Hamburg. Landesverband freut sich über „viele neue Gesichter“ – aber auch über Rückkehrer, die aus Protest gegen Wagenknecht ausgetreten waren.
Der Austritt Sahra Wagenknechts am 23. Oktober aus der Linken und die von ihr angekündigte Gründung einer eigenen Partei hatte auch in Hamburg prominente Abgänge zur Folge: Schon am selben Tag kündigte die Hamburger Linken-Bundestagsabgeordnete Zaklin Nasticihren Parteiaustritt an; Anfang November erklärte der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Metin Kayaseinen Austritt aus Fraktion und Partei – beide wollen den Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht“ unterstützen.
Zumindest gemessen an der Zahl der Linken-Unterstützenden in der Hansestadt hat Wagenknechts Abgang dem Hamburger Landesverband bisher aber wohl eher geholfen als geschadet: Seit dem 23. Oktober hätten zwar 50 Menschen in Hamburg die Linke verlassen, allerdings habe die Partei 78 neue Mitglieder gewonnen, teilte ein Sprecher des Landesverbands am Donnerstag auf Abendblatt-Anfrage mit. Die „Dynamik“ sei „klar bei den Eintritten“. Insgesamt habe der Linken-Landesverband derzeit knapp mehr als 1600 Mitglieder.
Sahra Wagenknechts Abgang: Überraschung für Hamburgs Linke
Begünstigend habe sich offenbar vor allem der Linken-Bundesparteitag am vergangenen Wochenende ausgewirkt – dort sei eine Aufbruchstimmung vermittelt worden, sagt die Hamburger Linken-Landessprecherin Sabine Ritter. „Das Signal ist: Wir sind wieder da!“ Die Linke wolle eine Partei für alle sein.
Unter den zuletzt in Hamburg in die Linke eingetretenen Menschen seien zum einen viele neue Gesichter, „querbeet von Azubis, über den Arzt in Altona bis zum Krankenpfleger in Rente“, sagt Ritter. Zum anderen seien Menschen in Hamburg wieder in die Partei eingetreten, die aus Protest gegen Sahra Wagenknecht die Linke verlassen hatten – etwa weil sie empört darüber waren, dass Wagenknecht Teile ihrer Partei als „Lifestyle-Linke“ bezeichnet hatte, womit sie unter anderem Menschen meinte, die sich um das Klima sorgten und für Emanzipation, Zuwanderung und sexuelle Minderheiten einsetzten, aber die Interessen der Arbeiter nicht mehr im Blick hätten.
Hamburgs Ex-Landessprecherin der Linken: „Politischen Kompass verloren“
Diejenigen, die zuletzt gegangen seien, hätten sich davor schon um Sahra Wagenknecht geschart. „Das ist die Bruchlinie, mit der wir seit Monaten rechnen mussten“, sagt Ritter. Das galt offenbar etwa für Metin Kaya. Dessen Schritt komme nicht überraschend, erklärten die Linken-Fraktionschefinnen Sabine Boeddinghaus und Cansu Özdemir Anfang November. „Seine Entfremdung von der Fraktion und ihren Inhalten und Vorhaben lag schon geraume Zeit auf der Hand.“
Die frühere Landessprecherin Zaklin Nastic hatte ihren Austritt damit begründet, die Linke habe „ihren politischen Kompass verloren und die Aufarbeitung der letzten Wahlniederlagen verweigert“.