Hamburg. Von 2027 an rollen die Züge von Hamburg in Richtung Ahrensburg. Wie Verkehrssenator Tjarks ein „Kreuzungsproblem“ der S4 lösen will.

Die wichtigste Nachricht zur geplanten S-Bahn 4 zwischen Hamburg und Ahrensburg sowie weiter nach Bargteheide und Bad Oldesloe ist eine Nicht-Nachricht: Bauverzögerungen gibt es nicht, die Kosten steigen (mit dem Stand von November 2023) ebenso wenig. Angesichts vieler verzögerter Baustellen der Deutschen Bahn müsste man fragen: Was ist da los? Projektleiterin Amina Karam (Deutsche Bahn) erklärte bei einem Baustellenbesuch am Montag in Wandsbek: „Die Bevölkerung soll sehen, dass die Bahn baut und dass sie im Zeitplan baut.“

Hamburgs größter Bezirk wird eine schnelle Anbindung Richtung Hauptbahnhof und Altona erhalten – und Zehntausende Pendler aus Schleswig-Holstein eine möglichst störungsfreie Strecke Richtung Hamburg und zurück gen Ostsee. Karam sprach von 250.000 Pendlern zwischen Altona und Bad Oldesloe. Die stark frequentierte Regionalbahn RB 81 wird mit der S4 wegfallen, die Expresszüge RE 8 und RE 80 zwischen Hamburg und Lübeck bleiben. Fünf neue Bahnhöfe werden errichtet. 1,8 Milliarden Euro soll die S4 kosten, von denen der Bund das Gros trägt (84 Prozent). Im Jahr 2027 soll die S4 bis Rahlstedt fahren, 2029 die gesamte Strecke fertig sein.

S4: Neue Hamburger S-Bahn fährt auf zusätzlichen Gleisen

Die S-Bahn-Gleise werden zusätzlich zu den beiden bestehenden Gleisen der Regional-, ICE- und Güterstrecke verlegt. Das ist deshalb wichtig, damit die „Hauptstrecke“ noch stärker ausgelastet werden kann. Denn mit dem geplanten Fehmarnbelttunnel zwischen Dänemark und der deutschen Ostseeinsel soll erheblich mehr Personen- und Güterverkehr zwischen ganz Skandinavien und Deutschland auf die Schiene kommen.

Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) an der Baustelle der künftigen S-Bahn 4 Richtung Ahrensburg.
Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) an der Baustelle der künftigen S-Bahn 4 Richtung Ahrensburg. © Christoph Rybarczyk (FMG) | Christoph Rybarczyj

Und hier gibt es einen Haken, den Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) allzu gut kennt. Die neue Superstrecke für ICE und Güterzüge zwischen Kopenhagen und Hamburg soll nicht gekreuzt werden von der bummeligen S4, die für Hamburgs Osten und Schleswig-Holstein so wichtig ist und unterwegs viele Haltestellen abklappert. Auf Hamburger Seite wurde dazu ein „Überwerfungsbauwerk“ errichtet, eine Kreuzung ohne Kreuzung, eine Weiche ohne Weiche – einfach eine Brücke, damit die S-Bahn auf die Westseite der künftig viergleisigen Strecke wechseln kann, ohne dass auf der Hauptstrecke ein Zug warten muss. Das Warten von Zügen hat auf der bestehenden Strecke erhebliche Auswirkungen auf Verspätungen und Anschlüsse, die Reisende zum Beispiel in Hamburg verpassen.

Hamburg–Lübeck: Seitenwechsel bei Ahrensburg?

Bloß: Hinter Ahrensburg ist wieder so ein „Seitenwechsel“ geplant. Tjarks sagte dem Abendblatt, er spreche sich dafür aus, dass man stattdessen besser ein drittes Gleis für die S4 weiter Richtung Bad Oldesloe baue. Er sagte, es dürfe nicht sein, dass sich Verspätungen und Verzögerungen wegen dieser Kreuzung aus Ahrensburg bis ins Hamburger S-Bahn-Netz übertrügen. Bis zu 850.000 Menschen müssten dann die Rechnung dafür zahlen, dass am schleswig-holsteinischen Bahnhof Gartenholz die S-Bahn nach aktuellen Plänen wieder auf die Hauptstrecke einfädeln soll.

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Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) erwartet sogar ein „Chaos“ auf der Bahnstrecke HamburgLübeck. Die Bahn hatte ursprünglich „kreuzungsfreie“ Pläne bei Ahrensburg, diese aber offenbar aus Kostengründen wieder verworfen. Tjarks sagte: „Die S4 ist eine zentrale Schienenachse im Norden und eines der wichtigsten Nahverkehrsprojekte für Hamburg.“ Heißt: bloß nicht wieder Störpotenzial gegen Hunderttausende Pendler einbauen.

Was die S4 leiser und umweltfreundlich machen soll

Die S4 als „Gesamtkunstwerk“ bietet schon in Ahrensburg ausreichend Diskussionsstoff. Hier zerschneidet die Bahnstrecke bekanntermaßen die Innenstadt. Die Lärmschutzwände sollen sechs Meter hoch werden. Umstritten ist auch der S-Bahn-Bau im Naturschutzgebiet Tunneltal. Auf Hamburger Gebiet sind die künftigen Schallschlucker bereits an einigen Baustellenabschnitten zu sehen. Auch zwischen Fernbahn und S-Bahn-Linien sollen teilweise diese grünen Sechsmeterwände aufgestellt werden. Wäre ein Dach drauf, könnte man von einem Tunnel sprechen. Dabei darf man nicht vergessen, dass die künftig viergleisige Strecke durch eng bebautes Hamburger Stadtgebiet führt. Die Lärmbelastung ist hier ein Faktor entlang der Bahn. Mithilfe der Wände kann sie begrenzt werden. Optisch wirkt die neue Randbebauung allerdings schon wuchtig.

Bislang wurden für die S4 zwischen Hasselbrook und Claudiusstraße 13 von künftig insgesamt 30 neuen Strommasten aufgestellt. Auf der Strecke werden sogenannte Zweisystemfahrzeuge fahren, die vor allem im Hamburger Netz ihren Strom von Stromschienen beziehen, aber Richtung Ahrensburg dann von Oberleitungen. Projektleiterin Amina Karam sprach von „Elektrifizierung“ und versprach: Dadurch werde die S4 nicht nur leiser, sondern besonders umweltfreundlich.