Hamburg. Die Rocksiens meldeten sich freiwillig und organisieren mit ASB eine gewaltige Hilfsaktion – und die geht weiter. Es fehlt an allem.

Simon Görlich

„Wir konnten nicht still herumsitzen“, erzählt Olaf Rocksien über die Zeit kurz nach dem schweren Erdbeben in der Türkei. Der 63-jährige Hamburger und seine Frau wussten sofort, dass sie den Menschen vor Ort helfen wollten.

Kurzerhand meldeten sich die beiden bei der Katastrophenhilfe des Ortsverbands Hamburg-Mitte des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) mit ihrem Angebot. Zusammen mit dem Hamburger ASB-Projektleiter Rais Kabanov planten die beiden, wie sie den Menschen in der türkischen Provinz Hatay konkret helfen können.

Hamburger Ehepaar organisiert Hilfsaktion und hilft Erdbeben-Opfern in der Türkei

Es war im Februar 2023, als ein ein Erdbeben der Stärke 7,7 auf der Richterskala die Türkei und Syrien erschütterte. Besonders stark betroffen war die türkische Provinz Hatay: Rund 80 Prozent der Stadtfläche der Provinzhauptstadt Antakya gelten als zerstört. Bis heute sind dort fast täglich Nachbeben unterschiedlicher Stärke zu verzeichnen, die Land und Leute nicht zur Ruhe kommen lassen.

Die offizielle Zahl der Erdbeben-Opfer in der Türkei von insgesamt 60.000 Toten dürfte weit überschritten sein. Das Erdbeben ist das mit der höchsten Opferzahl seit dem Erdbeben in Haiti 2010. Die Hilfe aus Hamburg dauert an.

Hamburgerin erfuhr aus erster Hand vom Leid der Betroffenen

Melis und Olaf Rocksien sind die Antreiber des Projekts. Das Hamburger Ehepaar kam kurz nach dem Erdbeben auf den ASB Ortsverband Hamburg-Mitte zu und wollte Hilfslieferungen und Spenden in die Provinz Hatay organisieren. Im Zweifel sogar aus eigener Tasche. Der Grund: Melis Rocksien stammt gebürtig aus der Provinz und bekam aus erster Hand direkt von den zahlreichen Schicksalen, die das Erdbeben verursacht hatte, mit. „Wir können in guten Zeiten nicht dorthin fahren und Urlaub machen und wenn so eine Katastrophe passiert, die Hände und Füße stillhalten“, erläutert Olaf Rocksien die Motivation des Ehepaars.

Hamburger helfen in der Türkei: der ehrenamtliche Projektmanager Olaf Rocksien (l.) mit Rais Kabanov, Projektleiter der Auslandshilfe des ASB Ortsverband Hamburg-Mitte.
Hamburger helfen in der Türkei: der ehrenamtliche Projektmanager Olaf Rocksien (l.) mit Rais Kabanov, Projektleiter der Auslandshilfe des ASB Ortsverband Hamburg-Mitte. © simon Görlich | simon Görlich

Beim Ortsverband Hamburg-Mitte traf das Ehepaar auf den Leiter der Auslandshilfe: Rais Kabanov. Dieser war direkt von der Hilfsbereitschaft der beiden Hamburger überzeugt. Kurzerhand flogen die drei zusammen in die Türkei und schauten sich die Verwüstung, die das Erdbeben verursacht hatte, mit eigenen Augen an. Das Trio machte sich ein Bild von der Lage und erkundete, woran es den Menschen vor Ort am nötigten fehlte.

Wohnunterkünfte, Feuerwehrausrüstung, Kleidung – es fehlt an allem

Die Zerstörung des Erdbebens machte vor nichts halt, die Not vor Ort war groß. Nach ihrem Besuch in Hatay entschied sich die Hamburger Delegation des ASB, ihren Fokus auf das Beschaffen von Wohnunterkünften in Form von Wohncontainer zu legen. Mit der Zeit hat sich die Hilfe des ASB ausgeweitet, die anfangs finanzierten Wohncontainer stellten die Helfer noch nicht zufrieden. Unter der Federführung der Rocksiens begann der Ortsverband, Sachspenden wie Bekleidung, IT-Ausrüstung für Schulen, Feuerwehrausrüstung, Seniorenbedarf, Kinderspielzeug und viele weitere notwendige Dinge für die Menschen vor Ort zu sammeln.

Die gesammelten Sachspenden verlädt der Ortsverband Hamburg-Mitte daraufhin in Lkw und schickt diese über den Land- oder Seeweg in die Türkei. Bisher acht Sattelzüge konnten nach Hatay verfrachtet werden, zwei weitere sind aktuell in Vorbereitung. Außerdem wurden 25 Wohncontainer durch die Organisation des Ortsverbandes in der Provinz Hatay aufgestellt und bedürftigen Familien zu Verfügung gestellt. Ein Container, welcher sogar mit einer Klimaanlage ausgestattet ist, kostet rund 4000 Euro. Finanziert werden die Container aus Spenden, die der ASB Bundesverband unter Beteiligung von der „Aktion Deutschland hilft“ bereitstellt. Darüber hinaus ermöglichte der ASB Bundesverband die Reparatur mehrerer erdbebengeschädigter Stadtbusse in Antakya, die vor allem dem Transport von Behinderten und Senioren dienen.

Wohncontainer für Familien die es am nötigsten haben

25 Wohncontainer sind bereits aufgestellt, 55 weitere sollen laut Rocksien in naher Zukunft noch folgen. Die Entscheidung, wem der ASB Ortsverband Hamburg-Mitte die begrenzte Anzahl an Containern zur Verfügung stellt, wird gründlich abgewogen. Für die Auswahl der Familien, die einen Wohncontainer erhalten, ist Melis Rocksien verantwortlich. Dafür fliegt Melis nach Hatay und macht sich ein aktuelles Bild, welche Familien ihn am nötigsten haben. Die Container stellt der ASB immer auf den Grundstücken der zerstörten Häuser auf, denn das Ziel der Helfer ist es, „dass die Familien in ihrem sozialen Umfeld verbleiben“, erklärt Olaf Rocksien.

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Die Stadt Antakya ist nicht wiederzuerkennen. Noch immer prägen das Stadtbild quadratkilometergroße Brachflächen. Die Zerstörung ist so groß, dass sich „teilweise Ortskundige nicht mehr orientieren können, denn die Anhaltspunkte fehlen“, erklärt Rocksien, ehrenamtlicher Projektleiter der Erdbebenhilfe. Die Trümmerbeseitigung wird wohl noch Jahre dauern, besonders entscheidend dabei: der Ausgang der Kommunalwahlen Ende März. Dabei wird die nationale Erdbebenhilfe als politisches Druckmittel benutzt.

Hamburg hilft – wenn‘s nötig ist – „ewig“

Der Wiederaufbau ist noch in vollem Gange, und ein Ende scheint nicht in Sicht, doch immer mehr Hilfsorganisationen ziehen sich rund ein Jahr nach dem Beben zurück. Die Unterstützung vor Ort hat sich laut dem 63-jährigen Rocksien „sehr ausgedünnt“. Der ASB Ortsverband Hamburg-Mitte e.V. plant dagegen, noch lange nicht die Hilfe in der Provinz Hatay einzustellen: „Wir sind bereit, für immer und ewig dort weiterzuhelfen“, erklärt Rais Kabanov, Leiter der Geschäftsstelle des Ortsverbands Hamburg-Mitte.

Wer die Erdebenhilfe des ASB in der Türkei unterstützen will, helfe am besten durch Geldspenden, so Kabanov. Mithilfe dieser Spenden könne der Ortsverband gezielt Hilfsgüter für die Betroffenen vor Ort einkaufen, die LKW-Lieferungen und die Wohncontainer finanzieren. Mit dem Verwendungszweck „Auslandshilfe Türkei OV-Mitte“ können Unterstützer beliebige Geldbeträge auf das Konto des ASB Hamburg spenden: Spendenkonto des ASB Hamburg bei der Hamburger Sparkasse IBAN DE35 2005 0550 1002 2457 91 BIC HASDEHHXXX.

Eine Spende ist auch online über das Portal des ASB Hamburg unter folgendem Link möglich: https://spenden.asb-hamburg.de/.