Hamburg. Wohnungsbau, Flüchtlinge und andere Gründe für den Erfolg. 20 Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien wachsen am stärksten.

  • Einige Hamburger Schulen sind in den vergangenen Jahren besonders stark gewachsen
  • Neugegründete Schulen haben bei Eltern oft „Vertrauensbonus“
  • Persönlichkeit der Schulleiter spielen eine Rolle

Ob Gymnasien, Stadtteilschulen oder Grundschulen: Seit Jahren klettert die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Hamburg in immer neue Höhen: Derzeit lernen insgesamt 217.580 Mädchen und Jungen an den allgemeinbildenden Schulen der Hansestadt, rund 33.400 mehr als im Schuljahr 2012/13 – ein Plus von gut 18 Prozent. Wesentliche Gründe für den Anstieg in den letzten Jahren sind laut Schulbehörde neben dem Geburtenzuwachs und dem allgemeinen Zuzug nach Hamburg die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Einige Schulen sind in den vergangenen zehn Jahren besonders stark gewachsen. Das liegt der Behörde zufolge an verschiedenen Effekten. So komme es etwa durch starken Wohnungsbau im Einzugsbereich einer Schule zu Zuzug. Auch der Neubau, Zubau oder die Sanierung eines Schulgebäudes könnten für einen Anstieg der Schülerschaft sorgen. Für mehr Schüler sorge unter Umständen auch eine neu strukturierte Schulleitung, gefolgt von einem neu strukturiertem Lehrerkollegium.

Schule Hamburg: Bei Neugründungen gibt es einen „Vertrauensbonus“

Neugründungen von Schulen kommen bei Hamburgs Eltern fast immer gut an, bekommen einen „Vertrauensbonus“, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. „Der Persönlichkeit der Gründungsschulleitung kommt dabei große Bedeutung zu, weil sie zu Beginn praktisch das einzige Aushängeschild der neuen Schule ist.“

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Bei den Stadtteilschulen, die bei Gründung dieser Schulform im Jahr 2010 nicht alle eine Oberstufe hatten, wirke sich der Aufbau einer eigenen Oberstufe schon bei den Anmeldungen zu Klasse 5 aus. Denn eine Oberstufe eröffne eine Perspektive bis zum Abitur. Auch die Ganztagsform könne über Anmeldezahlen an Hamburgs mitentscheiden.

Björn Lengwenus: Sonderstellung der Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg

Ein weiterer Punkt: „Manchmal profitiert eine Schule auch davon, dass es an einer Nachbarschule gerade nicht gut läuft“, sagt Albrecht. „An vielen Schulen gibt es über eine langjährige Betrachtung deutliche Schwankungen bei den Schülerzahlen, weil das Anwahlverhalten der Eltern und Kinder sich immer wieder ändert.“

Seit Björn Lengwenus die Leitung der Stadtteilschule Alter Teichweg auf dem Dulsberg übernahm, ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler dort erheblich gewachsen.
Seit Björn Lengwenus die Leitung der Stadtteilschule Alter Teichweg auf dem Dulsberg übernahm, ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler dort erheblich gewachsen. © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Eine Sonderstellung nehme die Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg auf dem Dulsberg ein. Um diese Einrichtung sei es viele Jahre sehr ruhig gewesen. Aber seit Björn Lengwenus 2015 die Leitung übernahm, habe die Schule „eine völlig neue und innovative Entwicklung genommen“. Die Anmeldezahlen seien „geradezu explodiert“, sagt Albrecht. „Inzwischen dürfte Herr Lengwenus Hamburgs bekanntester Schulleiter sein, wenn nicht gar in ganz Deutschland.“

Im Corona-Lockdown sendete Lengwenus aus den Räumlichkeiten der Schule die Show „Dulsberg Late Night“ – dafür gab es den Deutschen Schulpreis spezial und den Grimme Online-Award. Der Pädagoge ist zudem der Kopf von Deutschlands größtem Schulschachwettbewerb „Linkes gegen rechtes Alsterufer“

Welche Schulen in Hamburg am schnellsten wachsen – der Überblick

Alle folgenden Angaben stammen von der Schulbehörde. Wichtig zum Verständnis: „GTS“ bedeutet: von der Schule selbst verantworteter Ganztag; „GBS“ steht für: Ganztag in Kooperation mit einem Träger. Die Platzierung der Schulen ergibt sich aus dem jeweiligen Zuwachs an Schülerinnen und Schülern in absoluten Zahlen. Wenn es einen eindeutigen Grund für den Zuwachs einer Schule gibt, wird jeweils darauf hingewiesen.

Welche allgemeinbildenden Schulen im vergangenen Jahrzehnt am schnellsten gewachsen sind – der Überblick:

1.Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg (Dulsberg). Ganztagsform: GTS teilweise gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 954. Schuljahr 2022/23: 1723. Zuwachs absolut: 769. Zuwachs in Prozent: 81 %.

2. Gymnasium Hoheluft (Hoheluft-West). Ganztagsform: GTS voll gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 83. Schuljahr 2022/23: 731. Zuwachs absolut: 648. Zuwachs in Prozent: 781 %. Dieses Gymnasium war 2012 neu gegründet worden.

3. Stadtteilschule Meiendorf (Rahlstedt). Ganztagsform: offen (GBS). Anzahl der Schüler 2012/13: 103. Schuljahr 2022/23: 708. Zuwachs absolut: 605. Zuwachs in Prozent: 587 %. Diese Schule war ebenfalls 2012 neu gegründet worden.

4. Max-Schmeling-Stadtteilschule (Jenfeld/Marienthal). Ganztagsform: GTS voll gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 587 . Schuljahr 2022/23: 1.157. Zuwachs absolut: 570. Zuwachs in Prozent: 97 %. Im Jahr 2011 waren zwei selbständige Schulstandorte zu dieser Schule zusammengelegt worden; seit 2019 hat sie eine eigene Oberstufe.

5. Stadtteilschule Rissen. Ganztagsform: offen (GBS). Anzahl der Schüler 2012/13: 191. Schuljahr 2022/23: 716. Zuwachs absolut: 525. Zuwachs in Prozent: 275 %. Diese Schule war 2011 neu gegründet worden, zunächst als Filiale der Stadtteilschule Blankenese. Seit 2012 ist sie selbstständig.

6. Grund- und Stadtteilschule Altrahlstedt. Ganztagsform: GTS teilweise gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 610. Schuljahr 2022/23: 1.029. Zuwachs absolut: 419. Zuwachs in Prozent: 69 %. Im Jahr 2019 erfolgte die Zusammenlegung der vorher selbständigen Grundschule mit der Stadtteilschule.

7. Gymnasium Lerchenfeld (Uhlenhorst). Ganztagsform: offen. Anzahl der Schüler 2012/13: 658. Schuljahr 2022/23: 1.054. Zuwachs absolut: 396. Zuwachs in Prozent: 60 %. Im Jahr 2005 habe die Schule kurz vor der Schließung durch die damalige CDU-Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig gestanden. Seit 2012 erlebe die Einrichtung mit Spanisch-bilingualem Zweig ein „rasantes Wachstum“, so die Schulbehörde.

8. Stadtteilschule Richard-Linde-Weg (Lohbrügge). Ganztagsform: GTS teilweise gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 731. Schuljahr 2022/23: 1.112. Zuwachs absolut: 381. Zuwachs in Prozent: 52 %. Seit dem Schuljahr 2010/11 verfügt diese Schule über eine eigene Oberstufe.

9. Gymnasium Allee (Altona-Nord). Ganztagsform: offen. Anzahl der Schüler 2012/13: 794. Schuljahr 2022/23: 1.172. Zuwachs absolut: 378. Zuwachs in Prozent: 48 %.

10. Grund- und Stadtteilschule Eppendorf (Hoheluft-Ost). Ganztagform: GTS teilweise gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 955. Schuljahr 2022/23: 1.330. Zuwachs absolut: 375. Zuwachs in Prozent: 39 %.

11. Grund- und Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg (Neugraben-Fischbek). Ganztagsform: offen (GBS). Anzahl der Schüler 2012/13: 1427. Schuljahr 2022/23: 1793. Zuwachs absolut: 366. Zuwachs in Prozent: 26 %. Inzwischen Hamburgs größte allgemeinbildende Schule.

12. Stadtteilschule Lurup. Ganztagsform: GTS voll gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 763. Schuljahr 2022/23: 1120. Zuwachs absolut: 357. Zuwachs in Prozent: 47 %. Bezog 2020 einen laut Schulbehörde „spektakulären“ Neubau.

13. Gymnasium Corveystraße (Lokstedt). Ganztagsform: offen. Anzahl der Schüler 2012/13: 740. Schuljahr 2022/23: 1092. Zuwachs absolut: 352. Zuwachs in Prozent: 48 %.

14. Grund- und Stadtteilschule Winterhude. Ganztagform: GTS voll gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 1049. Schuljahr 2022/23: 1369. Zuwachs absolut: 320. Zuwachs in Prozent: 31 %.

15. Grundschule Neugraben (Neugraben-Fischbek). Ganztagsform: offen (GBS). Anzahl der Schüler 2012/13: 241. Schuljahr 2022/23: 535. Zuwachs absolut: 294. Zuwachs in Prozent: 122 %.

16. Theodor-Haubach-Schule (Grundschule, Altona-Nord). Ganztagsform: GTS teilweise gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 200. Schuljahr 2022/23: 488. Zuwachs absolut: 288. Zuwachs in Prozent: 144 %. Angrenzend an das Neubaugebiet Neue Mitte Altona.

17. Stadtteilschule Kirchwerder. Ganztagsform: GTS teilweise gebunden. Anzahl der Schüler 2012/13: 892. Schuljahr 2022/23: 1178. Zuwachs absolut: 286. Zuwachs in Prozent: 32 %. Seit 2012 verfügt die Schule über eine eigene Oberstufe.

18. Carl-Cohn-Schule (Grundschule, Winterhude). Ganztagsform: offen (GBS). Anzahl der Schüler 2012/13: 271. Schuljahr 2022/23: 556. Zuwachs absolut: 285. Zuwachs in Prozent: 105 %.

19. Schule Humboldtstraße (Grundschule, Barmbek-Süd). Ganztagsform: offen (GBS). Anzahl der Schüler 2012/13: 236. Schuljahr 2022/23: 510. Zuwachs absolut: 274. Zuwachs in Prozent: 116 %.

20. Lise-Meitner-Gymnasium (Osdorf). Ganztagsform: offen. Anzahl der Schüler 2012/13: 662. Schuljahr 2022/23: 919. Zuwachs absolut: 257. Zuwachs in Prozent: 39 %.