeauftragter des Senats. „Dieser Angriff reiht sich ein in eine Serie von Taten, die wir seit dem 7. Oktober in Hamburg erleben müssen. Ähnlich wie bei den jüngst erfolgten Angriffen auf Politikerinnen und Politiker werden hier neben Jüdinnen und Juden zunehmend auch Menschen Opfer von Übergriffen, die sich mit Israel solidarisieren und der Welle des Hasses entgegentreten“, sagte Hensel.
„Unsere Gesellschaft steht an einem Scheideweg und muss sich fragen, ob sie bereit ist, die Gewalt von Extremisten und solche Angriffe weiter zu tolerieren. Wenn von Demonstrationen oder Protestcamps Gewalt ausgeht, müssen diese sofort verboten und aufgelöst werden“, sagte der Antisemitismusbeauftragte.
Mehrere antisemitische Übergriffe und Vorfälle in Hamburg seit 2019
In den zurückliegenden Jahren hat es mehrfach antisemitische Übergriffe und Vorfälle in Hamburg gegeben. Im Anschluss an eine Solidaritäts-Demonstration für Israel Mitte Oktober 2023 in der Innenstadt kurz nach dem Terrorangriff der Hamas sollen ein Mann und eine Frau von drei Unbekannten von hinten angegriffen worden sein. Das Trio soll außerdem die mitgeführten Israel-Fahnen zu Boden gerissen und darauf getreten haben.
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Bereits 2019 waren Landesrabbiner Shlomo Bistritzky und ein weiteres Mitglied der Jüdischen Gemeinde auf dem Rathausmarkt bespuckt und angepöbelt worden. Für Protest sorgten die Gastprofessuren zweier indonesischer Künstler an der Hochschule für bildende Künste im Herbst 2022. Die beiden Künstler des ruangrupa-Kollektivs hatten auf der documenta fifteen als Kuratoren unter anderem Kunstwerke mit eindeutig antisemitischen Motiven ausgewählt.