Die Designerin Umani Pfeiffer Celik stammt aus der Türkei und ist in Hamburg zu Hause. Ihr Unternehmen verkauft fast 60.000 Blusen im Jahr.
Hamburg. Ahmed Celik muss ein stolzer Vater sein. Vor 47 Jahren kam er als junger Gastarbeiter nach Deutschland. In seiner Heimatstadt Adana gab es für den Weber keine Zukunft mehr. Die Geschäfte der kleinen Firma, für die er arbeitete, liefen schlecht. Er kündigte und ging fort. Heute ist seine Tochter Umani Pfeiffer Celik, 39, eine Hauptauftraggeberin eben dieser Weberei im Süden der Türkei, der er einst den Rücken gekehrt hatte, um ein anderes, erfolgreicheres Leben zu suchen. "Die holen mich heute immer mit einem Chauffeur ab", sagt Pfeiffer Celik. "Das ist für meinen Vater schon etwas Besonderes."
Die Modedesignerin ist Namensgeberin und Geschäftsführerin des Unternehmens Umani Blusen & Hemden". Sie ist eine der 100 türkischstämmigen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft, die für das Buch "Deutsche Standards - In bester Gesellschaft" anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Anwerbeabkommens mit der Türkei als Beispiele für gelungene Integration porträtiert wurden. Bei der Buchpremiere am Montag in Berlin werden auch Bundespräsident Christian Wulff sowie der türkische Staatspräsident Abdullah Gül anwesend sein.
"Das ist schon ziemlich aufregend, und ich freue mich auf beide Staatsmänner gleich stark", sagt sie. Denn beide Länder gehören zu ihr. "Meine Nationalität ist türkisch, aber mein Zuhause ist hier Hamburg." Geboren wurde sie 1972 in der Türkei. Ihre Mutter reiste extra dafür in die alte Heimat, weil sie der Meinung war, ihr Kind müsse dort zur Welt kommen. Aber aufgewachsen ist Pfeiffer Celik am Großneumarkt. "Ich kenne jede Straße der Stadt und fand sie einfach immer schon sehr schön", sagt sie. Und trotzdem sei die Kindheit in der Fremde nicht immer einfach gewesen. "Unser Eltern waren der Sprache nicht mächtig, und wir kannten hier auch niemanden, der uns beratend zur Seite stand", sagt sie, die als Tochter eines der ersten Gastarbeiter zur sogenannten zweiten Generation zählt. "Die nächste Generation hat es da viel leichter, ihre Familien sind gut vernetzt und alle sprechen Deutsch." Die besseren Startbedingungen bedeuten aber nicht, dass der Nachwuchs erfolgreicher sein wird. "Denn die sind auch bequemer geworden."
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Pfeiffer Celik machte ihre mittlere Reife und eine Ausbildung zur Kauffrau. "Damals hat keine Türkin ein Abitur gemacht", sagt sie. "Und heute sind die Universitäten voll mit ihnen." Um ihren Stolz darüber zu verdeutlichen, lächelt sie.
Im Gespräch mit einem Freund kam sie auf die Idee, Maßhemden herzustellen. Da die Türkei nun mal ein Textilland ist und ihr selbst die Branche praktisch im Blut lag, war schnell klar, wie. Entworfen, verkauft und bilanziert wird in Deutschland, die Produktion findet am Mittelmeer statt. "Ich möchte so erreichen, dass die Blusen und Hemden nicht zu teuer werden." Nun gibt es die Marke Umani seit fast 13 Jahren. Das Unternehmen hat gut 30 Mitarbeiter, bildet aus, verkauft fast 60.000 Blusen im Jahr und ist im Gegensatz zu den ersten zwei bis drei Jahren kein Minusgeschäft mehr. "Ich finde es schön, dass meine Leistung nun in dem Buch gewürdigt wird", sagt Pfeiffer Celik. Schließlich habe sie Deutschland nicht nur wirtschaftlich bereichert, sondern auch optisch. "Meine Blusen kleiden jede Frau", sagt sie. Konservativ, schlicht und hochwertig seien ihre Entwürfe. "Ich bin eben Hanseatin, und so sehen meine Blusen auch aus." Der Großteil ihrer Kleidung sei aus eigener Produktion. "Nur Jeans und Accessoires kaufe ich zu", sagt sie.
Die schmale Frau sitzt in ihrem Büro nahe der Alster, das zeitgleich auch Besprechungsraum, Atelier und Zwischenlager ist, an einem massiven Holztisch. Handy, Telefon und Laptop liegen griffbereit. Von dem Zigarillo in ihrer Hand aus ziehen Rauchfäden durch den Raum. Genauso würde ein Comic-Zeichner einen Boss zeichnen. "Ich bin eben die Umani, all das hier ist ein Teil von mir." Seit drei Jahren arbeitet auch Pfeiffer Celiks Mann in dem Unternehmen. "Da bin ich Chef wie für jeden anderen", sagt sie. Ungewöhnlich fanden sie die Konstellation zu keinem Zeitpunkt. Und zu Hause seien sie ohnehin wieder gleichberechtigt. Auch in die Erziehung der Kinder bringen beide ihre Wurzeln ein: sie Türkin, er Deutscher, sie Muslimin, er Christ. So feiert die Familie auch jedes Jahr Weihnachten. "Und ich liebe es", sagt Pfeiffer Celik. Als sie selbst Kind war, wurde das Fest nicht gefeiert. "Das war schon manchmal schmerzhaft, weil wir ja bei unseren Mitschülern sehen konnten, wie schön das ist", sagt sie. Ihre eigenen Kinder haben es da besser. "Wir feiern einfach die deutschen und die türkischen Feste."