Hamburg. Mögliche Gefahren durch Engpässe werden schnell erkannt. Programm soll zukünftig bei allen Großveranstaltungen zum Einsatz kommen.
Eine Computersimulation soll helfen, bei der Fußballeuropameisterschaft die richtige Planung für Evakuierungsmaßnahmen zur Hand zu haben. Das System heißt „Escape Pro“. Es dürfte in Zukunft bei allen größeren Veranstaltungen in Hamburg zum Einsatz kommen. Getestet wird es aktuell im Vorbereitungsstab für die Europameisterschaft in Hamburg.
Die Hauptkommissarin Christina Hiffmann und ihre Kollegin, die 1. Hauptkommissarin Franziska Stein, sind die Frauen, die mit der von einer Münchner Firma entwickelten Software arbeiten. Sie füttern die Computer mit umfangreichen Daten. Mit im Boot ist auch das Fraunhofer Institut, das Zähltechnik liefert. Heraus kommen Karten, die zeigen, wo sich bei einer Evakuierung auf welche Weise Menschenmengen ballen. „In der Stau-Berechnung wird auch erkannt, wie viele Leute wie lange in einem Bereich sind und ob dadurch eine Panikgefahr besteht“, so Hiffmann.
Fußball-EM in Hamburg: Polizei testet Evakuierungssoftware für Fanfest
Die Frage kann überlebenswichtig sein. Das weiß man aus den schmerzlichen Erfahrungen aus der Loveparade 2010 in Duisburg. 21 Menschen kamen damals zu Tode, als sich eine Menschenmenge durch einen Tunnel drängte. Die Opfer waren erdrückt, oft totgetrampelt worden. 652 Besucher der Veranstaltung wurden verletzt.
Durch die Simulation sollen jetzt Engstellen, in denen sich zu viele Menschen bei einer Evakuierung gefährlich stark drängen, von vornherein ausgeschlossen werden. Die gibt es heute mehr als früher – auch durch die vielen Sicherheitsauflagen, unter anderem im Zusammenhang mit möglichen Terrorattacken. „Heute sind mehr Veranstaltungsflächen als früher eingezäunt“, so Polizeidirektor Claus Reuter. Chef des Vorbereitungsstabes für die EM.
Software wird bei vielen Veranstaltungen zum Einsatz kommen
Die Polizei ist durch die Simulation in der Lage, Gefahrenstellen vorher besser zu erkennen. So kann die Genehmigungsbehörde für Veranstaltungen, meistens das Bezirksamt, entsprechende Auflagen erteilen. Die Polizei weiß schon vorher, wo es bei einer Evakuierung Sinn macht, regelnd einzugreifen.
Es geht aber auch um die Polizei selbst. „Es ist elementar, schon bei der Einsatzplanung zu wissen, wo die Polizei selbst im Weg stehen würde“, sagt Reuter. Zukünftig kann man durch die Simulation sehen, wo man am besten Polizeieinheiten aufstellt, damit sie nicht selbst zum gefährlichen Hindernis werden, oder welche Anfahrtsrouten gut geeignet sind.
Für eine möglichst präzise Simulation braucht die Polizei genaue Karten – auch von den Veranstaltern, in der jeder Stand, jedes abgestellte Fahrzeug, eigentlich jedes Detail auf dem Veranstaltungsgelände und den angrenzenden Flächen eingezeichnet ist. Das können die großen Veranstalter leisten. Wichtig sind auch genaue Karten der Umgebung. Denn bei einer Evakuierung endet der Einsatz nicht an der Grenze eines Veranstaltungsgeländes.
Schon zum Tag der Deutschen Einheit wurde die Simulation getestet
Getestet wurde das Programm bereits im Zusammenhang mit dem Tag der Deutschen Einheit, der in Hamburg vergangenen Oktober zentral gefeiert wurde. Aktuell werden Szenarien rund um das Fanfest währen der EM auf dem Heiligengeistfeld durchgespielt.
Für Hamburg ist das Programm besonders für den Bereich der beiden Fußballstadien interessant. Denn dort kann es zu „Doppelveranstaltungen“ kommen. Neben dem Millerntor-Stadion befindet sich der Dom. Neben dem Volksparkstadion liegt die Barclays Arena. Auch die Feuerwehr wird in Zukunft die Simulationen für ihre Einsatzplanung nutzen.
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Das Manko der Software: Sie bietet keine Simulation in Echtzeit. Die Datenmengen, die verarbeitet werden müssen, sind so groß, dass der Computer dafür mehrere Stunden braucht. So sind die Ergebnisse eher etwas für die Einsatzplanung.
Bezahlt wird das System, das nicht nur die Hamburger Polizei benutzt und in Baden-Württemberg ins Leben gerufen wurde, vom Bund. Das Personal stellt die Hamburger Polizei. In Zukunft wird es Sicherheitsbehörden in ganz Deutschland zur Verfügung stehen.