Hamburg. Schlagabtausch in der Bürgerschaft über Baustellen und Staus. Oppositionsführer spricht von „Katastrophe“, der Bürgermeister reagiert.

„Hamburgs Verkehr steht still, weil Rot-Grün es so will“: Mit diesem provokanten Titel hatte die CDU-Fraktion die erste Debatte in der Aktuellen Stunde angemeldet. Damit war klar, dass es am Mittwoch hoch hergehen würde in der Bürgerschaft. Ein Versagen in der Verkehrspolitik hatte CDU-Fraktionschef Dennis Thering dem rot-grünen Senat schon oft in früheren Debatten vorgeworfen. Doch dieses Mal gab er sich besonders angriffslustig – und erntete damit nicht nur Widerspruch von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) und Abgeordneten der Regierungsfraktionen, sondern auch Kritik von der Linken-Fraktion, die Thering „Wahlkampfgetöse“ vorwarf.

Für alle Verkehrsteilnehmer sei das Fortkommen in Hamburg „eine einzige Katastrophe“ – das habe dem Senat vor Kurzem erst eine ADAC-Studie bescheinigt, sagte Thering. In der Hansestadt gebe es „Stau- und Baustellen so weit das Auge reicht“, rief er. Dabei seien Baustellen „eigentlich etwas Positives, weil sie Ausdruck davon sind, dass die Infrastruktur instand gehalten wird“. Allerdings koordiniere der Senat die Baustellen „dilettantisch“.

Verkehr Hamburg: Tschentscher verteidigt Verkehrssenator gegen CDU-Kritik

Autofahrer und Fußgänger berücksichtige der rot-grüne Senat nicht. Das Busbeschleunigungsprogramm sei „auf ganzer Linie gescheitert“, sagte Thering. „Die Busse werden immer langsamer.“ Mit wichtigen Infrastrukturprojekten komme Hamburg „nur im Schneckentempo“ voran. Das sei ein Wettbewerbsnachteil für die Wirtschaft der Stadt.

Verkehrssenator Anjes Tjarks entgegnete ihm, von der CDU angemeldete Verkehrsdebatten hätten schon seit 2011 „parolenhafte Züge“. Er kam auf die CDU-Kritik zu sprechen, das Busbeschleunigungsprogramm sei nicht erfolgreich. Im Jahr 2001, so Tjarks, seien die Busse der Hochbahn mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 19,9 Kilometern pro Stunde gefahren – 2011 seien es 19,2 km/h gewesen. In der Zeit der CDU-geführten Regierung in Hamburg seien die Busse der Hochbahn also langsamer geworden, hielt Tjarks dem CDU-Fraktionschef vor.

Tschentscher: Hamburgs CDU hat „Sanierungsstau“ im Verkehr zu verantworten

Im Gegensatz dazu seien im Jahr 2014 die Busse der Hochbahn mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 18,7 Kilometern pro Stunde gefahren – im Jahr 2023 sei die dieselbe Geschwindigkeit gemessen worden. „Sie sind also in den letzten zehn Jahren nicht langsamer geworden“, sagte der Verkehrssenator. „Der Punkt ist, dass Herr Thering hier die ganze Zeit durch die Gegend schreit – und das noch nicht einmal auf der Basis von Fakten.“ Was Staus in der Stadt angehe: Hamburg habe eine „gute Baustellenkoordination“, erklärte Tjarks, womit er von der Opposition Gelächter erntete.

Bürgermeister Peter Tschentscher hielt Thering vor, einer der wesentlichen Gründe für die „Abwahl“ der CDU 2011 in Hamburg sei gewesen, dass diese im Straßenverkehr „nichts mehr saniert“ habe. „Es waren tiefe Schlaglöcher, nicht nur in Nebenstraßen, sondern auf Hauptverkehrsstraßen in Hamburg“, rief Tschentscher. „Diesen Sanierungsstau haben wir mit Milliarden und viel Baustellenaktivität aufgelöst.“ Es gebe „keinen Grund für die CDU, hochnäsig in diese Debatten zu gehen“.

Linke: CDU hat in Hamburg nur den Autoverkehr im Blick

Richtig sei: „Zu oft steht der Autoverkehr im Stau, der Busverkehr steht damit gleich mit im Stau“, sagte Tschentscher. Deshalb brauche es einen Ausbau des Schnellbahnsystems mit U- und S-Bahnen, so der Bürgermeister. „Das ist die Lösung für die Mobilität, weil alle, die dieses System nutzen, Straßenraum freimachen.“ Dies wiederum komme Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern zugute. Allerdings gehörten zu dem Ausbau „leider auch Baustellen“. Dann stellte Tschentscher sich an die Seite seines Verkehrssenators: Er sei dankbar, dass Anjes Tjarks und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gemeinsam an Hamburgs Infrastruktur arbeiteten.

Die CDU habe nur den Autoverkehr im Blick, was von einer „gewissen Ignoranz“ zeuge, sagte die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann. Das Wort „Klima“ komme im Verkehrskonzept der Christdemokraten überhaupt nicht vor. Wer den Klimawandel bekämpfen wolle, müsse den Autoverkehr drastisch reduzieren. Dabei versage allerdings auch Rot-Grün, denn der geplante Ausbau des ÖPNV dauere zu lange. „Eine fertige U5 in der 2040er-Jahren und ein Busverkehr, der mangels Busspuren im Stau steht, kommen zu spät.“

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Unterstützung bekam die CDU von der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein. Sie sprach von einer „ideologisch grün gefärbten sogenannten Mobilitätswende in Hamburg“, der nur „Murks“ zu verdanken sei. Der Bürgermeister solle die Verkehrspolitik an sich ziehen, forderte sie. Für die AfD-Fraktion sagte Dirk Nockemann, der Senat mache keine Verkehrspolitik für die Wirtschaft. Schließungen im Einzelhandel seien direkt auf Fehlentscheidungen zurückzuführen, behauptete er, „weil Menschen die Geschäfte nicht mehr mit dem Auto und über nahe gelegene Parkplätze erreichen können“.

Stau in Hamburg sei oft auf Bauarbeiten und Sperrungen an maroden Autobahnen zurückzuführen, entgegnete Tschentscher, für die wiederum die jahrelang unionsgeführten Bundesverkehrsministerien verantwortlich seien. „Das ist eine Irreführung der Leute“, warf der Bürgermeister der CDU vor. Zuvor hatte auch Tjarks Versäumnisse in der Verkehrspolitik der Bundesregierung beklagt.