Hamburg. Hitze, Regen, Sturm: Folgen der Erderwärmung sind spürbar. Die Umweltbehörde will Bürger besser informieren und die Stadt wappnen.

Heiße Tage stehen auch in Hamburg längst nicht mehr nur für Ausflüge ins Schwimmbad, Treffen an der Eisdiele und schulfrei. Zunehmend rücken gesundheitliche Gefahren für den Menschen, Dürren und Wasserknappheit in den Vordergrund, denn infolge des Klimawandels treten hohe Temperaturen auch bei uns häufiger auf und halten länger an. Darauf hingewiesen haben Wissenschaftler und die Umweltbehörde zwar schon oft.

Ein am Dienstag von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) vorgestelltes neues Klimainformationssystem im Internet soll nun allerdings die Fülle der bisher gesammelten Daten erheblich anschaulicher und ausführlicher darstellen als zuvor – von Temperaturen, Sonnenscheindauer, Trockenperioden, Niederschlag und Starkregen bis zu konkreten Auswirkungen in der Hansestadt vom Bauwesen bis zum Künstenhochwasserschutz.

Klimawandel: Mehr heiße Tage und Hitzewellen in Hamburg

Ein Beispiel auf der Seite www.hamburg.de/klimainformationssystem ist ein Balkendiagramm mit Angaben zu den heißen Tagen mit einer Höchsttemperatur von mindestens 30 Grad seit 1951: Demnach sind solche Tage seit Mitte der 1990er-Jahre erheblich häufiger aufgetreten, wobei es allein von 2018 bis 2020 insgesamt 44,2 heiße Tage gab. Kommastellen bei der Zahl heißer Tage pro Jahr können entstehen, weil es sich bei diesen vom Deutschen Wetterdienst (DWD) erhobenen Daten nicht um Messwerte einer einzelnen Station handele, sondern um Flächenmittel, so die Umweltbehörde.

Ein Trend zeigt sich auch bei Hitzewellen (die Aufeinanderfolge von mindestens drei Tagen mit einem mittleren Temperaturtagesmaximum von mindestens 30 Grad): Diese sind laut DWD in Hamburg seit den 1990er-Jahren vermehrt und länger anhaltend aufgetreten. Im Jahr 2018 gab es drei Hitzewellen unterschiedlicher Länge, die sich über insgesamt 22 Tage erstreckten. Als eine Folge habe der Wasserbrauch der Hamburger in den Jahren 2018 und 2020 weit über dem langjährigen Durchschnitt gelegen, so die Umweltbehörde.

Seit Beginn der Wetteraufzeichungen ist es in Hamburg im Mittel 1,7 Grad wärmer geworden

Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ist die Jahresmitteltemperatur in Hamburg um 1,7 Grad gestiegen. Die Auswirkungen dürften vor allem in der inneren Stadt zunehmend spürbar werden: Dort gebe es stark verdichtete und versiegelte Viertel, in denen sogenannte Hitzeinseln „zunehmend ein Problem“ werden könnten, sagte Jens Kerstan. Ältere Menschen seien besonders gefährdet.

Es gelte „aufzupassen“, dass bei immer mehr Hitzewellen „wir nicht auch immer mehr Hitzetote bekommen“, so der Senator. Mit „wir“ meinte er wohl den Hamburger Senat. Die Gesundheitsbehörde hatte zuletzt erklärt, einen Hitzeaktionsplan voraussichtlich erst im Jahr 2024 präsentieren zu können.

Die Anpassung an Hitzestress, aber auch an andere Extremwetterereignisse wie Starkregen – das seien „alles Themen, an denen wir noch verstärkt arbeiten müssen“, sagte Kerstan. Mithilfe der gebündelten Daten ließen sich „Rückschlüsse auf die Resilienz unserer Stadt ziehen“ und „rechtzeitig Handlungsbedarfe erkennen“, sagte Kerstan.

Kerstan: Klimainformationssystem auch „spannend und lehrreich“ für Schulen

Allerdings solle das neue Klimainformationssystem auch dazu beitragen, die private Vorsorge zu stärken und ein gutes Verständnis der globalen Erwärmung und ihrer Folgen bei den Hamburgerinnen und Hamburgern zu schaffen, sagte der Senator. Zusammen mit der jüngst veröffentlichten Starkregengefahrenkarte richteten sich die gebündelten Klimadaten etwa an Hausbesitzer, die ihre Gebäude und Grundstücke vor Überschwemmungen schützen wollen, Architekten, Stadtplaner und Unternehmen. „Spannend und lehrreich“ sei die Online-Plattform zudem für Schulklassen.

Zwei Jahre lang habe die Umweltbehörde an dem Aufbau des neuen Klimainformationssystems gearbeitet, hieß es am Dienstag. Die Daten seien von 28 Institutionen bereitgestellt worden, unter ihnen der Deutsche Wetterdienst, die Universität Hamburg, Hochbahn, Hamburg Wasser und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Konkrete Auswirkungen des Klimawandels sind laut Umweltbehörde nun anhand von insgesamt 38 Indikatoren in acht „Handlungsfeldern“ aufgeschlüsselt.

Kosten für Beseitigung von Gebäudeschäden durch Stürme und Hagel haben zugenommen

Aus den Daten geht zum Beispiel auch hervor, dass die Kosten für die Beseitigung von Gebäudeschäden durch Stürme und Hagel seit 2014 erheblich angestiegen sind, auch wenn zuletzt die Inflation und steigende Baupreise eine Rolle für den Kostenanstieg gespielt haben, wie Kerstan sagte. Bei der Zahl der Gebäudeschäden gibt es bisher keine aufsteigende Entwicklung.

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Der Umweltsenator verwies zudem auf sogenannte Mischwasserüberläufe. Gemeint sind Siele, in denen Abwasser aus Gebäuden und Regenwasser zusammengeführt und zu Hamburgs einzigem Klärwärk geleitet werden. Bei Starkregen komme es vor, dass Abwasser überlaufe und in Gewässer gelange – zwar nicht mehr so häufig und so massiv wie früher, weil Hamburg Wasser schon viel in die Vorsorge investiert habe. Die Sielkapazität werde aber weiter erhöht.

Kerstan setzt darauf, mit dem Hamburger Klimainformationssystem, das jährlich aktualisiert werden soll, auch zu einem Umdenken in der Bevölkerung beizutragen. Es gebe Menschen, welche die globale Erwärmung infrage stellten, sagte der Umweltsenator. Die Daten und Fakten, die jeder einsehen könne, „sprechen aber eine sehr deutliche Sprache“.