Der Leiter des Millionenprojekts, Thomas J. C. Matzen, plant etwas Spektakuläres auf dem Dach des Musik- und Medienbunkers.

Marmor, Stein und Eisen bricht, aber dieser Bunker nicht. Wenn Thomas J.C. Matzen das riesige Gebäude auf dem Heiligengeistfeld anschaut, dann liegt Bewunderung in seinem Blick, ja, sogar Zuneigung. Diese Kraft und diese Stärke – der Professor der TU Hamburg-Harburg und dem Northern Institute of Technology (NIT) hat einen echten Narren gefressen an dem Gebäude, das 1942 in nur 300 Tagen von Zwangsarbeitern errichtet wurde. Die Dimensionen der wehrtechnischen Anlage sind gigantisch: 18.000 Menschen sollte er im Zweiten Weltkrieg Schutz vor den Luftangriffen bieten, es waren aber meistens deutlich mehr, die hier Nacht für Nacht Zuflucht suchten, manchmal an die 25.000.

„Aus dem Furcht einflößenden Koloss ist etwas geworden, das ich nie wieder hergeben möchte“, sagt Thomas Matzen. Jahre, Jahrzehnte hat es gedauert, bis der Feldstraßenbunker zu seiner neuen Rolle fand. Er bildet nun ein Zentrum für Musik und Tanz mit vielen unterschiedlichen Unternehmen und Clubs, von denen der bekannteste Uebel & Gefährlich heißt. Übel und gefährlich ging es hier vor 70 Jahren zu. Doch wo 25.000-facher Schrecken lauerte, wird heute Party gemacht und das Leben gefeiert.

Diese Transformation kann sich Thomas Matzen auf seine Fahnen schreiben. Er war es, der 1993 als Erbpächter den maroden Flakbunker von der Stadt übernahm und ihn so aufpäppelte, wie es der Unternehmer von seinen zahlreichen Firmengründungen und -beteiligungen gewohnt war. Nur, bei diesem Projekt kamen gleich Emotionen ins Spiel. Er habe eine große Nähe gespürt, als er das eigentlich abstoßende Objekt zum ersten Mal betrat, sagt der 66-Jährige: „Inzwischen identifiziere ich mich seit 21 Jahren mit dem Bunker und freue mich darauf, dass wir dieses Denkmal nun weiterentwickeln werden.“

Etwas Großes, Spektakuläres wird mit Matzens Hilfe auf dem Musik- und Medienbunker entstehen: ein Stadtgarten mit 8000 Quadratmetern öffentlicher Grün- und Gemeinschaftsflächen, die man über eine kostenfreie Rampe – einmal um den ganzen Bunker herum – erreicht. Läuft alles nach Plan, starten die Bauarbeiten im Januar; 15 Monate später könnte der Dachaufbau fertig sein. Das Gebäude soll sich öffnen, etwas Einladendes bekommen, Erholung und einen tollen Blick über die Stadt bieten. Es gibt bereits mehrere Arbeitsgruppen, in denen Anwohner die künftige Nutzung der Flächen diskutieren, welche Pflanzen und gastronomischen Betriebe etwa infrage kommen, wie das angedachte Museum aufgebaut sein müsste, wer sich um die Sicherheit zu kümmern habe. Fans vergleichen die außergewöhnliche Begrünungsaktion bereits mit der New Yorker Highline und sehen den Bunker als künftigen Touristenmagnet. Kritiker sprechen von der Entweihung eines Mahnmals und befürchten noch mehr Verkehr auf St. Pauli.

 Ein Mann und seine
Vision: Thomas
Matzen mit dem
Modell des 8000
Quadratmeter großen
Stadtgartens
auf dem Bunker
Ein Mann und seine Vision: Thomas Matzen mit dem Modell des 8000 Quadratmeter großen Stadtgartens auf dem Bunker © HA | Andreas Laible

Für Thomas Matzen passt bei dieser Vision endlich alles zusammen. Viele Vorschläge namhafter Architekten lagen bereits auf seinem Schreibtisch. Der eine wollte alles in Glas einhüllen, der andere eine Kugel mit 68 Meter Durchmesser auf dem Dach positionieren, der dritte Büroetagen aufsetzen. Der Erbpächter beschäftigte sich nie länger als 30 Minuten mit den Ideen, sie schienen ihm ungeeignet für seinen Bunker. Doch dann: das grüne Dach. Das Konzept schlug bei Matzen ein wie – nein, Bombe wäre sarkastisch – wie ein Blitz. Er sei sofort begeistert gewesen, erzählt er und entschied: „Wenn es machbar ist, dann mache ich es.“

Thomas Matzen gibt viel, aberkeineswegs nur aus Altruismus

Es scheint ihm fast nebensächlich zu sein, ob er die für den Aufbau benötigten 30 Millionen Euro wieder reinbekommt. Man müsse es langfristig sehen, und ob sich eine Investition lohne, hänge auch immer von der Renditevorstellung ab. Matzen erwartet in puncto Cash von seinem Bunkerdach wenig, er fährt dennoch schon jetzt einen großen Gewinn ein. „Natürlich ist es risiko­reicher, als ein Bürogebäude zu bauen, aber es macht auch viel mehr Spaß. Mir gefällt es, an etwas Einzigartigem mitzuwirken, an einem Bauwerk, das es so nie wieder geben wird“, sagt der Hamburger, der schon an die 200 Firmen gekauft, neu aufgestellt, gerettet und wieder verkauft hat. Ob Karnevalsschminke, Wein, Computerchips oder Medikamente, es gibt fast keine Branche, in der Thomas J.C. Matzen nicht schon mitgemischt hätte.

Der Unternehmer gilt als Pionier des Management-Buy-out-Marktes in Deutschland; seine wöchentlichen Vorlesungen über Businessplanung und Karrieremanagement sind stets gut besucht. Denn Prof. Dr. h. c. Thomas J.C. Matzen kennt sich nicht nur theoretisch aus, sein praktischer Erfolg kommt den Studenten zugute. Ein halbes Dutzend hat er schon gefördert, weil sie ihm gute Geschäftsideen präsentierten, andere unterstützt er durch Stipendien. Und dann gibt es noch seine Stiftung, die unter anderem Kulturprojekte fördert und sexuell traumatisierten Kindern hilft.

Thomas Matzen gibt viel, aber keineswegs nur aus Altruismus. Der dreifache Vater weiß, dass es sich lohnen kann. Nicht immer, aber oft. Er hat ein Gespür für Dinge, die sich bezahlt machen, irgendwann. „Natürlich steht keine Kristallkugel auf meinem Schreibtisch, in der ich Gewinne und Verluste voraussehen kann“, sagt Matzen. „Für mich ist das Leben ein Saldo. Am Ende muss es positiv ausgehen.“