Hamburg (dpa/lno). Seit Jahren klettert die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Hamburg in immer neue Höhen. Diesmal ist aber sogar Schulsenator Rabe verblüfft. Ein Plus von mehr als 10.000 Kindern und Jugendlichen sei schon sehr ungewöhnlich.
Mit einem Schülerrekord startet Hamburg am Donnerstag nach sechs Wochen Sommerferien in das neue Schuljahr. Insgesamt werden an den 469 staatlichen und privaten Schulen der Hansestadt 270.440 Schülerinnen und Schüler erwartet - 10.130 oder 4,8 Prozent mehr als im vergangenen Schuljahr, wie die Schulbehörde am Dienstag mitteilte. Schulsenator Ties Rabe (SPD) sagte, „das ist schon eine sehr, sehr ungewöhnliche Zahl“. Normalerweise steige die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Jahr um 2000 bis 2500.
Wesentliche Gründe für den Anstieg seien neben dem Geburtenzuwachs und dem allgemeinen Zuzug nach Hamburg die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. So besuchten den Angaben zufolge bereits zum Ende des vergangenen Schuljahres mehr als 8200 ukrainische Kinder und Jugendliche Hamburger Schulen.
Um die vielen neuen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu anderen Bundesländern weiter in relativ kleinen Klassen unterrichten zu können, steige die Zahl der Lehrkräfte sowie der Pädagoginnen und Pädagogen an den staatlichen allgemeinbildenden Schulen um 631 auf 17 984, inklusive der berufsbildenden Schulen seien es knapp 20.400 Stellen. Rabe sagte, deren Besetzung obliege allein den Schulen. Er gehe aber davon aus, dass knapp 97 Prozent der Stellen bereits von verbeamteten oder fest angestellten Lehrkräften besetzt seien. „Für den reinen Unterricht braucht es (...) rund 75 Prozent der Stellen.“
Der Lehrergewerkschaft GEW reicht das nicht. „265 nicht besetzte Lehrkräftestellen im letzten Schuljahr sind eine deutliche Warnung an die Politik, bei weiteren 115 Stellen wurde zudem noch nicht vollständig ausgebildetes Personal eingesetzt“, sagte GEW-Chef Sven Quiring. Hamburg benötige ein stadtweites Konzept, um dem Fach- und Lehrkräftemangel in den Bildungseinrichtungen zu begegnen. An erster Stelle stehe dabei die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie der Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten.
Den größten Zuwachs an neuen Schülerinnen und Schülern verzeichnen die Grundschulen. Allein die ersten Klassen starteten mit etwa 17.900 Kindern. Das seien rund 700 mehr als im vergangenen Schuljahr. Insgesamt werden damit im kommenden Schuljahr fast 80.000 Kinder eine staatliche Grundschule besuchen, hieß es.
Die Zahl der Stadtteilschüler steige um etwa 2500 auf rund 60.500, die der Gymnasiasten um 1900 auf 57.200 und jene der berufsbildenden Schulen um 950 auf knapp 46 200. Die Zahl der Privatschüler sinke dagegen nach der endgültigen Schließung von vier katholischen Schulen um 100 auf 18.300. Hinzu kommen rund 8000 Schülerinnen und Schüler etwa in den Sonderschulen oder der Erwachsenenbildung.
Die Zahl der Schulen in Hamburg ist den Angaben zufolge im Vergleich zum Vorjahr weitgehend konstant geblieben. Es gebe 224 private und staatliche Grundschulen, 83 private und staatliche Stadtteilschulen und 75 private und staatliche Gymnasien. Hinzu kommen 54 berufsbildende Schulen, 31 Sonderschulen und 2 Schulen der Erwachsenenbildung. Die kleinste Grundschule - die Schule Cranz - habe 88 Schülerinnen und Schüler. An der größten Stadtteilschule - Fischbek-Falkenberg - lernen 1895 Kinder und Jugendliche.
„Wir glauben, dass das Wachstum der Schülerzahlen anhält“, sagte Rabe. Er gehe davon aus, dass die Zahl der ukrainischen Kinder und Jugendlichen wieder sinken, dafür die Zuwanderung aus anderen Ländern steigen werde. Rabe betonte, um eine gerechte Verteilung zu gewährleisten, müssten auch die in anderen Ländern eher weniger geforderten Gymnasien mitarbeiten. Schon die erste Flüchtlingswelle 2015 habe viele Kapazitäten gefordert, nun werde es jedoch langsam eng. „Beim Bauen kommen wir gerade noch hinterher, bei der Zahl der Lehrerinnen und Lehrer wird es langsam schwierig“, sagte Rabe. Gleichzeitig lobte er die große Bereitschaft der Lehrkräfte, sich der Bedürfnisse der Geflüchteten anzunehmen.
Die Linken kritisierten Rabes Präsentation als nicht angemessen. Im Wesentlichen gingen seine Ansätze an den drängenden Aufgaben vorbei, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus. „Wenn nicht entschieden gehandelt wird, befürchte ich, dass wir bald einen Kollaps des Schulsystems erleben.“ Die AfD sieht die Hauptverantwortung für die Probleme bei den Flüchtlingen.