Hamburg. 15 öffentliche Veranstaltungen locken aufs Hamburger Parkett. Tanzlehrerin Isabel Edvardsson freut sich über großen Zulauf.
Lackschuhe polieren und Hemd bügeln, Ballkleid richten und Frisur fixieren – der Tanzabend kann beginnen. Fragt sich nur: wo? Auch in Hamburg beginnt nach den Neujahrsempfängen wieder die traditionelle Ballsaison.
Zum Bedauern vieler Stammgäste fehlen aber Institutionen wie der beliebte „ADAC Ball“ im CCH weiterhin seit seinem Aus vor gut zehn Jahren. Warum? „In der Tat war der ADAC Ball über zwei Jahrzehnte eine feste Institution in Hamburgs Gesellschaftsleben“, sagt Christian Hieff, Sprecher des ADAC Hansa e. V.. „Grund, die Veranstaltung ausklingen zu lassen war der große Zeitaufwand und die Personalbindung, die ein solches Großprojekt mit sich bringen.“ Eine Neuauflage des ADAC Balls in dieser Form sei daher auf absehbare Zeit nicht vorstellbar.
Auf welchem Parkett kann man in Hamburg also Foxtrott und Cha-Cha-Cha ausprobieren? „Ich verstehe gar nicht, warum es in einer Stadt wie Hamburg nicht viel mehr Bälle gibt“, sagt Ex-Profi-Tänzerin Isabel Edvardsson, die seit einem Jahr zwei Tanzschulen in Hamburg betreibt. „Ich bin ein großer Fürsprecher für Bälle, denn wo sollen die Schüler und Tanzbegeisterten denn ihre Figuren und Tricks zeigen?“ Ihre Kurse, zu denen Lkw-Fahrer ebenso wie Uni-Professoren, Krankenschwestern und Anwälte kämen, erführen großen Zulauf. Zeitweise helfe nur die Warteliste. Zu dem Interesse am Erlernen oder Auffrischen von Gesellschaftstänzen tragen Fernsehsendungen wie der Paartanzwettbewerb „Let’s Dance“ bei, die mit ihren über die Jahre guten Quoten die Zuschauer animieren, selbst eine flotte Sohle hinzulegen.
„Wir veranstalten deshalb zweimal im Jahr für unsere Schüler einen Ball und dazu zweimal im Monat lockere Tanzpartys“, sagt Edvardsson, die auch in diesem Jahr voraussichtlich wieder als Tanz-Coach eines Prominenten beim Fernsehsender RTL in „Let’s Dance“ zu sehen sein wird.
Die große Robe holen Paare dann aber erst aus dem Schrank, wenn ein Traditionsball wie der „Hamburger Presseball“ oder der „Ball über den Wolken“ ansteht. Hier geht es um ein gemeinsames Erlebnis, das Tanzen in besonderem Ambiente. „Für uns und unsere Partner ist der ,Ball über den Wolken‘ eine sehr wichtige Veranstaltung mit hohem Stellenwert“, sagt Stefanie Harder, Sprecherin des Hamburg Airports, über die schon 1950 gegründete Tanzveranstaltung. „Auch unsere Gäste von außerhalb empfinden diesen Ball als sehr hanseatisch. Ein Ball im Atlantic mit edler Kleidung ist eben etwas anderes als ein Stehempfang – auch wenn es bei beidem mitunter ums Netzwerken geht.“
In Hamburg werden im Jahr 2016 ungefähr 15 öffentliche Bälle veranstaltet, darunter der Treueball des Hamburger Abendblatts (30. April, Tickets unter Telefon 040/30 30 98 98 ab 199 Euro für Abonnenten), der Universitätsball, der Juristenball, der Ball der Jäger und der Blaue Ball. Sie alle werden entweder im Hotel Atlantic Kempinski, dem Privathotel Lindtner oder dem Hotel Grand Elysée stattfinden - nur dort gibt es die großen Festsäle, die ausreichend Platz für eine Tanzfläche, Band und die Tanzpaare bieten. „Wir würden gern Bälle ausrichten, aber dafür haben wir die Räumlichkeiten nicht“, bedauert Ingo Peters, Direktor des Hotels Vier Jahreszeiten.
Umso glücklicher ist Franco Esposito, geschäftsführender Direktor des Hotels Atlantic. Für das edle Haus sind die Bälle auch ein positives Aushängeschild: „Bälle sind und bleiben besondere gesellschaftliche Ereignisse, gerade in Hamburg“, sagt er. „Im Hotel Atlantic sind sie Teil unserer Tradition. Unser Anspruch ist es, diese Tradition nicht nur zu pflegen, sondern auch lebendig in Szene zu setzen.“
Zu den öffentlichen Bällen kommen solche, die eine eingeschränkte Zielgruppe haben: Abtanzbälle, Frühlings- oder Winterbälle von Tanzschulen, Bälle von Schulen und Verbänden. Diese nutzen gern die Flächen im CCH. „Bei uns finden 2016 acht Bälle statt“, sagt Karsten Broockmann, Sprecher der Hamburg Messe und Congress GmbH, „aber tatsächlich richtet sich unsere Strategie verstärkt auf Fachkongresse.“ Hotelier Eugen Block veranstaltet in seinem Grand Elysée lediglich Silvester 2016 einen öffentlichen Ball. Denn: „Nach unseren Erkenntnissen ist die Neigung der allgemeinen Gesellschaft zu großen Bällen abnehmend.“