Hamburg. Bundesforschungsministerium äußert sich zur Finanzierung des Röntgenmikroskops Petra IV in Hamburg. Wie Katharina Fegebank reagiert.
Die Finanzierung des wichtigsten Zukunftsprojekts für die Forschung in Hamburg verschiebt sich immer weiter – darauf deutet eine Anfrage des Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß an die Bundesregierung hin. Dabei geht es um das vom Desy geplante 3-D-Röntgenmikroskop Petra IV. Für den Bau dieses neuen Messinstruments seien Zuwendungen in Höhe von 1,373 Milliarden Euro nötig, so das Desy.
Um den auf Hamburg entfallenden Anteil von zehn Prozent abzusichern, hatten SPD und Grüne in der vergangenen Woche einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, den das Landesparlament verabschiedete. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sina Koriath, erklärte anschließend, Hamburg erwarte nun eine „kurzfristige“ Entscheidung zu Petra IV aus Berlin. Der Bund müsste 90 Prozent der Kosten tragen.
Finanzierung des geplanten Supermikroskops Petra IV weiter unklar
Doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen offenbar weit auseinander. Denn auf die Frage von Christoph Ploß, ob Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) Haushaltsmittel für das Desy-Mikroskop einplanen werde, antwortete ihr Ministerium, Petra IV müsse erst ein „Begutachtungs- und Priorisierungsverfahren“ durchlaufen. Ein solches Verfahren befindet sich allerdings noch im Stadium der „Konzeptionierung“, so das Ministerium. „Finanzielle oder anderweitige Zusagen für Petra IV sind daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.“
Zur Einordnung: Schon 2019 hatte das damals von Anja Karliczek (CDU) geführte Ministerium auf eine Anfrage des früheren Hamburger FDP-Bundestagsabgeordneten Wieland Schinnenburg erklärt: „Weder zur Finanzierung noch zur Fertigstellung des Röntgenmikroskops Petra IV können derzeit Aussagen getroffen werden, da Forschungsinfrastrukturen dieser Größenordnung ein Priorisierungsverfahren durchlaufen müssen.“
Ringen um Petra IV: „Ampelkoalition gefährdet Forschungsstandort Deutschland“
Christoph Ploß kritisiert allerdings nur die aktuelle Regierung. „ Es ist unfassbar, dass noch nicht einmal das Verfahren zur Entscheidungsfindung steht – das Thema ist seit Jahren bekannt“, sagt der Christdemokrat. „Mit ihrer Trödelei gefährdet die Ampelkoalition die technologische Zukunftsfähigkeit unseres Landes und blamiert die deutsche Forschungspolitik in ganz Europa.“
Investitionen in neue Großforschungsanlagen seien für ein Hochtechnologieland wie Deutschland „wirtschaftlich überlebenswichtig“, sagt Ploß. „Wir brauchen im Interesse unseres Landes schnell eine Entscheidung für Petra IV. Ich erwarte vom Hamburger Senat und besonders den Hamburger Bundestagsabgeordneten der Ampelparteien, dass sie endlich in Berlin Druck machen.“
Hamburger Physiker befürchten Rückfall hinter internationale Konkurrenz
Petra IV soll 100-mal detailreichere Bilder von Strukturen bis auf die Ebene von Atomen liefern als das aktuelle Modell Petra III und 100-mal schnellere Experimente ermöglichen. Die Forschenden am Desy hoffen auf neue Erkenntnisse etwa für die Energieerzeugung, für Medikamente, Medizintechnik und „datengetriebene Technologien“.
Das Desy hatte erklärt, es gebe weltweit etwa 25 bedeutende Quellen für sogenannte Synchrotronstrahlung, die derzeit ein Update erhielten. Zwei neue Großanlagen in den USA und China gingen wohl schon 2024 oder 2025 in Betrieb. Hamburg hinke hinterher. Gelinge es, mit Petra IV im Jahr 2029 zu starten, hätte Hamburg zumindest dann die weltweit leistungsfähigste Maschine. Dafür müsse die Finanzierung allerdings 2024 beginnen.
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CDU: „Petra IV wird sich mit Sicherheit deutlich verzögern“
In dem kürzlich beschlossenen rot-grünen Bürgerschaftsantrag heißt es allerdings, die Finanzierung solle „spätestens 2026 beginnen“. Damit habe sich der rot-grüne Senat einen deutlich nach hinten verschobenem Zeitplan der Finanzierung genehmigen lassen, sagt die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Anke Frieling. „Ein Trauerspiel für das Desy und den Wissenschaftsstandort und ein komplettes Versagen der Hamburger Regierung.“
Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) habe viel zu spät damit begonnen, die Unterstützung des Bundes zu sichern. „Erst im Mai dieses Jahres begann das öffentliche Werben um die finanziellen Mittel aus Berlin“, sagt Frieling. „Petra IV wird sich mit Sicherheit deutlich verzögern.“
Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank wehrt sich
Fegebank stellte es anders dar: Sie habe bereits in der vergangenen Legislatur bei Anja Karliczek für Petra IV geworben. Auch bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP habe sie sich für Petra IV starkgemacht. Zudem, so Fegebank, habe sie sich mehrfach gegenüber der amtierenden Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger für die Finanzierung des Desy-Projekts eingesetzt. „Ich hoffe, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags für die Jahre 2024 und 2025 erste Bundesmittel für Petra IV bewilligt und damit ein klares Bekenntnis zu dem Projekt abgibt“, sagt die Senatorin.