Hamburg. Sie helfen an der Gretel-Bergmann-Schule, wenn die Technik streikt. Notfalls verlassen sie dafür auch mal den Unterricht.
Die Gretel-Bergmann-Schule in Bergedorf testet seit Beginn des Schuljahrs eine neue Idee. Schülerinnen und Schüler aus allen Jahrgängen sollen im Schulalltag bei technischen Problemen helfen. Ob das Internet am iPad nicht funktioniert oder eine Maus kaputt ist: Das Schüler-IT-Team (SIT) kann helfen. Über eine zentrale E-Mail-Adresse können alle Mitglieder der Schulgemeinschaft IT-Probleme an das SIT melden. Das Team bespricht anschließend selbstständig über einen internen Messenger, wer das Problem lösen kann. Wenn nötig, können sie dafür sogar den Unterricht verlassen. Der verpasste Stoff muss nachgearbeitet werden, erklärt der leitende Lehrer Stefan Pfeiffer.
Die Idee, ein Schüler-IT-Team ins Leben zu rufen, hatte Pfeiffer selbst. Schon während seines Studiums hat er sich für Technik und neue Medien begeistert. „Das sind so Sachen, die mich schon immer interessiert haben“, erinnert er sich zurück. Als ihm die Idee für einen IT-Support durch Schülerinnen und Schüler kam, setzte er sich für das Vorhaben ein. „Das ist eins meiner Herzensprojekte, weil ich dafür eine besondere Begeisterung habe.“
Schule in Hamburg: Schülerinnen und Schüler finden selbstständig Lösungen für Technikprobleme
Ersatzteile können sich die 14 Mitglieder des SIT während des Einsatzes selbstständig in den Schulbüros abholen. In zwei großen Kisten werden hier Mäuse, Tastaturen und gängige Kabel aufbewahrt. Über eine Inventarliste behält Pfeiffer den Überblick über das Material. Das SIT wechselt im Alltag meistens kaputte Kabel oder hilft bei Internetproblemen. Doch nicht alle Probleme werden vom SIT alleine gelöst. „Einzelne Sachen darf das Team gar nicht machen“, erklärt Pfeiffer. „Sie dürfen beispielsweise keine Computer aufmachen. Manche Sachen können sie auch nicht und dann kommen sie zur Lehrer-IT.“ Das schulinterne Lehrer-IT-Team kümmert sich dann um größere Probleme.
Die SIT-Einsätze dauern oft nicht lange, erklären die Jugendlichen des Teams. „Meistens dauert es so fünf bis zehn Minuten“, schätzt Marc Lühr. Der Neuntklässler findet Technik interessant und freut sich, anderen Schülerinnen und Schülern helfen zu können. Am Anfang des Projektes habe es mehr Einsätze für das SIT gegeben, berichtet die Gruppe. Manche Lehrerinnen und Lehrer hätten im Laufe der Zeit bei Reparaturen aufgepasst und können sich bei Problemen inzwischen selbst helfen.
„So unterschiedlich wie die Kinder sind, sind auch ihre Kompetenzen.“
Zu Beginn meldeten sich über 60 Kinder und Jugendliche, um beim SIT mitzumachen. Pfeiffer war es wichtig, jeden persönlich kennenzulernen. „So unterschiedlich wie die Kinder sind auch ihre Kompetenzen.“ Bevor die Schülerinnen und Schüler Teil vom SIT werden konnten, hat er sich mit anderen Lehrkräften besprochen. Diejenigen, die Probleme mit der Bewältigung des Schulstoffs haben, sollten sich lieber darauf konzentrieren. Dass die Freiwilligen schon viel über Technik wissen, war keine Voraussetzung für die Teilnahme. „Es war mir nur wichtig, dass sie eine Affinität mitbringen und zuverlässig und organisiert sind“, erklärt Pfeiffer. Jeweils zwei Kinder des fünften bis zehnten Jahrgangs und zwei Jugendliche der Oberstufe sind Teil seines Teams.
Neben Technikwissen haben die Schülerinnen und Schüler auch die Gelegenheit, etwas fürs Leben zu lernen. Bei der ersten von drei Schulungen für das Projekt sprach Lehrer Pfeiffer mit den Jugendlichen auch über Kommunikation. Ihm war es wichtig, dass das SIT weiß, wie sie gut mit dem Rest der Schulgemeinschaft kommunizieren. Manche Jugendliche hätten durch das Engagement im SIT auch ihre sozialen Kompetenzen verbessert und wären selbstständiger geworden, meint Pfeiffer.
Schule in Hamburg: Schüler als IT-Dienst – ein Konzept der Zukunft?
Im Gegensatz zu einem anderen Hamburger Projekt, bei dem Schülerinnen und Schüler zu sogenannten Medienscouts ausgebildet werden, liegt der Fokus bei dem SIT auf Technik, nicht Software. Als Medienscouts erklären sich Kinder und Jugendliche unter anderem gegenseitig Programme und Apps. Laut Informationen des Hamburger Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung sollen von den Medienscouts auch Kompetenzen in den Bereichen Datenschutz, Sicherheit im Internet und Cybermobbing vermittelt werden.
- Warum diese Grundschule zu den 20 besten in Deutschland gehört
- Forscher: Die sieben Erfolgsfaktoren der Hamburger Schulen
- Mottowochen: Wenn sich auch die Schulleiterin verkleidet
„Ich würde mir auf jeden Fall wünschen, dass es im nächsten Schuljahr immer noch stattfindet“, findet Pfeiffer. „Ich finde das Konzept so toll und sage: Das müssen wir einfach weiterführen.“ Eine Bilanz des Projekts will die Gretel-Bergmann-Schule am Ende des Schuljahres ziehen. Erst in ein paar Jahren könne man aber erkennen, was das Projekt langfristig gebracht hätte. „Mit den jetzigen Erfahrungen würde ich sagen: Es läuft ganz gut. Das Schüler-IT-Team macht das toll!“
Alles, was Sie über Schule und Bildung wisen müssen, finden Sie hier auf abendblatt.de.