Hamburg. Ermittlungen und Prozess um Wohnungen in beliebten Hamburger Stadtteilen. Auch ein Fußballweltmeister von 2014 ist betroffen.

Für den Traum von der Eigentumswohnung in Hamburg hatte Magnus B. lange gespart. Schließlich fand er sogar, was er suchte: eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Norden der Stadt. Ein Neubauprojekt, das er auf der Internetseite eines renommierten Hamburger Maklers gefunden hatte.

Über den Bauträger und Verkäufer, die Firma Re:concept, recherchierte Magnus B. im Netz nach Referenzen. Offenbar ein junges Unternehmen mit professioneller Webseite. Magnus B. war überzeugt, sein Geld gut zu investieren, und nahm einen Bankkredit von rund 400.000 Euro auf. Er sagt, es habe sich alles richtig angefühlt, und so unterschrieb er den Kaufvertrag. Ein Jahr später sollte die Wohnung bezugsfertig sein.

Immobilien Hamburg: Ärger um unvollendete Bauprojekte

Das gute Gefühl hielt nicht lange. Denn es kam immer wieder zu Verzögerungen beim Bau, am Ende zum Stillstand. Re:concept habe allen Käufern erklärt: Es gebe Liquiditätsprobleme. Die Käufer sollten Geld nachlegen, um die Handwerker zu bezahlen. Magnus B. sagt: „Das haben wir tatsächlich gutgläubig gemacht, doch richtig vorangegangen ist es trotzdem nicht.“ Er zahlte seine Miete weiter und musste gleichzeitig den Kredit für eine Wohnung abzahlen, die nicht fertig war.

Die Bauleiter hätten mehrfach gewechselt, und der Projektleiter sei kaum noch erreichbar gewesen. Schließlich entschieden die Käufer gemeinsam: Wir holen uns neue Partner und machen es allein weiter. Dafür mussten sie erhebliche Mehrkosten stemmen. Jeder Käufer zahlte Zehntausende Euro drauf – und nahm eine jahrelange Verzögerung in Kauf.

Magnus B. ist nicht sein richtiger Name, er bat um Anonymität, um frei zu sprechen. Für sich genommen ein ärgerlicher Einzelfall. Doch nach Abendblatt-Recherchen gibt es Dutzende Fälle mit gleichem Muster.

Eigentumswohnungen in Hamburger Mehrfamilienhaus: Baumängel und Stillstand

Nach zahlreichen Baustellenbesuchen, Gesprächen mit verbitterten Wohnungskäufern, mit Anwälten, Notaren und Bauexperten liegt der Verdacht nahe, dass bei diesen Projekten erheblich geschlampt wurde. Ein Sachverständiger sagte dem Abendblatt: „Wir haben bei allen Baustellen erhebliche Mängel festgestellt und sind auf nicht vorhandenes Fachwissen gestoßen, was zum Beispiel Brandschutz und DIN-Normen angeht.“

Besonders bitter sei das für die Menschen, die bereits viel investiert und jahrelang vor Bauruinen gestanden hätten und zum Teil noch stünden. Im Zusammenhang mit diesen Bauprojekten ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg. Die genauen Verdachtsmomente sind noch nicht bekannt.

Auch hier, auf einem Grundstück in Schnelsen, begannen vor einigen Jahren die Bauarbeiten. Nach dem Ausheben der Baugrube passierte nichts. Der Bezirk ließ sie nun abpumpen und verfüllen.
Auch hier, auf einem Grundstück in Schnelsen, begannen vor einigen Jahren die Bauarbeiten. Nach dem Ausheben der Baugrube passierte nichts. Der Bezirk ließ sie nun abpumpen und verfüllen. © Funke Foto Services | Roland Magunia

Ob in Lokstedt, Sasel, Winterhude oder Horn – die Projekte in guten Hamburger Lagen liefen offenbar nach einer Blaupause: Grundstücke wurden gekauft, die Baugruben ausgehoben. Stein um Stein wuchs der Rohbau in die Höhe, bis es irgendwann stockte oder stillstand. In all diese Fälle ist die Firma Re:concept involviert. Auf eine Abendblatt-Anfrage hat sie nicht reagiert.

Prominente erleiden bei Immobilien-Anlagen finanziellen Schaden

Im Zusammenhang mit diesen Fällen tauchen zwei Firmen auf: ein Finanzierer und das Unternehmen EDMS. Die Buchstaben EDMS stehen für die Vorstände dieses Finanzierers. Sie waren zunächst Geschäftsführer der EDMS. Diese Firma hat als Muttergesellschaft für ihre Bauprojekte Untergesellschaften gegründet, also zum Beispiel EDMS Rolfinckstraße Verwaltung UG. Der Finanzierer war durch seine Funktion in den Grundbüchern eingetragen.

Dieser Finanzierer versteht sich als sogenanntes „Family Office“. Das Unternehmen hat zahlungskräftige Kunden, darunter einige der Kategorie „A-Prominente“. Es vermittelt unter anderem Immobilienanlagen für seine Kundschaft mit klar definierten Renditezielen. Die Arbeit der Firma wird im Netz so beworben: „Wir betreuen vermögende High Professionals bei der Entwicklung und Optimierung ihrer Vermögensstrategie.“ Für diese „High Professionals“ sollen bis zu zehn Prozent Rendite drin sein, heißt es dort.

19 Hamburger Projekte gingen schief – Regressansprüche

Dem Abendblatt erklärte der Finanzierer: „Insgesamt handelt es sich um 19 Projekte mit der Re:concept GmbH seit 2016/17.“ Nachdem eine Reihe von Projekten erfolgreich abgeschlossen worden sei, habe man 2020 eine „reelle Insolvenzgefahr einer Projektgesellschaft“ erkannt und schließlich entschieden, alle Projekte für sich rechtlich abzusichern. Dem Finanzierer und seinen Kunden stehe noch Geld zu. Man behalte sich Regressansprüche vor.

Hamburger Wohnungskäufer erlitten bei diesen Bauprojekten einen hohen finanziellen Schaden, auch hier in Wellingsbüttel.
Hamburger Wohnungskäufer erlitten bei diesen Bauprojekten einen hohen finanziellen Schaden, auch hier in Wellingsbüttel. © Funke Foto Services | Marcelo Hernandez

Ging ein Projekt schief wie im Fall von Magnus B., wurde ein Auflösungsvertrag geschlossen, den auch der Finanzierer unterzeichnete. In einem dieser Verträge, die dem Abendblatt vorliegen, heißt es: „Auf ausdrücklichem Wunsch des Gläubigers (der Finanzierer, die Red.) bestätigen die Erwerber, dass sie in diesem Fall auch von strafrechtlichen Schritten und/oder Meldungen an die Medien gegen den Gläubiger und/oder deren Vorstände absehen werden bzw. etwaige Maßnahmen unverzüglich zurücknehmen.“ Halten sich die Käufer, die auf eigene Faust weiterbauen wollen, nicht daran, wird eine Vertragsstrafe von 50.000 Euro fällig.

Hamburger Bauprojekte: Fußballweltmeister von 2014 betroffen

Der Finanzierer erklärte dazu: „Im Rahmen der Aufhebungsverträge eines Projektes haben alle beteiligten Parteien Verluste in Kauf nehmen müssen, um eine aus unserer Sicht unmittelbar bevorstehende Insolvenz abzuwenden. Eine Insolvenz hätte keine Gewinner gehabt. Es wurden mehrere Szenarien besprochen, und die Parteien haben sich letztendlich geeinigt.“

Eine Käuferpartei habe mit negativer Medienberichterstattung gedroht. „Nach Einigung sollte keine Partei weitere unvorhergesehene Nachteile erleiden. Es wurde daher eine sogenannte Generalquittung vereinbart“, so der Finanzierer.

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Das Hamburger Unternehmen vertritt unter anderem einen Fußballweltmeister von 2014. Drei von dessen Firmen haben Briefkästen bei dem Finanzierer. Ein Vorstand ist laut Handelsregister Prokurist eines dieser Fußballerunternehmen. Und dieser Kicker hat eine Firma gegründet, die in Winterhude ein Bauprojekt kaufte, das am Ende ebenso floppte wie die der „normalen“ Käufer bei Re:concept.

Das Vorhaben sollte insgesamt ein Volumen von gut sechs Millionen Euro haben. Ob der Fußballer so viel Geld investiert hat und wie hoch sein finanzieller Schaden ist, wenn es einen gibt, ist unbekannt.

Crowdfinanzierung für Millionenprojekt in Winterhude

Es ging um acht bis zwölf Wohnungen und eine Gewerbefläche mit Tiefgaragen, die in Stadtparknähe errichtet werden sollten. Auch diesem Projekt ging das Geld aus. Hier kam ein Crowdfinanzierer ins Boot, der mithelfen sollte, das Projekt zu retten. Diese Hamburger Firma namens Exporo AG sammelte Geld bei Kleinanlegern ein.

Weil diese Kleinanleger über ihr Risiko bei dem Projekt nicht richtig von Exporo informiert worden sein sollen, gibt es nun eine Klage vor dem Landgericht Hamburg. Exporo hat auf mehrmalige Abendblatt-Anfragen nicht reagiert. Noch vor Weihnachten soll der Fall verhandelt werden.