Hamburg. Senat will mehr Lebensqualität und Klimaschutz durch Begrünung von Gebäuden. Welche finanziellen Anreize es für Grundeigentümer gibt.
Die Stadt wird grüner – und zwar von oben bis unten. Nicht nur Dächer, sondern auch Fassaden sollen zunehmend begrünt werden. Mit einer neuen Strategie soll das Projekt in Hamburg Fahrt aufnehmen. „Grüne Fassaden sind ein sehr wirksames Mittel, um die Lebensqualität in der dichter werdenden Stadt zu verbessern“, heißt es in der Drucksache des Senats, die dem Abendblatt vorab vorlag. Zu den geplanten Maßnahmen zählen Beratung und Aufklärung, aber auch finanzielle Förderungen. Am Dienstag hat Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) die Strategie „Grüne Fassaden“ vorgestellt.
„Wie bei der Dachbegrünung gibt es am Anfang viel Skepsis und viele Fragezeichen“, sagt Jens Kerstan. Aus der Drucksache geht hervor, dass Fassadenbegrünung viele Vorteile mit sich bringt, das aber noch nicht ausreichend durchgedrungen ist. „Die Kosten einfacher Fassadenbegrünungen sind relativ gering, der Pflegeaufwand, die Genehmigungsverfahren zur Begrünung und die Ermittlung von Zuständigkeiten sind noch nicht alltäglich und der Umgang damit gegebenenfalls nicht in allen Dienststellen in die Bearbeitungsroutine eingegangen“, so der Senat in der Drucksache. Das soll sich ändern.
Immobilien Hamburg: Förderung von bis zu 100.000 Euro für Fassaden-Begrünung
Das zielt vor allem auf Unternehmen, denn bei privaten Bauwerken habe die öffentliche Hand wenig Einfluss auf die Planung und Nutzung der Gebäude, heißt es vom Senat. Dach- und Fassadenflächen liegen zu einem überwiegenden Anteil in Privateigentum. Durch Veranstaltungen wie Informationstreffen, Workshops, Exkursionen oder Ausstellungen soll auch diese Zielgruppe erreicht und über Dach- und Fassadenbegrünung informiert werden. Außerdem sei vorgesehen, den Hamburger Preis für Grüne Bauten weiterzuführen. Projekte, die Gebäude- und Fassadenbegrünung erfolgreich umsetzen, sollen als gute Beispiele ausgezeichnet werden.
Darüber hinaus gibt es eine Förderung, von der bisher wenig Gebrauch gemacht werde, sagt eine Sprecherin der Umweltbehörde. Bis zu 60 Prozent Förderung können Antragsteller für Fassadenbegrünung erhalten – maximal 100.000 Euro. Ganz neu ist das allerdings nicht. Die Hamburger Gründachförderung läuft bis Ende 2026, bereits 2020 wurde die Fassadenbegrünung in die Förderung aufgenommen. Finanziert wird die Dach- und Fassadenbegrünung von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) von 2023 bis 2027 mit 3,5 Millionen Euro.
Ab 1000 Euro wird Fassadenbegrünung gefördert: Große Flächen für großen Effekt
„Das ist im Vergleich zu anderen Städten eine enorme Summe“, sagt Umweltsenator Jens Kerstan. Kosten von bis zu 1000 Euro müssen für Fassadenbegrünung jedoch selbst finanziert werden. Für einen großen Effekt sollen große Flächen gefördert werden. Die Umweltbehörde versuche die Beantragung der Förderung möglichst niedrigschwellig zu halten, ganz ohne Verfahren gehe es jedoch nicht. Nach der Einreichung aller Unterlagen sei mit einer Bearbeitungszeit von ungefähr drei Monaten zu rechnen, sagt Hanna Bornholdt von der Umweltbehörde.
Das wohl prominenteste Beispiel von Dach- und Fassadenbegrünung in Hamburg ist der Bunker in der Feldstraße. Mittlerweile ist der graue Weltkriegsbunker stark begrünt, noch in diesem Frühjahr sollen Gärten öffentlich zugänglich gemacht werden und Gastronomie- und Hotelbetrieb öffnen.
Fassadenbegrünung verringert Energieverbrauch
„Grüne Fassaden bereichern das visuelle Stadterlebnis und steigern die Wohn- und Lebensqualität“, heißt es von der Umweltbehörde. Nicht nur die Stadt Hamburg, sondern auch Grundeigentümer würden dadurch profitieren, zum Beispiel durch eine höhere Mieterzufriedenheit, einen „Imagegewinn“ und einen attraktiven Aufenthaltsraum für Personal und Kundschaft. Weiterhin könne durch Fassadenbegrünung der Energiebedarf reduziert und der sommer- und winterliche Wärme- und Kälteschutz verbessert werden. Untersuchungen würden außerdem zeigen, dass eine Vielzahl an Insekten, die auf der Roten Liste stehen, auf begrünten Dächern zu finden sind.
Aus der CDU kommt Kritik an der hohen Summe, die investiert wird. „Bevor 3,5 Millionen Euro für eine Fassadenbegrünungsstrategie ausgegeben werden, sollte besser endlich jeder gefällte Baum nachgepflanzt werden“, sagt Sandro Kappe, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Fassadenbegrünung habe zweifellos einen positiven Effekt, andere Umweltprobleme, für die finanzielle Mittel dringend benötigt werden, dürften aber nicht vernachlässigt werden. „Bäume haben einen höheren Wirkungsgrad als Fassaden. Hier setzt der Umweltsenator eindeutig die falschen Prioritäten.“
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Zu den weiteren Maßnahmen der Strategie gehören unter anderem Steckbriefe beispielhafter Fassadenbegrünungen und ein Leitfaden zur Förderung der Biodiversität. Die Informationen sollen digital zur Verfügung gestellt werden. Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie die Anpassung an die Folgen des Klimawandels seien zentrale Ziele der Klimapolitik des Senats. Fassadenbegrünung soll eine der Maßnahmen sein, um Hamburg langfristig vor den Auswirkungen der steigenden Temperaturen zu schützen.