Hamburg. Prostitutionsprozess gegen Rocker muss neu starten – einem Beisitzer wurde das „Führen der Dienstgeschäfte“ untersagt. Die Gründe.

Acht Verhandlungstage dauerte der Prozess gegen den Hells Angel bereits: Es ging um die Förderung der Prostitution und um Körperverletzung, um Zuhälterei und Freiheitsberaubung. Um eine junge Frau, die aussteigen und dem Milieu den Rücken kehren wollte, dann aber mutmaßlich von dem Angeklagten eingesperrt und misshandelt wurde. Ein Happy End gab es trotzdem: Der Polizei gelang es, die 20-Jährige Ende Mai 2023 aus einem Haus an der Stresemannallee in Lokstedt zu befreien.

Doch jetzt wird die Verhandlung ausgesetzt, weil einem Proberichter der mit zwei Schöffen und zwei Berufsrichtern besetzten Strafgerichtskammer am Landgericht Hamburg das „Führen der Dienstgeschäfte“ untersagt worden ist. Grund für die harte Maßnahme soll sein, dass der beisitzende Richter seinen Corona-Impfpass gefälscht haben soll. Das berichtet die „Bild“-Zeitung, die den Fall zuerst öffentlich machte.

Richter am Landgericht Hamburg suspendiert, Strafanzeige erstattet, Disziplinarverfahren eingeleitet

Auf Abendblatt-Anfrage schreibt die Justizbehörde, dass sich alle Richter und Richterinnen selbstverständlich an Recht und Gesetz halten müssen, dass sie sich „nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb ihres Amtes so verhalten (müssen), dass das Vertrauen in ihre Integrität und Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. Sofern hieran Zweifel aufkommen, ist Handeln geboten.“ Im konkreten Fall sei das so gewesen.

Von der Behörde heißt es weiter: „Die direkten Vorgesetzten sowie die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz haben im Fall eines Proberichters (des Sozialgerichts) konkrete Anhaltspunkte dafür, die Zweifel in dem vorgenannten Sinne begründen. Aufgrund der Erkenntnisse hat das zuständige Gericht Strafanzeige erstattet; die Generalstaatsanwaltschaft hat das Verfahren übernommen und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bis zur Aufklärung des Sachverhalts gilt die Unschuldsvermutung.“

Reagiert hat die Justizbehörde bereits: Sie hat ein „Verbot der Führung der Dienstgeschäfte“ angeordnet und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Mit der Folge, dass das Strafverfahren gegen den 39 Jahre alten Hells-Angels-Rocker ausgesetzt werden musste. Nun muss in neuer Besetzung neu verhandelt werden. Starten soll der Prozess am 12. April, so Gerichtssprecher Kai Wantzen auf Abendblatt-Anfrage.