Hamburg. Nur halb so viel Niederschlag wie im Durchschnitt. Pflanzen und Tiere leiden – und die Stadt heizt sich auf. Was Schauer bringen.
Verdorrtes Gras, braune Hecken, Bäume mit hängenden Blättern – Hamburgs Grünflächen darben, weil es bei uns zu wenig Niederschlag gab in diesem Sommer. Es sei „deutlich zu trocken“ gewesen in der Hansestadt, erklärte der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor Kurzem anlässlich einer vorläufigen Bilanz.
Nun liegen genaue Angaben vor. Demnach verzeichnete der DWD an seiner Messstation in Fuhlsbüttel vom 1. Juni bis zum 31. August insgesamt 108 Liter Niederschlag pro Quadratmeter (l/qm) – das entspreche 47,7 Prozent des langjährigen Mittels von 1961 bis 1990 (rund 226 l/qm). Etwas besser sah es an der Wetterstation in Neuwiedenthal aus: Dort seien im Sommer dieses Jahres insgesamt 135,5 Liter Regen gefallen – rund 65 Prozent des langjährigen Mittels an dieser Stelle (208,3 l/qm), sagt Frank Kahl von der Hamburger DWD-Niederlassung.
Wetter Hamburg: Schon 2020 und 2021 waren sehr trocken
In den Sommern der Jahre 2021 und 2020 verzeichneten die beiden Messstationen Niederschlagsmengen, die 81 bis 99 Prozent des langjährigen Mittels entsprechen. Im Jahr 2019 fielen in Neuwiedenthal von Juni bis August rund 134 Liter pro Quadratmeter – 65 Prozent des langjährigen Mittels. Noch geringere Mengen verzeichnete der DWD im Jahr 2018: Damals fielen 126 Liter Niederschlag (55,6 Prozent) in Fuhlsbüttel und 145,7 Liter (70 Prozent) in Neuwiedenthal.
Der gerade hinter uns liegende Sommer ist also noch trockener ausgefallen als die Monate Juni bis August im Jahr 2018, allerdings hat es immer noch mehr geregnet als im trockensten Sommer an diesen Stationen im Jahr 1983: Damals fielen in Fuhlsbüttel rund 64 Liter pro Quadratmeter und in Neuwiedenthal 65,2 l/qm.
Neuwiedenthal lieferte einen Wetterrekord
Einen Rekord allerdings lieferte die Station in Neuwiedenthal zuletzt: Am 20 Juli verzeichnete die Anlage mit 40,1 Grad die deutschlandweit höchste Temperatur an jenem Tag. Die Durchschnittstemperatur von Juni bis August in Hamburg betrug laut DWD 18,8 Grad Celsius und lag damit 2,3 Grad über dem vieljährigen Mittel.
Berechnungen zeigen eine „außergewöhnliche Dürre“ in Hamburg
Folgen der Trockenheit veranschaulicht etwa der „Dürremonitor“ des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Dessen Karten liegt ein Computermodell zugrunde, das laut UFZ die Daten von ungefähr 2500 Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes nutzt und berechnet, wie es um die Bodenfeuchte deutschlandweit bestellt ist. Anschließend vergleicht der Computer dies mit dem jährlichen Verlauf im Referenzzeitraum 1951 bis 2015.
Um eine „Dürre“ handelt es sich laut UFZ, wenn die Bodenfeuchte unter einen Wert fällt, der in 20 Prozent der Jahre in einer langen Zeitreihe erreicht wird. Der Dürremonitor stellt fünf „Trockenklassen“ dar, von „ungewöhnlich trocken“ (gelb) bis „außergewöhnliche Dürre“ (dunkelrot). Auf der Dürremonitor-Karte vom 3. September für Hamburg ist der Gesamtboden bis zu einer Tiefe von 1.80 Meter in weiten Teilen der Hansestadt als rot („extreme Dürre“) eingestuft, an wenigen Stellen sogar als dunkelrot („außergewöhnliche Dürre“). Kritikern zufolge ist das System allerdings nur bedingt aussagekräftig. Die tatsächlichen Auswirkungen der Trockenheit etwa auf Bäume bilde es nicht ab.
Umweltbehörde: Tiere und Pflanzen leiden
Die Umweltbehörde schreibt auf Anfrage, die Trockenheit insbesondere seit 2018 sei „auch in den Naturschutzgebieten Hamburgs deutlich zu spüren“ und wirke sich dort auf Tiere und Pflanzen aus. „Dabei sind besonders Tier- und Pflanzenarten nasser und feuchter Lebensräume wie Stillgewässer, Nass- und Feuchtwiesen und Moore negativ betroffen.“
Von Mittwoch an wird es zwar wohl etwas Regen geben. An der Trockenheit im Unterboden könnten allein einige Niederschläge in den kommenden Wochen nichts grundlegend ändern, sagt Christian Beer, Professor für Dynamik von Bodenprozessen an der Uni Hamburg. „Dabei werden nur die obersten Zentimeter nass.“ Damit ausreichend Wasser in die Tiefe sinken könne, seien intensive Niederschläge über einen längeren Zeitraum hinweg nötig. „Wir brauchen viel Regen im kommenden Herbst und Winter.“ Seit 2018 seien allerdings auch die Herbst- und Wintermonate in Hamburg und Norddeutschland zu trocken gewesen.
„Hamburg ist erst langsam dabei, etwas zu verändern“
Nach Ansicht von Umweltorganisationen hat der rot-grüne Senat bisher nicht genug getan, um Hamburg auf mögliche Folgen des Klimawandels wie zunehmende Hitzephasen und Starkregen vorzubereiten. „Hamburg ist erst langsam dabei, etwas zu verändern“, sagt Paul Schmid, Sprecher des BUND Hamburg.
„Es muss erste Priorität haben, das Grün in der Stadt zu erhalten und möglichst keine alten Bäume zu fällen.“ Nötig sei auch mehr Dachbegrünung. Und: Wo immer möglich, sollten Parkplätze entsiegelt werden. „Wir brauchen eine Stadt, die Feuchtigkeit aufsaugt wie ein Schwamm und in trockenen Phasen wieder abgibt.“
Wetter Hamburg: Was die Umweltbehörde gegen Dürre tut
Die Umweltbehörde verweist auf Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. So sorgten Vorschriften zur örtlichen Versickerung des Niederschlagswassers dafür, das sogenannte Wasserdargebot „im Grundwasser zu erhöhen und den Wasserhaushalt zu stützen bzw. für lang anhaltende Trockenzeiten den Puffer zu erhöhen“.
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In den Naturschutzgebieten werden der Behörde zufolge „wasserbauliche Maßnahmen“ umgesetzt, um vorhandenes Wasser zu halten, etwa durch Stauwehren und Spundwände und die Sanierung von Teichen. Hamburg treibe die Begrünung von Dächern und Fassaden „intensiv voran“. Dafür gebe es 3,5 Millionen Euro Fördergeld bis Ende 2024.