Hamburg. 38-Jähriger muss sich wegen schweren Raubes vorm Landgericht verantworten. Er beichtete Tat seiner Mutter und ging selbst zur Polizei.
Es war kurz vor Geschäftsschluss, als das Unheil begann. Plötzlich stand ein Mann an der Discounter-Kasse, forderte Geld – und fuchtelte mit einem Messer herum. Für die Mitarbeiterin, die der Räuber bedroht hat, war dies eine zunächst schockierende Situation. Und doch versucht die 56-Jährige, gelassen zu bleiben und nach vorn zu blicken. „Ich tue einfach so, als wenn nichts passiert wäre“, sagt die Hamburgerin. Schon am nächsten Tag war sie wieder am Arbeitsplatz.
Der Mann, der sich da vor ihr aufgebaut und sie bedroht hat, beteuert heute, er hätte der Kassiererin „niemals was angetan“. Im Prozess vor dem Landgericht, in dem sich Ali P. (Name geändert) wegen schweren Raubes verantworten muss, räumt der Angeklagte unumwunden ein, dass er derjenige war, der das Verbrechen am 14. Juli vergangenen Jahres in einem Discounter im Stadtteil Mümmelmannsberg in Hamburg begangen hat. „Ich bereue die Tat zutiefst“, sagt der 38-Jährige. „Ich war nicht ich selbst. Ich kann das nicht anders erklären, als dass ich neben der Spur war.“
Prozess in Hamburg: Täter erbeutete laut Anklage 2600 Euro
Laut Anklage spielte sich die Tat so ab: Ali P. bedrohte an jenem Abend eine Kassiererin in dem Discounter mit einem Messer und forderte sie auf, die Kasse zu öffnen. Als die Frau dies ablehnte, kletterte der 38-Jährige über Einkaufswagen und eine Spuckschutzwand im Kassenbereich und versuchte, mit dem Messer die Kasse aufzuhebeln. Als dies nicht gelang, bedrohte P. demnach die Kassiererin erneut mit dem Messer, woraufhin diese die Kasse öffnete und der Angeklagte das Geld an sich nahm. Der Ermittlungen zufolge erbeutete er 2600 Euro.
Er habe das Geld zu Hause gezählt, sagt der Angeklagte jetzt im Prozess. „Ich dachte eigentlich, es wären 2300 Euro. Aber die werden das wohl besser wissen“, überlegt der Hamburger. Überhaupt gibt sich der Mann mit dem Undercut und der auffälligen Brille überaus freundlich, verständig – und zerknirscht darüber, was er getan hat. Etwa acht Wochen nach der Tat habe er seiner Mutter gebeichtet, dass er der Räuber gewesen sei. „Ich konnte mit meiner Schuld nicht mehr leben.“ Seine Schwester habe ihn dann zur Polizei gefahren, wo er sich gestellt habe.
Angeklagter erzählt, er sei kokainsüchtig und habe Geld gebraucht
„Ich war ziemlich neben der Spur“, erklärt der Hamburger die Tatsache, dass er zum Verbrecher wurde. Er sei seinerzeit „sehr stark kokainabhängig“ gewesen, seine Sucht habe sein Leben bestimmt. „Ich bin aufgewacht mit der Sucht und eingeschlafen mit der Sucht.“ Da er nicht genug Geld zur Verfügung hatte, um die Drogen zu kaufen, „wusste ich mir nicht anders zu helfen, als den Überfall zu begehen“.
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Neben der Drogenabhängigkeit hätten ihn auch Depressionen belastet, erzählt der Angeklagte weiter. „Es war so, als wenn die ganze Welt auf mir lastet. Ich hatte so Durchhänger und konnte mit meinem Tag nicht viel anfangen. Ich hatte nur die Sucht im Kopf.“ Weil an jenem Tag weder seine Mutter, bei der er seinerzeit wohnte, noch seine Schwester zu Hause gewesen seien, habe er die Gelegenheit ergriffen, sich unbemerkt ein Küchenmesser aus der Schublade zu nehmen und auf den Weg zum Discounter zu machen.
Die weitere Planung ging offenbar nach ganz praktischen Erwägungen: Die konkrete Filiale suchte Ali P. nach seinen Worten aus, weil sie nicht weit von seiner damaligen Wohnung war. „Und die Fluchtmöglichkeit erschien mir gut.“ Über eine Maskierung hat sich der 38-Jährige allerdings offenbar weniger Gedanken gemacht. Er habe lediglich eine Mütze bis zu den Augenbrauen heruntergezogen und seine Brille abgesetzt.
Das erbeutete Geld gab der Angeklagte innerhalb weniger Tage aus
Das erbeutete Geld gab Ali P. nach eigenen Wort binnen weniger Tage aus. Er habe davon Kokain besorgt, außerdem Cannabis, was er damals ebenfalls konsumierte. „Mein Tagesbedarf hat sich nach der Tat extrem erhöht, weil ich das Geld hatte.“
In dem Prozess geht es neben der Frage, was am Ende das angemessene Strafmaß für Ali P. ist, auch um eine mögliche Unterbringung wegen seiner Suchterkrankung. Das Verfahren wird durch einen psychiatrischen Sachverständigen begleitet. Der Prozess ist auf zunächst zehn Verhandlungstage bis Mitte März angesetzt.