Hamburg. Drei SPD-Senatoren fordern Aufnahmegrenze von Geflüchteten. CDU und FDP kritisieren, geben aber auch Handlungsvorschläge.
Hamburg ist am Anschlag: In einem Abendblatt-Interview am Donnerstag machten sowohl Sozial-, Schul- als auch Innenbehörde deutlich, wie angespannt die Situation mit dem anhaltenden Flüchtlingsstrom in Hamburg ist. Und das nicht allein bei der Unterbringung, sondern auch bei der weiteren Integration: Auch die Schulen seien mittlerweile an einem Punkt angelangt, „an dem wir ohne Qualitätseinschränkungen den Ansturm nicht mehr bewältigen können“, sagte Bildungssenator Ties Rabe.
Deshalb, so forderten es die Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD), Innensenator Andy Grote (SPD) und Schulsenator Ties Rabe (SPD), brauche es eine nachhaltige Begrenzung des Flüchtlingszustroms. Mit Sorge beobachteten die Senatoren, dass die Stimmung in der Stadt zunehmend kritischer werde. Bislang habe Hamburg Maßstäbe gesetzt. Doch jetzt komme Hamburg an Grenzen „und wenn wir hier in Hamburg jetzt an Grenzen stoßen, dann sind wir in einer nationalen Notlage“, sagte Schlotzhauer.
Geflüchtete in Hamburg: Dennis Thering glaubt, SPD erkennt Realität der Flüchtlingskrise viel zu spät
Inhaltlich zwar übereinstimmend, aber trotzdem entsetzt, zeigt sich CDU-Fraktionschef Dennis Thering auf die Forderung der SPD-Senatoren: „Seit Langem machen wir auf die unhaltbare Situation der Migration aufmerksam. Alle unsere Vorschläge zur Steuerung und vor allem Begrenzung der Migration wurden von SPD und Grünen in der Bürgerschaft zurückgewiesen.“ Jetzt öffentlich Alarm zu schlagen, wo das Limit in Hamburg erreicht worden sei, sei viel zu spät.
„Und dann schickt Bürgermeister Tschentscher auch noch drei SPD-Senatoren vor, um diese Nachricht zu überbringen. Höchstwahrscheinlich deshalb, weil in der rot-grünen Koalition mal wieder keine Einigkeit im Umgang mit der Flüchtlingskrise besteht“, so der Fraktionschef. Dies sei ein „eklatanter Ausdruck von Tschentschers Führungsschwäche“. Hamburg müsse jetzt zur Unterbringung neu ankommender Flüchtlinge erneut auf die Messehallen zurückgreifen, als Nächstes folgen die Turnhallen. Dies dürfe aus Sicht der CDU aber nicht passieren.
CDU fordert Aufnahmezentren für Flüchtlinge an EU-Außengrenzen
Es sei Zeit, dass die Bundesregierung nun „umgehend“ handle, damit der Schutz der EU-Außengrenzen endlich funktioniere. Für die CDU-Fraktion zählt dazu die Einrichtung von Aufnahmezentren an den EU-Außengrenzen und solange das nicht wirksam funktioniert, braucht es Grenzkontrollen an der deutschen Grenze. „Jetzt ist keine Zeit mehr für leere Worte, jetzt muss gehandelt werden“, sagte Thering.
Und auch aus der Hamburger FDP regt sich Widerstand: In einem Positionspapier will der Landesvorstand am Montag sechs Maßnahmen beschließen, wie Hamburg schnell handeln könne. Eine Maßnahme sieht etwa vor, ein sogenanntes Schulstart-Center als zentrale Stelle für Familien mit schulpflichtigen Kindern an das Hamburg Welcome Center anzugliedern – ganz nach schwedischem Vorbild. Dort sollen Schulerfahrung und Leistungsstand, sowie der Gesundheitszustand der Kinder ermittelt werden und Eltern über das deutsche Schulsystem und ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Zudem sollen Eltern dort auch Hilfe bei der Auswahl der richtigen Schule erhalten.
FDP will Monitoring für geflüchtete Schulkinder
Zudem fordert die FDP den Senat auf, die schulischen Integrationsstrukturen aufrechtzuerhalten und ein Monitoring einzuführen für geflüchtete Kinder. Das Hamburger System mit Basis- und Internationalen Vorbereitungsklassen sei zwar gut gedacht, komme aber an vielen Schulen an seine Grenzen. Um den geflüchteten Schülerinnen und Schülern keine Bildungschancen vorzuenthalten, sollten diese erst dann eine Regelklasse besuchen, wenn sie über ausreichend Sprachkenntnisse verfügen, um dem Unterricht zu folgen.
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Die Bundestagsabgeordnete und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Ria Schröder fordert den Schulsenator auf, „Verantwortung für geflüchtete Kinder und Jugendliche wahrzunehmen, statt die Schuld bei anderen zu suchen.“ Um dem aktuellen Lehrermangel entgegenzuwirken, fordert Schröder ferner, auch Lehrkräfte etwa aus der Ukraine für den Unterricht einzusetzen. „Geflüchtete Kinder haben schon so viel verloren. Nehmen wir ihnen nicht auch noch ihre Bildungschancen“, so Schröder.
Geflüchtete Hamburg: AfD nennt SPD-Offensive „Offenbarungseid“
Wenig überraschend deutliche Kritik kam auch aus der AfD. „Jetzt, wo Hamburg sichtbar am Limit ist, offenbaren die SPD-Senatoren, wovor wir seit Jahren warnen. Das gleicht einem Offenbarungseid und einer politischen Bankrotterklärung in Sachen Asylpolitik“, schimpfte AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. Und weiter: „Noch vor Kurzem haben SPD und Grüne Hamburg zum sicheren Hafen für alle ‚Flüchtlinge‘ erklärt und damit gewaltige Zuwanderungsanreize gesetzt.“
Nockemanns Forderung: „Natürlich müssen die sozialen Anreize weg. Wir fordern Sach- statt Geldleistungen. Und wo ist eigentlich der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher? Die Asyl- und Migrationskrise muss zur Chefsache gemacht werden.“