Hamburg. Nach 13 Jahren: Sozialdemokrat legt sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder. Seine Nachfolgerin steht schon fest.

Paukenschlag im Hamburger Rathaus: Hamburgs SchulsenatorTies Rabetritt mit sofortiger Wirkung zurück. Am heutigen Montagabend hat der 63 Jahre alte Sozialdemokrat den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten seinen überraschenden Schritt offiziell bekannt gegeben. Nach Informationen des Abendblatts sind es ausschließlich gesundheitliche Gründe, die Rabe veranlassen, sich nach knapp 13 Jahren im Amt aus der ersten Reihe der Politik zurückzuziehen. Er betonte am Abend, er sei nicht etwa lebensgefährlich erkrankt. Aber er habe Malaisen, „die Männer in Führungspositionen haben“.

Auch sein seit dem Amtsantritt ruhendes Bürgerschaftsmandat wird der Bergedorfer nicht wieder annehmen. Eine Nachfolgerin steht nach Abendblatt-Informationen bereits fest: Ksenija Bekeris, stellvertretende SPD-Fraktionschefin, soll auf den Chefstuhl in der 16. Etage der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) an der Hamburger Straße wechseln.

Bis zuletzt war Rabes freiwillige Demission ein gut gehütetes Geheimnis. Und auch jetzt wird der Stabwechsel mit hanseatischer Zurückhaltung vorbereitet. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat heute Morgen die Tagesordnung der SPD-Fraktionssitzung um 17 Uhr im Raum 151 des Rathauses um einen Punkt ergänzt, der lediglich den eher unbestimmten, aber alarmierenden Titel „Umbildung des Senats“ trägt.

Schulsenator Ties Rabe war zuletzt gesundheitlich angeschlagen

Neben vielen anderen hat Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) den Rücktritt von Rabe bedauert. „Es ist sein Verdienst, das Schulsystem in Hamburg vorangebracht und für viele zum Vorbild gemacht zu haben“, erklärte sie am Montag in Berlin. „Ich danke ihm für die gute Zusammenarbeit und wünsche alles erdenklich Gute!“ Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) sprach von einem „exzellenten Ruf“ Rabes bundesweit. „Seine Zuverlässigkeit und Durchsetzungsstärke hat er über mehr als ein Jahrzehnt immer wieder unter Beweis gestellt.“

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Rabe hatte zuvor nach rund 13 Jahren im Amt überraschend und mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt aus gesundheitliche Gründen erklärt. Er war Deutschlands dienstältester Kultusminister – im Stadtstaat Hamburg Schulsenator genannt. Seine Nachfolgerin auf dem Chefposten der Schulbehörde soll die bisherige stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Ksenija Bekeris, werden.

Die Spitzen der SPD in Senat und Partei sollen von Rabes Rücktrittsplan wenig erfreut gewesen sein. Nach Abendblatt-Informationen lehnte Rabe den Vorschlag ab, vorerst im Amt zu bleiben und sich nur auf Wesentliches zu konzentrieren. Die wichtige Behörde mit dem größten Personalkörper der Stadt mit nur eingeschränktem Einsatz zu leiten oder gar eine längere Auszeit zu nehmen passt nicht zum politischen Selbstverständnis des Pflichtmenschen Rabe. Er war in den zurückliegenden Monaten gesundheitlich angeschlagen gewesen. Die körperliche Belastung durch das Spitzenamt hatte zuletzt zugenommen und Spuren hinterlassen. Nun folgt er dem dringenden Rat seiner Ärzte, erheblich kürzerzutreten.

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Tschentscher verliert mit Ties Rabe sein erfahrenstes Senatsmitglied: Wie der Bürgermeister selbst ist der Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte und Religion vom Tag des Regierungswechsels im März 2011 an Mitglied der Landesregierung. Zuvor hatte Olaf Scholz die SPD mit dem Gewinn der absoluten Mehrheit bei der Bürgerschaftswahl aus der Opposition zurück an die Schalthebel der Macht im Rathaus geführt. Tschentscher sagte, gemessen am Hamburger Fortschritt im Bildungsmonitor, sei Rabe der erfolgreichste Bildungsminister Deutschlands.

Ties Rabe ist der dienstälteste Kultusminister der 16 Bundesländer

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering äußerte sich im Abendblatt lobend über Rabe: „Auf diesem Wege wünsche ich Ties Rabe vor allem viel Gesundheit und eine gute Genesung. Sein Rücktritt ist für Bürgermeister Tschentscher ein schwerer Schlag, da er mit ihm seinen erfahrensten Senator und dienstältesten Kultusminister verliert.“ Thering verwies auf einen wichtigen Aspekt der Arbeit Rabes, die alle Strömungen in der Schulpolitik zusammenhielt: „Mit Bildungssenator Rabe konnte man einen für unsere Stadt verlässlichen Schulfrieden schließen und auch bei Differenzen im Detail muss man seine Leistung für Hamburgs Schullandschaft anerkennen.“

Die Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare verwies auf Rabes Leistung im Lockdown während der Corona-Pandemie. „Auch in der Zeit der Pandemie hat Senator Rabe den Gesprächsfaden aufrechterhalten und sich nachdrücklich für die Belange von Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt auch gegen politische Widerstände eingesetzt.“ Rabe habe sich auch insbesondere da für die Gymnasien eingesetzt, wo es um den baulichen Zustand gegangen sei. Das beflügele die pädagogische Arbeit an den Schulen.

Die Vorsitzende des Schulausschusses, die Grüne Sina Koriath, machte klar, dass es auch mal gehakt hat innerhalb der rot-grünen Rathaus-Koalition: „Wir sind in diese Legislatur gestartet mit der riesigen Herausforderung einer Pandemie, die das gesamte Schulleben veränderte, obwohl wir uns als Parlament selbst erst gerade konstituiert hatten. Das war kein einfacher Start für die Zusammenarbeit aber wir bekamen es hin – auch, weil Ties Rabe stets den engen Austausch suchte. Man sei nicht immer einer Meinung gewesen, habe aber „sehr vertrauensvoll“ zusammenarbeiten können. „Ich wünsche ihm für seinen weiteren Weg alles Gute und freue mich auf die kommende Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Ksenija Bekeris“, sagte Koriath.

Rücktritt von Ties Rabe: Es gibt auch Kritisches

Aus dem katholischen Erzbistum kamen aufbauende Worte: „Wir bedauern den Rücktritt des bisherigen Hamburger Schulsenators Ties Rabe außerordentlich“, erklärte Christopher Haep, der Leiter der Abteilung Schule und Hochschule des Bischofssitzes. „Unser Dank gilt seiner Unterstützung in den vergangenen Jahren, seinen vielfältigen Impulsen für das Hamburger Schulwesen – und damit der überaus positiven Entwicklung, die das Schulwesen in diesen Jahren genommen hat.“

Die Linken in der Bürgerschaft haben dem langjährigen Schulsenator Rabe für eine engagierte Arbeit gedankt. „Sein Rücktritt von der Behördenspitze bedeutet aber auch, dass sich nach 13 schwierigen Jahren die Kommunikation mit den Hamburgerinnen und Hamburgern und mit den bildungspolitischen Gremien, Initiativen und Interessensverbänden wesentlich verbessern kann“, erklärte die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Boeddinghaus. Von seiner designierten Nachfolgerin Bekeris wünsche sie sich „echte Augenhöhe und Mitwirkung“.

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Für die FDP erklärte die Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein, Rabe habe sich große Verdienste erworben. Mit „ruhiger Hand“ habe er die gewachsenen Strukturen in Hamburgs Schullandschaft erhalten. Doch sie übte auch Kritik: „Das Thema Digitalisierung hat die Hamburger Schulen allerdings noch zu wenig erreicht. Hoch rechne ich ihm an, dass er sich in den letzten Jahren auch gegen Widerstände aus den eigenen Reihen dafür eingesetzt hat, dass die nötige Erneuerung der Bildungspläne mit stärkerem Schwerpunkt auf konkrete Wissensvermittlung umgesetzt wird.“ Bekeris trete in Fußstapfen, bei denen es sich noch „erweisen“ müsse, ob sie diese ausfüllen könne. „Sie wird die mangelhafte Digitalisierung der Schulen vorantreiben, die weiter nötige Erneuerung der Bildungspläne sicherstellen und die frühzeitigere Sprachförderung im Kita- und Vorschulalter angehen müssen.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wünschte Rabe eine „Zeit der Erholung“ sowie Bekeris „viel Energie und eine erfolgreiche Amtszeit“.

Für den SPD-Landesverband erklärten die Vorsitzenden Melanie Leonhard und Nils Weiland: „Ties Rabe hat seit 2011 Hamburgs Bildungslandschaft mit Sachverstand und klarer Strategie zu einem bundesweit beachteten Vorbild gemacht: Tausende Lehrkräfte wurden eingestellt, Schulgebäude modernisiert und neu gebaut. Die kostenlose Ganztagsschule ist heute ein Erfolgsmodell, die berufliche Bildung hat mit der Beruflichen Hochschule Hamburg (BHH) eine neue und anerkannte Institution erhalten.“

Schule Hamburg: Lesen und Schreiben „erheblich verbessert“

Unter Rabes Verantwortung hätten sich die „Grundfähigkeiten“ wie Lesen und Schreiben und die gemessenen Leistungen der Schülerinnen und Schüler „erheblich verbessert“. Rabes Herzensangelegenheit sei gewesen, die Kinder zu fördern, die „von Haus aus weniger gute Voraussetzungen mitbringen“. Hamburgs „erfolgreiche Entwicklung in der Bildungspolitik“ werde mit Rabes Namen verbunden bleiben. Seine Nachfolgerin Bekeris ist auch stellvertretende Landesvorsitzende der Sozialdemokraten.

Die Sozialdemokratin Ksenija Bekeris soll neue Schulsenatorin in Hamburg werden.
Die Sozialdemokratin Ksenija Bekeris soll neue Schulsenatorin in Hamburg werden. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Rabe ist mit seinen 13 Amtsjahren der dienstälteste Kultusminister der 16 Bundesländer. Der Hamburger ist seit Langem eine zentrale Figur im föderalen Bildungsgefüge und koordiniert seit 2015 die Positionen der SPD-geführten Länder in den Bereichen Bildung und Wissenschaft gegenüber Bundesregierung und Bundestag. Seine Stimme wird aufgrund seiner Erfahrung und auch seiner bisweilen klaren Diktion im bundesrepublikanischen Bildungskonzert gehört.

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In Rabes Amtszeit fällt der massive Ausbau des Ganztagsschulbetriebs sowie ein umfassendes Sanierungs- und Neubauprogramm für Schulen. Seit Jahren steigen die Schülerzahlen deutlich an. Trotz des daraus resultierenden zusätzlichen Lehrerbedarfs hat er die Verkleinerung der Schulklassen, die im Hamburger Schulfrieden vereinbart war, ebenso konsequent umgesetzt wie die höhere Besoldung für Lehrer und Lehrerinnen an Grundschulen und der Sekundarstufe I. Der wohl wichtigste Erfolg seiner Amtszeit: Hamburg hat sich im Laufe der Jahre bei den Schülervergleichsstudien im Länderranking vom Schlusslicht auf einen guten Mittelplatz vorgearbeitet.

Neue Schulsenatorin Ksenija Bekeris soll Mittwoch gewählt werden

Mit Ksenija Bekeris übernimmt zum fünften Mal eine Frau die Behörde an der Hamburger Straße. Die erforderliche Bestätigung, die am Mittwoch in der Bürgerschaft erfolgen soll, gilt als sicher. Die 45 Jahre alte SPD-Fraktionschefin und stellvertretende SPD-Landesvorsitzende ist keine Schulpolitikerin, aber seit 2015 Berufsschullehrerin. Bekeris ist sozialpolitische Sprecherin ihrer Fraktion, entstammt wie Tschentscher dem SPD-Kreisverband Hamburg-Nord und gehört der Bürgerschaft seit 2008 an. Auf Instagram gab es bereits Glückwünsche für sie. „Gratulation, Hamburgs Eltern freuen sich auf Sie“, schrieb eine Userin.

Der SPD-Landesvorstand mit Leonhard und Weiland erklärte: Bekeris sei „fachlich wie persönlich“ die passende Nachfolge. „Sie ist politisch sehr erfahren und als Berufsschullehrerin weiß sie, wie die Schulen ticken!“

Vor gut einem Jahr war es zum bislang letzten Senatsrevirement gekommen. Damals übernahm Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) den Posten an der Spitze der Wirtschaftsbehörde für den zurückgetretenen Michael Westhagemann (parteilos). An die Spitze der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales rückte Melanie Schlotzhauer (SPD). Auf die ebenfalls zurückgetretene Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt folgte Karen Pein (beide SPD).

Mitarbeit: Christoph Rybarczyk