Hamburg. Der Bundesverteidigungsminister hält beim Übersee-Tag im Rathaus eine denkwürdige Rede. Auch an Putin hat er eine klare Botschaft.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat beim Übersee-Tag im Rathaus sehr deutlich gesagt, dass es für Deutschland nicht nur darum gehen müsse, eine Niederlage der Ukraine im Krieg gegen Russland zu verhindern: „Unsere Aufgabe ist es, der Ukraine zum Sieg zu verhelfen“, sagte der SPD-Politiker im sehr gut gefüllten Festsaal. Und weiter: „Ein russischer Sieg über die Ukraine würde uns alle viel teurer zu stehen kommen als eine Unterstützung der tapferen Ukrainerinnen und Ukrainer. Deshalb lassen wir Putin nicht durchkommen.“
Deutschland habe bisher 10.000 ukrainische Soldaten ausgebildet und mehr als 30 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine ausgegeben, erklärte Pistorius in seiner gut einstündigen Rede, die in die Geschichte des Übersee-Tages eingehen dürfte: Denn so viel Klartext wurde dort selten gesprochen.
Boris Pistorius spricht in Hamburg Klartext zu Islamisten-Demo und Angriffen auf Politiker
Das begann damit, dass der Minister zunächst dem dringenden Bedürfnis nachkam, über Ereignisse zu reden, die mit seinem Fachgebiet auf den ersten Blick nichts zu tun haben. Zu der Islamisten-Demonstration in Hamburg, auf der die Einführung des Kalifats gefordert worden war, sagte Pistorius offensichtlich im Hinblick auf einige Teilnehmer: „Menschen, die sich erdreisten, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage zu stellen, haben im öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder nichts zu suchen.“
Und zu den Angriffen auf Politiker in den vergangenen Tagen: „Wenn sich Menschen deswegen nicht mehr trauen, bei Wahlen zu kandidieren, dann stirbt unsere Demokratie. Schlimmeres kann nicht passieren.“ Er habe bei den Berichten unwillkürlich an „prügelnde SA-Leute denken müssen“, so Pistorius – und war dann schnell bei der AfD: „Die ist in Teilen rechtsextremistisch und so müssen wir sie auch endlich behandeln.“ Und: „Die Weimarer Republik ist nicht untergegangen, weil ihre Gegner so stark, sondern weil ihre Verteidiger so schwach waren.“
Pistorius ärgert sich über Bundeswehr-Schelte: „Mir reicht es!“
In diesem Ton ging es weiter, als Pistorius auf die Bundeswehr und die Kriegstüchtigkeit Deutschlands zu sprechen kam: „Ich kenne kein Land, in dem so schlecht über die eigenen Streitkräfte geredet wird wie in Deutschland. Und ich sage ganz ehrlich: Mir reicht es!“ Die Truppe habe es nicht verdient, dass so über sie gesprochen werde, wie das der Fall sei, „sie ist auch viel besser als ihr Ruf“.
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Damit Deutschland in Zukunft seinen Pflichten in der Nato gerecht werden könnte, würde es aber nicht reichen, jährlich zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung beziehungsweise Kriegstüchtigkeit auszugeben: „Die Verteidigungsausgaben müssen weiter kontinuierlich steigen“, forderte Pistorius und verkündete außerdem, dass das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro bis zum Jahresende verplant sein werde.
Pistorius kündigt Vorschlag zu neuer Wehrdienstform an
Schon in den nächsten Wochen werde zudem er einen Vorschlag zu einer angepassten Form des Wehrdienstes vorlegen, so der Minister weiter: „Denn die brauchen wir dringend.“ Indirekt entschuldigte sich Pistorius für den Begriff Kriegstüchtigkeit, den er selbst Ende vergangenen Jahres in die Debatte eingebracht hatte: „Ich weiß, dass das Wort hässlich ist, und mir geht es nicht um Alarmismus, wenn ich es verwende. Mir geht es darum, uns auf den Ernstfall vorzubereiten. Und nur eine kriegstüchtige Bundeswehr kann verhindern, dass es am Ende überhaupt zu diesem Ernstfall und zum Äußersten kommt.“