Hamburg. Vier Bürgerschaftsfraktionen wollen Entscheidung am 27. September vorstellen. Archäologen suchen Fundamentreste auf dem Grundstück.
Für die Jüdische Gemeinde in Hamburg ist es eine ganz besondere Nachricht: Wie das Abendblatt berichtete, wird ein interfraktioneller Antrag zur Rückübertragung des Grundstücks der früheren Bornplatzsynagoge von der Stadt an die Jüdische Gemeinde vorbereitet. Nun steht fest, dass der Bürgerschaftsbeschluss dazu am 27. September stattfinden soll. An diesem Tag soll es zudem einen symbolischen Akt auf dem Joseph-Carlebach-Platz mit den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde und der Stiftung Bornplatzsynagoge geben, wie die Fraktionen von SPD, Grünen, CDU und Linken am Montag mitteilten.
Der Beschluss soll den Grundstein für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge legen, erklärten die vier Fraktionen. Die Rückübertragung des Synagogengrundstücks wird damit gut ein Jahr nach der Erklärung des rot-grünen Senats erfolgen, der Wiederaufbau der von den Nazis verwüsteten Bornplatzsynagoge sei machbar. Als „sensationell“ hatte es damals Philipp Stricharz, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, bezeichnet, das ganz Hamburg das Bauvorhaben zusammen mit der Gemeinde unterstütze. Grundlage für die Entscheidung war eine 367 Seiten umfassende Studie des Frankfurter Architekturbüros Wandel Lorch Götze Wach.
Bornplatzsynagoge: Von den Nazis in Brand gesteckt – Gemeinde musste Abriss bezahlen
Das Gotteshaus, damals die größte Synagoge Norddeutschlands mit einer markanten Kuppel und einem Davidstern auf der Spitze, war 1906 im neoromanischen Stil errichtet worden. Daneben wurde 1911 die Talmud-Tora-Schule gebaut. Während der Reichspogromnacht am 9. November 1938 steckten die Nazis die Bornplatzsynagoge in Brand. Ein Jahr später zwangen die nationalsozialistischen Machthaber die Jüdische Gemeinde, das Grundstück am Grindelhof für einen geringen Preis zu verkaufen und die Kosten für den Abriss der Ruine zu tragen. Wenig später errichteten die Nazis auf dem damaligen Bornplatz einen Hochbunker, der heute noch erhalten ist.
Der heutige Joseph-Carlebach-Platz ist benannt nach dem Hamburger Oberrabbiner Joseph Carlebach, der 1941 mit seiner Familie in das SS-Lager Jungfernhof bei Riga (Lettland) deportiert worden war. Seit 1988 erinnert auf dem Platz ein etwa 900 Quadratmeter großes Bodenmosaik der Hamburger Künstlerin Magrit Kahl an die Bornplatzsynagoge.
Archäologe: Erkenntnisse zu Resten der Bornplatzsynagoge wichtig für Architekten
Derzeit finden auf dem Platz archäologische Untersuchungen statt, die klären sollen, welche Fundamentreste noch erhalten sind. Dazu wurden vor Kurzem an drei von vier je 15 Quadratmeter großen Stellen Teile des Mosaiks behutsam abgehoben. Die Steinchen werden gelagert. An den freigelegten Stellen gräbt sich nun ein sechsköpfiges Team mit Schaufeln und Spitzkellen in den Untergrund vor.
Für den Architekturwettbewerb zum Wiederaufbau des Gotteshauses, der voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen soll, seien diese Voruntersuchungen sehr wichtig, sagt Hamburgs Landesarchäologe Prof. Rainer-Maria Weiss. Architekten müssten wissen, mit welchen Überresten des Fundaments der Synagoge sie zu rechnen haben, um dies in ihren Entwürfen zu berücksichtigen.
Bornplatzsynagoge – Neubau soll keine 1:1-Replik sein
Als vor einem Jahr die von der Jüdischen Gemeinde beauftragte Machbarkeitsstudie präsentiert wurde, gab es auch mehrere Varianten zu sehen, wie der Neubau im Grindelviertel aussehen könnte. Dieser soll sich in Form und Umfang am Vorgängerbau orientieren, aber keine 1:1-Replik sein. Der zentrale Betsaal soll mit 600 Plätzen etwa halb so groß sein wie jener der ersten Bornplatzsynagoge. Außerdem denkbar sind weitere Räume für Gemeindeaktivitäten, eine Begegnungsstätte und die Ritualbäder sowie drei weitere Gebäude.
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Der benachbarte, von den Nazis gebaute Luftschutzbunker muss abgerissen werden. Ob und wie sich das Bodenmosaik auf dem Joseph-Carlebach-Platz beim Wiederaufbau der Synagoge integrieren ließe, ist unklar.