Hamburg. Thorsten Hukriede arbeitet seit 18 Jahren bei der Hochbahn. Warum der Schichtdienst so hart ist und die Belastung zunimmt.

Der 53-jährige Thorsten Hukriede ist Busfahrer aus Leidenschaft. Besonders „die netten Gespräche mit Fahrgästen“ schätzt er. Seit 18 Jahren arbeitet er bei der Hochbahn am Betriebshof Hamburg-Harburg. „Ich habe seitdem nichts anderes gewollt und den Stadtteil auch nicht verlassen“, erzählt der gebürtige Flensburger.

Trotz seiner Leidenschaft für den Beruf betont Hukriede auch die Schattenseiten des Busfahrens. „Wir als öffentlicher Nahverkehr müssen 24 Stunden am Tag für die Bevölkerung da sein“, erzählt er. Der Schichtdienst sei nicht zu vergleichen mit dem eines Krankenhauses, in dem die Schichten feste Start- und Endzeiten haben. „Wir arbeiten nach Fahrplan – das bedeutet, an einem Tag beginnt die Arbeit um 3.40 Uhr, am nächsten um 5.20 Uhr.“

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Die wechselnden Arbeitszeiten seien körperlich stark belastend. Teilweise werden die Schichtdienste erst 48 Stunden vor Arbeitsbeginn bekannt gegeben. Ab und zu klingele das Telefon auch an freien Tagen: „Meiner Erfahrung nach knicken die meisten ein und kommen trotzdem zu Arbeit“, sagt Hukriede.

Viel Zeit für die Familie bliebe nicht. Hukriedes Sohn fragte als kleines Kind regelmäßig mit Tränen in den Augen am Sonntagsfrühstück, ob Papa wieder zur Arbeit müsse. Aufgrund der kurzfristigen Ankündigungen der Schichtdienste sei es manchmal schwierig, wichtige Termine wie Elternabende wahrzunehmen. „Solche Geschichten höre ich von allen Seiten“, meint Hukriede.

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Im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen sitze Hukriede „an vorderster Front.“ Er sei ehrenamtlich in der Tarif- und in der Verhandlungskommission aktiv, die auch in den aktuellen Tarifverhandlungen mit der Hochbahn für eine Verkürzung des Schichtdienstes von neuneinhalb auf neun Stunden kämpft. „Übrigens gab es bis in die 90er eine Begrenzung des Schichtdienstes auf achteinhalb Stunden“. Im Zuge der Liberalisierung galt das Narrativ, die Hochbahn müsse im internationalen Vergleich mithalten könne. Dabei sei es zu gewaltigen Einschnitten bei Arbeitsbedingungen gekommen. „Was wir jetzt versuchen, ist das zurückzuholen, was wir schon einmal hatten“, erklärt Thorsten Hukriede.

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Im Laufe der letzten Jahre habe sich „das Leben da draußen gewaltig verändert“, berichtet der Busfahrer aus seinem Alltag. Immer mehr Verkehr und Fahrradfahrer erschweren die Arbeit. Auch blieben gelegentliche Unfälle nicht aus. „Einmal musste ich mit Tempo 40 eine Vollbremsung machen. Hinten im Bus saß eine Kindergartengruppe“, erinnert sich Hukriede. Durch die im Bus stürzenden Menschen seien die Trennscheiben im Bus kaputt gegangen. Alles, was darauffolgte, geschah „auf Autopilot“: Polizei rufen, Krankenwagen alarmieren, Straße sperren, um Verletzte kümmern. „Als Busfahrer ist man der letzte, der gefragt wird: ‚Wie geht’s dir eigentlich‘?“. Solche Erlebnisse seien für die Fahrer und Fahrerinnen enorme Belastungen – und sie nehmen zu.

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Mehr Fahrgäste und mehr Baustellen führten dazu, dass es zunehmend schwieriger werde, die Fahrtzeiten einzuhalten. Was viele Leute nicht mitdenken würden: „Hamburgs Bevölkerung wird älter. Und ältere Fahrgäste brauchen Unterstützung. Das dauert eben seine Zeit.“ Der demografische Wandel ist auch im Arbeitsalltag spürbar. Das habe auch die Arbeitgeberseite begriffen. „Die Boomer gehen jetzt in Rente. Wir brauchen dringend junge Leute.“ Auch deswegen müsse der Job attraktiver werden. Notorischen Meckerern über unpünktliche Busse entgegnet der Fahrer: „Wir haben genug Arbeitsplätze. Kommt zu uns und macht es selbst.“