Hamburg. Befangenheitsantrag verzögert Verfahrensbeginn seit Monaten. Andernorts gibt es bereits Urteile. Klägerin ist eine Hamburger Ärztin.
Knapp vier Monate sind vergangen, seit der erste Prozess wegen eines mutmaßlichen Impfschadens nach einer Corona-Impfung in Hamburg beginnen sollte. Sollte – denn noch vor der Verhandlung am 12. Juni gab es einen Befangenheitsantrag der Klägerin gegen den Vorsitzenden Richter. Und bis heute dauern Streit und Entscheidungsfindung darüber an. Noch immer gibt es keinen neuen Termin für die erste Verhandlung.
Die Hamburger Zivilklage wäre bundesweit die erste gewesen, in der ein Fall vor Gericht ausgebreitet wird. Mittlerweile haben Verfahren gegen Biontech und Astrazeneca über Impfschäden in Frankfurt/Main, Rottweil, Heilbronn oder Mainz begonnen. In einigen Prozessen wurden bereits Urteile gesprochen.
Die Klägerin in Hamburg, eine Ärztin, hatte Bedenken wegen des Richters und ließ ihre auf Impfschäden spezialisierte Kanzlei einen Befangenheitsantrag stellen. Die Kammer des Gerichts beriet – ohne den betroffenen Richter – und lehnte ab. Dagegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, womit sie ebenfalls keinen Erfolg hatte. „Jetzt muss das Hanseatische Oberlandesgericht entscheiden“, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen dem Abendblatt.
Corona Hamburg: Prozess um Impfschaden immer wieder vertagt
Das Thema ist deshalb so brisant, weil es um viel geht: Sollten die Impfstoffhersteller wie Biontech, Moderna oder Astrazeneca erfolgreich verklagt werden können, dürften sich weitere echte oder mutmaßliche Impfschaden-Betroffene auf den Weg zum Anwalt machen. Eine Prozesslawine könnte die Folge sein. Corona-Leugner und Impfgegner haben zudem in der Vergangenheit diese juristischen Auseinandersetzungen für ihre Argumentation instrumentalisiert.
In dem Hamburger Prozess würde außerdem deutlich, wer die Klägerin ist und welche Argumentation sie mit welchen Belegen vorbringen kann. Nach Informationen des Abendblatts handelt es sich um eine Fachärztin für Orthopädie, die in renommierten Hamburger Praxen wie auch an mehreren Krankenhäusern im Umland gearbeitet hat. Für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen galt zwischenzeitlich eine „einrichtungsbezogene Impfpflicht“. Sie konnte sich also nicht gegen eine Impfung wehren.
Corona Hamburg: Biontech auf Schadenersatz verklagt
Die Frau macht geltend, dass sie durch die Corona-Impfung mit dem Vakzin von Biontech einen gesundheitlichen Schaden erlitten habe. Sie klagt auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 150.000 Euro. Bei ihr sei es nach der Impfung zu Beschwerden gekommen, zu denen Schmerzen im Oberkörper, Schwellungen der Extremitäten sowie Erschöpfung, Müdigkeit und Schlafstörungen zählten. Sie will außerdem vor Gericht erreichen, dass festgestellt werde, dass Biontech zum Ersatz von materiellen Schäden verpflichtet sei.
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In Mainz klagte eine Zahnärztin wegen eines mutmaßlichen Impfschadens gegen Astrazeneca. Sie hatte nach der Spritze Taubheitsgefühle und kann tatsächlich seitdem auf einem Ohr nicht mehr hören. Die Berufsgenossenschaft hatte dazu ein Gutachten angefordert, das das bestätigt haben soll. Ihre Klage wurde dennoch abgelehnt, sie ruft offenbar die nächste Instanz an.
In Bayern hatte eine Frau mit ihrer Klage gegen Astrazeneca ebenfalls keinen Erfolg. Auch hier geht der Klageweg wohl weiter. Es geht in diesen Verfahren auch darum, ob die Informationen des Herstellers auf dem damals gültigen wissenschaftlichen Stand waren.
Hamburg: 204 Anträge wegen Impfschäden bis Juli 2023
In Rottweil wurde die Entscheidung über eine Klage eines Mannes gegen Biontech verschoben. Laut „Schwarzwälder Bote“ verlangt das Gericht von den Parteien, dass man genau darlegen müsse, dass die letzte Behördenzulassung Fehler enthielt. Und wenn man die Risiken und den Nutzen bei der Zulassung eines Impfstoffes abwägt, so sagen Experten dem Abendblatt, überwiegt der Nutzen wohl deutlich. Dass es Impfschäden gibt, daran gibt es keine Zweifel. Wie viele es sind, darüber gehen die Mutmaßungen auseinander.
In Hamburg hat die Sozialbehörde auf Abendblatt-Anfrage erklärt, bis Ende Juli seien 204 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens registriert worden, sieben wurden anerkannt, 78 abgelehnt. Bis Mitte des Jahres waren 158 Anträge beim Versorgungsamt eingegangen. Zahlreiche Anträge befinden sich noch im Widerspruchsverfahren oder werden noch geprüft.