Hamburg. Ein Viertel der Pflegefälle in Hamburg beginnt mit einem Krankenhausaufenthalt. 22.300 Aufenthalte von Pflegebedürftigen wären vermeidbar.
Die Zahlen sind erschreckend! Ein Viertel der Pflegefälle in Hamburg beginnt mit einem Krankenhausaufenthalt. Und: 22.300 Aufenthalte von Pflegebedürftigen wären vermeidbar gewesen.
Das sind Erkenntnisse des Barmer Pflegereports, der Zusammenhänge zwischen Pflegebedürftigkeit und Krankenhausaufenthalten untersucht hat. Dafür wurden die Daten von etwa 179.000 Versicherten in Hamburg ausgewertet, das sind etwa zehn Prozent der hamburgischen Bevölkerung.
„Die Zahl der Aufenthalte könnte reduziert werden, wenn die Versorgung im Pflegeheim gepasst hätte, etwa durch verbindliche, koordinierte und strukturierte Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten mit Pflegeeinrichtungen“, sagt Dr. Susanne Klein, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Hamburg.
Krankenhaus Hamburg: Ein Viertel der Pflegefälle in der Stadt beginnt mit einem Krankenhausaufenthalt
Die Dauer eines Krankenhausaufenthaltes hängt laut Pflegereport entscheidend davon ab, ob der Patient zum Zeitpunkt der Einlieferung ins Krankenhaus bereits pflegebedürftig ist oder nicht. Die durchschnittliche Krankenhausaufenthaltsdauer liegt in Hamburg bei neun Tagen. Bei nicht pflegebedürftigen Patienten sind es acht Tage. Bei Patienten, die bereits vor dem Krankenhausaufenthalt pflegebedürftig waren, verlängert sich die Dauer auf elf Tage. Am längsten bleiben Patienten im Krankenhaus, die nach dem Krankenhausaufenthalt pflegebedürftig sind: Sie bleiben sogar 15 Tage im Krankenhaus.
Das Fazit des Pflegereports: Um unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden, müssten die Patienten besser versorgt und dafür ihr individueller pflegerischer und medizinischer Bedarf stärker berücksichtigt werden. „Insbesondere chronisch Kranke und Pflegebedürftige werden oft weder ambulant noch stationär bestmöglich versorgt. Um das zu ändern, brauchen wir dringend neue, effizientere Versorgungsstrukturen. Das können zum Beispiel sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sein“, sagte Dr. Susanne Klein.
Sektorenübergreifende Einrichtungen könnten verschiedene Gesundheitsberufe, Arztpraxen und Pflegedienste vereinen. Je besser dies gelinge, desto eher ließen sich stationäre Aufenthalte vermeiden, wenn die Patienten stattdessen unter besseren medizinischen Bedingungen in der Hausarztpraxis oder im Pflegeheim behandelt würden.
Aufenthalt im Krankenhaus wegen Diabetes und Herzinsuffizienz oft vermeidbar
Gründe für vermeidbare Klinikaufenthalte waren zum Beispiel eine Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus Typ 2 mit etwa 280 beziehungsweise 60 Behandlungsfällen monatlich. „Bei einer gezielteren Versorgung im Vorfeld müssten Pflegebedürftige mit entsprechenden Erkrankungen meist gar nicht erst in ein Krankenhaus. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen stimmen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, so Klein.
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Von den jährlich insgesamt gut 18.500 neuen Pflegefällen in der Stadt haben damit deutlich mehr als ein Viertel ihren Ausgangspunkt im Krankenhaus. Diese Personen seien im Vergleich zu nicht pflegebedürftigen Patienten bis zu sieben Tage länger in der Klinik, was auch an der Schwere der Grunderkrankung liege, heißt es.
18.500 neue Pflegefälle in Hamburg haben ihren Ausgangspunkt im Krankenhaus
Ein weiterer Grund für eine verzögerte Entlassung aus der Klinik sei die Organisation der Pflege zu Hause. „Deshalb ist die Kurzzeitpflege so wichtig. Sie hilft insbesondere dabei, die Zeit bis zum Wechsel in ein Arrangement mit einem höheren Anteil formeller Pflege zu überbrücken. Um eine bessere Versorgung der Betroffenen zum Beispiel für eine zeitnahe Unterstützung mit Hilfsmitteln zu erleichtern, sollten beispielsweise die Kliniken die Kranken- und Pflegekassen möglichst frühzeitig informieren, sobald klar ist, wann ein Patient entlassen wird“, sagt Klein. Möglich wäre dies im Rahmen des digitalen Datenaustauschs.
Die Barmer-Landesgeschäftsführerin fordert von der Politik, die Angehörigen von Pflegebedürftigen noch stärker zu unterstützen. „Die Stadt Hamburg sollte den Ausbau der Angebote für Kurzzeitpflege vorantreiben, um Angehörige bei Bedarf zu entlasten. Sie sind die wichtigste Stütze der Langzeitpflege. Zudem fühlen sich die Betroffenen im häuslichen Umfeld am wohlsten. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, pflegende Angehörige weiter zu unterstützen, zu qualifizieren und anzuleiten“, so Klein.