Hamburg. Umweltverbände finden: Wer ein großes Auto fährt, soll künftig auch mehr zahlen. Wie teuer das Parken eines SUVs werden könnte.
- In Paris soll das Parken für SUV-Fahrer bald teuer werden – bis zu 225 Euro am Tag für einen halben Tag
- Kann so ein Modell auch bald in Hamburg zu finden sein?
- Wie die Fraktionen der Bürgerschaft und Umweltschützer dazu stehen
225 Euro – so viel sollen SUV-Fahrer von außerhalb künftig zahlen, wenn sie den Wagen für einen halben Tag in Paris abstellen. Das jedenfalls folgt aus einem Bürgerentscheid, bei dem am Sonntag bei geringer Wahlbeteiligung 55 Prozent der Bewohner der französischen Hauptstadt der Initiative der sozialistischen Bürgermeisterin Rückendeckung gaben. Ist das Pariser Parkgebühren-Modell auf Hamburg übertragbar?
Während sich die hier mitregierenden Grünen zurückhalten, sehen sich die Umweltverbände in ihrem Anti-Auto-Kurs bestärkt und erhöhen den Druck. „Paris hat eben die gesamte Bevölkerung im Blick und berücksichtigt, dass ein großer Teil der Menschen überhaupt kein Fahrzeug hat“, spielt Nabu-Chef Malte Siegert auf den Wahl-Slogan der Hamburger SPD an. „Wir leben in Deutschland in einer autogerechten Gesellschaft mit starker Auto-Lobby. Politiker trauen sich da nicht ran“, sagt der NABU-Chef.
Die Umwelthilfe DUH nennt den Pariser Entscheid einen „Weckruf“ und mahnt höhere Parkgebühren auch für deutsche Städte an. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sprach von „Stadtpanzern, PickUps und andere übergroßen Fahrzeuge“, deren Fahrer zur Kasse gebeten werden sollten. Die Deutsche Umwelthilfe fordert darüber hinaus, innerstädtische Parkverbote für alle Fahrzeuge über fünf Meter: Wer sich ein Auto kaufe, das jeden Parkplatz sprenge, sollte an den Stadtrand verbannt werden.
Parken in Hamburg: 18 Euro Parkgebühr pro Stunde für SUV? Paris macht es vor
In Paris zahlen die Besitzer von Verbrenner- und Hybrid-Modellen ab 1,6 Tonnen und von E-Autos ab zwei Tonnen Gewicht künftig 18 Euro Parkgebühr pro Stunde statt sechs Euro wie alle anderen. Anwohner sollen von der Regelung ausgenommen werden, ebenso Handwerker und Pflegedienste. Der Tarif für Paris-Besucher steigt mit zunehmender Parkdauer zudem deutlich an.
Nabu-Chef Siegert gefällt die Idee gestaffelter Parkgebühren. „Wer ein großes Fahrzeug fährt, hat im Regelfall mehr Geld. Man muss sich das Fahren in der Stadt leisten können wollen“, sagt er und verweist auf weitere Unterschiede zwischen Hamburg und Paris. So habe die französische Hauptstadt „aus sozialer Fairness und mit Blick auf gesundheitliche Gründe“ Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerhalb des Autobahnrings eingeführt. „Hamburg hat noch nicht einmal eine Umweltzone, was wirklich peinlich ist.“ Für Siegert mangele es in Hamburg nicht an Konzepten, wie Verkehr reduziert werden könnte, sondern am politischen Mut.
NABU fordert Gebühr für Anwohnerparken in Hamburg verzehnfachen
Der Nabu-Vorsitzende plädiert auch für Ausweitung des Anwohnerparkens auf ganz Hamburg bei einer „Anhebung der Gebühren um das Zehnfache“. Dann würden die Hamburger, die nur noch aus Gewohnheit ein Auto hätten, das sie selten nutzten, eher ganz darauf verzichten, glaubt er.
Sind jetzt die Pariser, die „Avantgarde einer Bewegung“, wie es die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo mutmaßt? Und werden „viele Städte nachziehen“, wie sie es glaubt? Die Hamburger Stadtregierung winkt erst einmal ab. Der Senat habe im Dezember erst eine neue Gebührenordnung erlassen. „Eine Änderung der Parkgebühren, auch speziell nach Größe oder Gewicht unterteilt, ist darin nicht enthalten und auch kein Thema“, sagte ein Sprecher des grünen Verkehrssenators Anjes Tjarks.
Er verweist auf die Maßnahmen des Senats für eine autoarme Innenstadt: So seien am Jungfernstieg, an der Steinstraße oder dem Ballindamm der Verkehr reduziert und die Aufenthaltsqualität erhöht worden. Im Vergleich mit dem Stadtrand, den Autobahnen oder den großen Stadtstraßen sei der Autoverkehr in der Hamburger Innenstadt in den vergangenen 20 Jahren am stärksten zurückgegangen.
Hamburger SPD-Verkehrsexperte kann Pariser Initiative „gut nachvollziehen“
Auch wenn sich Schnellschüsse verböten, SPD-Verkehrsexperte Ole Thorben Buschhüter sieht durchaus Vorteile in den Pariser Regelungen: „Wenn Autos mit Übergröße zwei Parkplätze auf einmal belegen, dann ist es nicht gerecht, nur einen davon zu bezahlen. Insofern kann ich die Pariser Initiative gut nachvollziehen.“ Hamburg werde die Entwicklung in Paris mit Interesse verfolgen und analysieren, sagt Buschhüter. Aber die SPD stehe für eine pragmatische Verkehrspolitik – „Experimente auf wackeliger Rechtsgrundlage gehören nicht dazu.“
Um Rechtssicherheit für örtlich abgestimmte Entscheidungen zum Verkehr zu bekommen, fordert der Deutsche Städtetag eine Novelle des Straßenverkehrsgesetzes. „In welchen Straßen wie schnell gefahren werden darf, was das Parken kostet und wie der Verkehr gelenkt wird, sollte vor Ort geklärt werden können“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy.
Rosa Domm, Sprecherin für Mobilitätswende der Grünen Fraktion, nennt die Pariser Entscheidung einen „guten Ansatz, die Parkgebühren nach Fahrzeuggröße zu staffeln.“ Ein ähnliches Modell sei vergangenes Jahr in Freiburg aber wegen zu grober Abstufungen der Gebühren am Bundesrecht gescheitert. „Eine Staffelung nach Fahrzeuggröße kann der Bund im Einvernehmen mit den Ländern durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung ermöglichen. Dieses muss gut vorbereitet und rechtssicher ausgestaltet sein“, fordert Domm.
Die Hamburger BUND-Vorsitzende Sabine Sommer wirbt um einen Paradigmenwechsel der Landesregierung. Parken müsse deutlich teurer werden. Und das nicht nur in der Innenstadt, sondern auch weiter außerhalb. „Die Kosten für das Bewohnerparken in Hamburg sind mit 65 Euro im Jahr sehr niedrig. In Freiburg kostet das Bewohnerparken 200 Euro, in Stockholm sogar 1200 Euro“, fordert Sommer eine deutliche Gebührenerhöhung. „Um die Steuerungswirkung zu ermöglichen, wird in der Verkehrswissenschaft häufig eine Gebühr von 360 Euro empfohlen“, sagt sie. Das Geld sollte dann in den Ausbau des ÖPNV gesteckt werden.
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Die BUND-Chefin fordert zudem mehr Bäume und Stadtgrün in einer „hochverdichteten Innenstadt“. Ihre Vorbilder: „Amsterdam baut jährlich eine definierte Anzahl von Parkplätzen im öffentlichen Raum zurück und konnte damit den Verkehr reduzieren. Zürich oder Stockholm haben die Preise für das Parken deutlich verteuert, London hat die City-Maut eingeführt.“