Hamburg. Angeklagter trennte Hunde zu früh von Mutter – sie wurden krank und mussten stark leiden. Richterin redet ihm ins Gewissen. Das Urteil.

Große Augen und flauschiges Fell: Beim Anblick von Hundewelpen wird das Herz schnell weich. Zu gern nehmen Familien die niedlichen Tiere dann in ihre Obhut. Hat man sich in den Welpen erst mal verliebt, wird die Seriosität des Verkäufers manchmal nicht genau genug überprüft. Dabei sind vor allem Krankheiten bei den Tieren auf den ersten Blick teils schwierig zu erkennen. Ist das neue vierbeinige Familienmitglied erst einmal aufgenommen, ist die Trauer entsprechend groß, wenn das Tier kurz nach dem Kauf an einer unentdeckten Krankheit stirbt.

Kurz nach dem Kauf eines neuen pelzigen Gefährten über Ebay-Kleinanzeigen mussten mehrere Käufer und Käuferinnen desselben Händlers genau dieses erleben. Grund für den plötzlichen Tod der Tiere war das Virus Parvovirose, das zu einer langsamen Auflösung der Darmschleimhaut führt. Bakterien gelangen in den Körper der Hunde. Koliken, Krämpfe und möglicherweise ein schmerzhafter Tod sind die Folge. Auslöser der Erkrankung ist die zu frühe Trennung von der Mutter, denn die Muttermilch ist zentral im Aufbau des Immunsystems. Die Trennung der Welpen von der Mutter vor Ende der achten Woche ist deshalb verboten.

Prozess Hamburg: Angeklagter saß bereits häufiger im Gefängnis

In diesem Fall war der Verkäufer der Tiere bereits im Mai 2021 zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Wegen anderer Vergehen, unter anderem Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und Fahrens ohne Fahrerlaubnis, hatte er zuvor bereits mehrfach im Gefängnis gesessen. Gegen das Urteil wegen Betrugs, versuchten Betrugs und Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz legte die Verteidigung Berufung ein. Am Freitag nun wurde der Prozess vor dem Landgericht Hamburg neu verhandelt. Und der Angeklagte kam glimpflicher davon: Er erhielt zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung unter Auflagen.

So muss der Angeklagte unter anderem jeweils 1000 Euro an die betrogenen Familien und an den Hamburger Tierschutzverein zahlen. Die Vorsitzende Richterin begründete dies vor allem mit dem vorbildlichen Verhalten des Angeklagten in der Haft und seinem umfassenden Geständnis. „Wir müssen uns die Frage stellen, was eine weitere Haftstrafe bewirkt.“ Derzeit arbeitet der 36-Jährige als Freigänger – also Inhaftierter, der nur zur Übernachtung ins Gefängnis muss – als Elektriker.

Angeklagter „bestreitet nicht, dass er bestraft werden muss“

Der Angeklagte habe aus der Haft heraus alles Mögliche unternommen, um sein zukünftiges Leben straffrei zu führen, obwohl das Damoklesschwert von drei weiteren Jahren Haft über ihm geschwebt habe, so die Richterin. Die Verzögerung des Verfahrens aufgrund personeller und struktureller Probleme seitens der Justiz sei eine große Belastung für ihn gewesen. Zudem habe der Angeklagte einen festen Arbeitsplatz sowie Pläne, seinen Meister zu machen, und er verwende viel Zeit darauf, sich um seine krebskranke Mutter zu kümmern. Mit einer Verlängerung der Haft sei „weder den Hundewelpen noch der Gesellschaft“ geholfen.

Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen den Anträgen der Verteidigung. Diese hatte angesichts der offensichtlichen Bemühungen des Angeklagten um eine Bewährungsstrafe gebeten. Der 36-Jährige bot zudem an, 1000 Euro an die ehemaligen Besitzer und Besitzerinnen für die entstandenen Tierarztrechnungen zu zahlen und noch einmal 1000 Euro an den Hamburger Tierschutzverein zu spenden. Dieser hatte sich um die Welpen gekümmert, nachdem der Angeklagte aufgeflogen war. Die Verteidigung betonte, dass es sich nicht um die Bitte nach einem Freispruch handele. Dem Angeklagten sei sein Fehlverhalten bewusst. „Er bestreitet nicht, dass er bestraft werden muss“, so die Verteidigerin.

Prozess Hamburg: Hunde haben „stark gelitten“, so die Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten plädiert. Bei Freiheitsstrafen über zwei Jahren ist eine Bewährung ausgeschlossen. Die Staatsanwältin betonte, der Angeklagte habe „in vollem Bewusstsein“ die Hunde „elendig“ leiden lassen. Der Angeklagte habe auch privat einen Hund besessen – im Gegensatz zu den Welpen, die zum Verkauf bestimmt waren, sei dieser geimpft gewesen. Das Motiv des Geldgewinns habe dazu geführt, dass die Welpen „stark gelitten“ hätten. Auch die Familien, in dessen Pflege die Hunde gestorben waren, seien einer schrecklichen Erfahrung ausgesetzt worden.

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Auch die Vorsitzende Richterin betonte nach Verkündung des Urteils, man dürfe nicht außer Acht lassen, dass Hunde „elendig verreckt“ seien, weil der Angeklagte auf ein profitables Geschäft aus gewesen sei. Die Hunde seien für etwa 50 Euro erworben und für bis zu 1000 Euro weiterverkauft worden. Auch wenn der Angeklagte aufgrund von Schulden aus einer Drucksituation gehandelt habe, sei dies keine Entschuldigung für sein Verhalten. Er betonte, er bereue sein Verhalten zutiefst und wünsche sich, das Geschehene rückgängig machen zu können. Abschließend sagte die Vorsitzende Richterin mit Blick auf die Bewährungsstrafe: „Nun liegt es an Ihnen. Nutzen Sie die Chance.“