Hamburg. Tablet-Computer werden an allen staatlichen Hamburger Schulen eingesetzt. Nutzen Schüler sie für Beleidigungen, müssen sie sie abgeben.

Klaas Jaspar Moll, Antonia David und David Walter

Der dicke Wälzer als Schulbuch: von Schülern gefürchtet und längst überholt. Stattdessen werden iPads und andere Tablet-Computer mittlerweile an allen 375 staatlichen Schulen in Hamburg verwendet, heißt es von der Schulbehörde. Die Geräte können fast alles ersetzen, was vorher auf Papier stattfand und sind Büchern in ihren Anwendungsmöglichkeiten weit voraus. iPads alleine sorgen jedoch nicht für besseren Unterricht. Auf den richtigen Einsatz kommt es an.

Die Anna-Susanna-Stieg-Grundschule in Schnelsen nimmt seit Dezember 2023 als eine von zwölf Schulen an einem Hamburger Pilotprojekt zur vollständigen Digitalisierung teil. Tablets werden dort allerdings schon seit fünf Jahren eingesetzt, sagt Josephin Betche, Lehrerin und Abteilungsleiterin Digitalisierung. Seit der Umstellung auf das voll digitalisierte Pilotschulprojekt habe jedes Kind der dritten und vierten Klasse sein eigenes Gerät. Für die Jüngsten der ersten und zweiten Klasse werden iPads bereitgestellt. Die Geräte dürfen nach dem Unterricht mit nach Hause genommen werden. „Abhanden gekommen sind hier keine“, sagt Josephin Betche.

Schule Hamburg: Pilotprojekt stattet zwölf Schulen digital aus

Die Schule zieht eine positive Bilanz. Die Kinder seien in der Lage, Lernvideos und Präsentationen zu erstellen. Wenn ein Schüler oder eine Schülerin bei der Arbeit mit dem Tablet Beleidigungen verwendet, müsse das Gerät abgegeben werden. Sämtliche Kosten werden übernommen, die Eltern nicht belastet. Derzeit bemühe sich die Schule, eine Förderung für kabellose Eingabestifte für die Geräte zu erhalten.

An dem Hamburger Pilotprojekt nehmen sechs Grundschulen, vier Stadtteilschulen und zwei Gymnasien teil. „Ziel ist es, den Unterricht zu digitalisieren, digitale Lehr- und Lernmethoden zu erproben und Erkenntnisse für den weiteren Digitalisierungsprozess der Hamburger Schulen zu gewinnen“, sagte der ehemalige Schulsenator Ties Rabe im Dezember 2023 zum Start des Projekts. Das bedeutet: Smartboards statt Tafeln, iPads für alle und WLAN.

Nicht alle Lehrer auf dem gleichen digitalen Wissensstand

Auch die Stadtteil- und Grundschule Maretstraße in Harburg nimmt an dem Pilotprojekt teil. Die Geräte wurden „sehr schnell ins Schulleben integriert”, sagt Schulleiter Philipp Dohrendorf. Mit dem Eintritt in die siebte Klasse dürfen die Schülerinnen und Schüler ihre iPads mit nach Hause nehmen. Mittlerweile beschäftige die Schule sogar eine eigene IT-Fachkraft. Innerhalb der Lehrerschaft gibt es jedoch unterschiedliche Wissensstände bezüglich der Digitalisierung, sagt Philipp Dohrendorf. Um alle Lehrer digital auszubilden, bietet die Schule Fortbildungen an. Die Finanzierung der iPads, Tastaturen und Stifte setzt sich aus einem staatlichen Förderprogramm und den Mitteln der Schule zusammen.

Außerhalb des Pilotprojekts stellen Hamburger Schulen rund einem Drittel der Schülerschaft Tablets bereit. Das Gymnasium Christianeum in Hamburg-Othmarschen war zunächst mit Tablets von Microsoft ausgestattet und hat mit den Mitteln des Digitalpaktes der Bundesregierung nun auch vier Klassensätze von iPads angeschafft. Auch die Lehrkräfte seien je nach Präferenz mit iPads oder Microsoft Surface Tablets ausgestattet, sagt der stellvertretenden Schulleiter Julius Jung. Außerdem erprobe eine achte Klasse einen „intensiveren Einsatz” der Geräte. „iPads sind nur sinnvoll, wenn wirklich ein Mehrwert durch ihre Nutzung geschaffen wird”, sagt Julius Jung.

Schule Hamburg: Elternkammer sieht in Apps wie TikTok großes Ablenkungspotenzial

Die Hamburger Elternkammer unterstützt einen „medienpädagogischen Einsatz“ von iPads, sagt Vorstandsmitglied Nicole Zeidler. Sie nehme allerdings wahr, dass es eine große Spanne bei der Medienkompetenz der Lehrkräfte gibt. Von der Verwendung von Smartboards als „Tafel ohne Kreide“ bis hin zu Medienkompetenzprojekten sei alles dabei. Auch das Elternhaus müsse einen Beitrag leisten. Nicole Zeidler empfiehlt dafür den Hamburger Medienpass. Eltern und Kinder können darüber an Kursen teilnehmen, die Orientierung in der digitalen Welt bieten.

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Weniger sinnvoll sei es, dass Kinder einfach am iPad sitzen und lesen. Schülerinnen und Schüler sollten das Recherchieren und die Anwendung künstlicher Intelligenz lernen. Außerdem sei das Ablenkungspotenzial von iPads durch Apps wie TikTok groß, sagt Nicole Zeidler. Schulleiter Philipp Dohrendorf sieht die Verantwortung von Schulen darin, Kinder „medienmündig“ zu machen. „Wir müssen weg von der Einstellung: Das iPad ist nur zum Konsumieren. Es geht auch produktiv. Die Schule muss hier Vorreiter sein.“ Diese Kompetenzen seien wichtig für die Zukunft der Kinder.

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