Hamburg. Die Rufe nach einem Kalifat sind inakzeptabel – das gilt gerade in Hamburg, wo die Anschläge von 2001 mitgeplant wurden.

Man weiß gar nicht, was verstörender ist: Ist es nicht entsetzlich, dass auf Hamburgs Straßen 1100 Islamisten für die Einrichtung eines Kalifats demonstrieren? Und ist es nicht unsäglich, dass große Teile der Öffentlichkeit dieses Treiben achselzuckend zur Kenntnis nehmen?

Man hat den Verfassungsschützern nicht ganz zu Unrecht mitunter vorgeworfen, dass sie wahlweise auf dem linken oder rechten Auge blind sind. Aber bei dem wachsenden Islamismus muss man zur Erkenntnis kommen, dass manche Parteien, Verbände und Medien bei der Herausforderung durch weltfremde Gottesstaatsanbeter komplett taub sind. Wer ein Kalifat für vereinbar mit der demokratischen Grundordnung hält, glaubt wahrscheinlich auch, ein Messer sei ein Messgerät.

Ein Kalifat ist unvereinbar mit der Demokratie

Nur zur Einordnung: Das letzte Kalifat ist vor zehn Jahren gegründet worden – als die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im Irak und in Syrien ein Schreckensregime errichtete, Christen verfolgte, Jesiden versklavte, Kinder vergewaltigte, Schwule steinigte, Frauen entrechtete und Israel vernichten wollte. 2015 veröffentlichte das Uno-Hochkommissariat für Menschenrechte einen Bericht, wonach die durch den IS verübte Gewalt das Ausmaß von Völkermord erreicht habe.

Vor diesem Hintergrund muss man fragen, warum viele hier und heute so lange schweigen. Während SPD, Union und FDP die Demonstration von Hamburg schnell als das bezeichneten, was sie ist – eine Schande, unerträglich –, hörte man von den Grünen und von der Linkspartei zunächst wenig. Nur zur Erinnerung: Das waren die Parteien, die bei den Demonstrationen von Gegnern der Corona-Politik besonders alarmiert reagierten. Aber ein Corona-Spinner ist ja auch viel gefährlicher als ein Kalifats-Jünger ...

Wo war eigentlich die Zivilgesellschaft am Sonnabend? Spazieren?

Hier geht es aber nicht um Parteipolitik: Wo war am Sonnabend die viel beschworene Zivilgesellschaft? Ging sie an der Alster spazieren? Füllte sie Antragsbögen für weitere Förderungen aus? Oder saß sie beim Bundespräsidenten auf dem Schoß? Wo waren all die Aktivisten gegen rechts, wenn es um Islamo-Faschismus geht?

Wo waren die Muslimverbände, die zu Recht Muslimfeindlichkeit anprangern, aber diese Menschenfeindlichkeit übersehen? Und wo waren manche Medien? Wenn Rechtspopulisten von Lügenpresse schwafeln, ist die Empörung groß – aber wenn Islamisten den Medien „billige Lügen“ und „feige Berichterstattung“ vorwerfen, ist das keine große Sache.

Solche Aufmärsche nützen nur Hasspredigern und Spaltern

Dieses Schweigen ist fatal, denn diese Demonstration der Desintegration nützt nur den Falschen. Sie sendet das Signal, dass der Staat schwach ist, und stärkt damit radikale Islamisten, die diese Kundgebung als Erfolg feiern. Ebenfalls zu den Gewinnern dürfen sich die Rechtsradikalen und Rechtspopulisten zählen – der böse Plan der Remigration erscheint manchen nach den Bildern von Hamburg am Ende als Lösung eines Problems.

Die Hassprediger und Spalter profitieren von diesem Umzug der Unvernunft. Verlierer hingegen sind die vielen Migranten und Muslime, die unter diesen Wirrköpfen leiden müssen.

Verlierer aber ist auch die Stadt Hamburg. Eine solche Demonstration zeigt keine weltoffene Stadt, sondern eine weltfremde.

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So wie Deutschland aus dem Faschismus gelernt haben sollte, wohin Rechtsradikalismus führen kann, müsste die Hansestadt ihre islamistische Lektion eigentlich verstanden haben. Mehrere Terroristen des 11. September hatten zuvor in Hamburg gelebt. So muss die Lehre lauten: kein Fußbreit den Faschisten. Und: kein Fußbreit den Islamisten.