Hamburg. Warum der Ort verlegt werden musste, wie viele Teilnehmer erwartet werden, wer bei der Veranstaltung spricht und was die Polizei sagt.

Für Freitagnachmittag ruft ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften, Kulturschaffenden, Wirtschaftsverbänden und Vereinen in Hamburg zu einer Demonstration am Jungfernstieg gegen „Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke auf“. Ihr Motto: „Hamburg steht auf“.

Konkret wollen sie gegen die AfD protestieren, die nach den jüngsten Enthüllungen „endgültig von einer rechtspopulistischen zu einer rechtsextremen Partei“ geworden sei.

Wo findet die Demo gegen rechts in Hamburg statt, und wie komme ich dahin?

Die Demonstration soll am Freitag um 15.30 Uhr auf dem Hamburger Jungfernstieg beginnen. Die U3 hält am Rathaus. Die U1, U2 und U4 halten am Jungfernstieg, die S1 an der Stadthausbrücke. Zahlreiche Busse fahren den Rathausmarkt an, darunter 5, X3, 120, 19, X20; am Speersort halten die Busse der Linien 6,16 und 17 sowie X35.

Warum musste die Demo verlegt werden?

Die AfD habe für Freitagnachmittag eine Fraktionssitzung im Rathaus anberaumt, teilten die Organisatoren des Protestes mit. Dadurch komme das Bannmeilengesetz zur Anwendung. „Hierdurch kommt das Bannmeilengesetz zum Einsatz“, heißt es. Die Bannmeile ist eine Schutzzone um die Sitzungsorte der Parlamente, die deren Arbeitsfähigkeit und Unabhängigkeit schützen soll.

Die Veranstalter der Kundgebung „Hamburg steht auf“ werfen der AfD vor, das Bannmeilengesetz zu nutzen, um Protest gegen Rechtsextremismus auf dem Rathausmarkt zu verhindern. Die AfD nutze demokratische Instrumente aus, um Grundrechte auszuhebeln.

Mit wie vielen Teilnehmern wird gerechnet?

Mitorganisator Kazim Abaci, Geschäftsführer der „Unternehmer ohne Grenzen“ und SPD-Bürgerschaftsabgeordneter, geht davon aus, dass „die Kundgebung groß wird“. Der Versammlungsbehörde habe man zunächst 4000 Teilnehmern angegeben. „Aber wir gehen davon aus, dass es mehr werden“, sagt er.

In Köln waren bei einem vergleichbaren Protest 1000 Demonstranten angemeldet worden; es kamen aber an die 30.000. Von der Polizei hieß es am Donnerstag, man rechne von bis zu 10.000 Teilnehmern.

Wer steht hinter dem Aufruf?

Ein extrem großes Bündnis, zu dem Parteien und Politiker, Ehrenbürger, viele Kulturschaffende und Gewerkschaften sowie Hamburger Sportgrößen zahlen. Gestartet hat den Aufruf der Deutsche Gewerkschaftsbund zusammen mit dem Verein Unternehmer ohne Grenzen.

Zu den Unterzeichnern gehören Ehrenbürger John Neumeier, Klimaforscher Prof. Mojib Latif, Bischöfin Kirsten Fehrs und Erzbischof Stefan Heße, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Philipp Stricharz, Polarforscher Arved Fuchs und der Meteorologe Frank Böttcher sowie der Kabarettist Kerim Pamuk. Insbesondere viele Kulturschaffende rufen zur Kundgebung auf, darunter die Intendanten Joachim Lux (Thalia Theater), Karin Beier (Schauspielhaus), Christoph Lieben-Seutter (Elbphilharmonie), Isabella Vértes-Schütter (Ernst Deutsch Theater) und Amelie Deuflhard (Kampnagel).

Ebenso der HSV-Vorstand, FC-St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich sowie der Footballexperte Patrick Esume. Auch der Musiker und Hamburger Ehrenbürger Udo Lindenberg unterstützt die Kundgebung gegen Rechtsextremismus. Das tue er, „weil ich die konsequent demokratische Grundhaltung jeden Tag lebe, so auch jetzt“, sagte Lindenberg. SPD, CDU, Grüne, FDP und Die Linke rufen zur Teilnahme auf.

Angeschlossen haben sich inzwischen auch das American-Football-Team Hamburg Sea Devils, Chefdirigent Sylvain Cambreling und Intendant Prof. Daniel Kühnel von den Symphonikern Hamburg, die Schüler:innenkammer Hamburg, Sönke Fock, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Hamburg, Cord Wöhlke, Geschäftsführer von Budnikowsky, Musiker Rolf Zuckowski, Moderator Reinhold Beckmann und Journalist Ulrich Wickert.

Auch der Chef der Otto Group, Alexander Birken, wird vor Ort Flagge zeigen: „Wir sorgen uns seit Langem, dass der öffentliche Diskurs um die bedeutenden Herausforderungen von Europa und Deutschland zunehmend polarisierend und mit immer weniger Respekt geführt wird – Parteien mit extremen und sogar verfassungsfeindlichen Positionen bekommen Zulauf.“ Es ist davon auszugehen, dass viele Mitarbeitende der Otto Group Holding sich nach getaner Arbeit am Freitag der Protestveranstaltung anschließen. Alexander Birken: „Auch die Unternehmen sollten sich öffentlich klarer positionieren – für den Erhalt von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Vielfalt und gegen Extremismus, Terror und Antisemitismus.“

Was ist der Grund für den Protest?

Konkreter Anlass für die Kundgebung gegen „Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke“ sind die Berichte über ein Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und CDU in einer Potsdamer Villa im vergangenen Jahr. In vielen Städten kam es daraufhin zu Protest.

Das Hamburger Bündnis beruft sich auf die Landesverfassung, wonach sich die Hansestadt „gegen Rassismus und Antisemitismus sowie jede andere Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ einsetzt. „Hamburg ist eine internationale und vielfältige Stadt. Unsere Wirtschaft, unsere Kulturszene und unsere Wissenschaft sind weltweit vernetzt. In unserer Stadt leben und arbeiten Menschen verschiedener Herkunft friedlich zusammen. Wir wollen, dass das so bleibt“, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf.

Insbesondere die AfD habe in den vergangenen Jahren eine deutliche Radikalisierung vollzogen. Sie schmiede mit anderen Neonazis und rechtsradikalen Kräften einen sogenannten „Masterplan“, Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu vertreiben.

Wer wird bei der Kundgebung sprechen?

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ist als Redner bei der Kundgebung am Freitag ab 15.30 Uhr am Jungfernstieg angekündigt – ebenso wie Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit. Thalia-Theater-Intendant Joachim Lux wird sprechen, ebenso Hamburgs DGB-Vorsitzende und Mitiniatorin Tanja Chawla, Patrick Esume und Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer UVNord.

Mit den Indierockern von Kettcar, dem Sänger Stefan Gwildis und der Techno-Marching-Band Meute erhält die für Freitag in Hamburg geplante Großdemonstration gegen rechts auch musikalische Unterstützung. Wie der Verein Unternehmer ohne Grenzen mitteilte, werden die Musiker am Freitagnachmittag ebenfalls auf der Bühne am Jungfernstieg auftreten.

Ist mit Ausschreitungen zu rechnen?

Nein. Organisator Kazim Abaci befürchtet keine Störaktionen. Auch die Polizei bereitet sich nach eigenem Bekunden auf einen eher ruhigen Einsatz am Freitag vor. Unter den Teilnehmern dürften auch militante Extremisten aus der linksautonomen Szene sein, die aber vermutlich nur einen kleinen Teil der Teilnehmer ausmachen werden.

„Es gibt aber keinen Gegner bei dem im Großen und Ganzen bürgerlich geprägten Aufzug, mit dem man sich auseinandersetzen könnte“, so ein Beamter. Deshalb gehe man von einem durchweg friedlichen Verlauf aus.