Das Gourmet-Restaurant von Emmi Scherrer an der Elbe feiert seinen 35. Jahrestag. Das Team um die 76-Jährige ist wie eine Familie.
Hamburg. Schon nach zehn Minuten Gespräch mit Emmi Scherrer, 76, ist eines offensichtlich: Der größte Schmuck dieser Frau ist ihre Bescheidenheit. Als ihr Kompagnon Heinz Wehmann beginnt, über sie zu schwärmen, sie als gute Seele des Hauses, tüchtig und bodenständig beschreibt, zieht sie den Mund etwas in die Breite und die Augenbrauen in die Höhe und hebt dabei die Schultern etwas an, als ob ihr das Lob unangenehm sei und sie sich dafür entschuldigen möchte. "Ich halte Bescheidenheit für eine besonders wichtige Tugend", sagt die Namensgeberin und Mitinhaberin des Gourmet-Restaurants Landhaus Scherrer. Dies habe sie ihrer Erziehung zu verdanken.
Eben dieser zurückhaltende Charakter dürfte neben der ausgezeichneten Küche und dem guten Service ein Grund dafür sein, dass das Restaurant an der Elbe seit Jahren erfolgreich ist und nun sogar 35. Jahrestag feiert. Eine Zeit, in der es auch schwere Momente gab. Anfang der 80er-Jahre starb Emilie - so ihr richtiger Name - Scherrers Ehemann Armin an einem Schlaganfall. "Für mich war klar, dass ich das Restaurant nicht aufgeben will", sagt sie. "Aber das war schon hart, beruflich und emotional." Ohne ihr Team und Wehmann, den sie zum Küchenchef, Mitinhaber und Geschäftsführer machte, hätte sie es nicht geschafft. "Mein Mann wäre stolz, wenn er das Landhaus heute sehen könnte", sagt sie und blickt für einen kurzen Moment zu Boden.
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Nur wenige Sekunden später ist ihr Lächeln wieder zurück. Denn ist die zurückhaltende Dame etwas aufgetaut, tritt ihre herzliche Art in den Vordergrund. "Ich lache viel - auch über mich selbst." Besonders gern erzählt sie Witze. Ihre Freundinnen sagen, sie lache dann beim Erzählen schon immer viel heftiger als alle anderen. Andere beschreiben sie als "fit". Ihr Alter merkt und sieht man ihr nicht an. "Ich gehe viel spazieren und mache Gymnastik", sagt Scherrer. Oft steht sie vorm Fernseher und macht die Übungen nach, die die Frauen bei der Tele-Gymnastik vorführen.
Auch die Arbeit hält sie jung. Manche Feiern der Gäste gehen bis in den Morgen. Scherrer hilft bis zum Ende mit und steht pünktlich um neun wieder auf der Matte. "Einmal hatten wir Gäste bis morgens halb sechs, und Emmi hat bis 4 Uhr gearbeitet", erzählt Heinz Wehmann. Und dann stand sie um 5 Uhr morgens wieder vor den Gästen im Raum, da sie an einem Früh-Golf-Turnier teilnahm. "Die müssen gedacht haben, ich bin verrückt", sagt Emmi Scherrer.
Anekdoten wie diese teilen die beiden einige. Denn ihre Beziehung geht weit über den Status Geschäftspartner hinaus. "Man könnte uns als kleine Familie bezeichnen", sagt Scherrer. Denn schließlich sehen sie sich täglich, verstehen sich gut und verbringen auch nach Feierabend Zeit miteinander. "Für meine Kinder ist sie so eine Art Großmutter", sagt Wehmann. Für Sohn Julian ist sie sogar Patentante. "Er arbeitet hier jetzt auch mit und ist quasi die nächste Generation", sagt Scherrer.
Den Gedanken, dass er das Landhaus eines Tages übernehmen könnte und der Lebenstraum von ihr und ihrem Mann bestehen bleibt, findet sie schön. Zumal ihre beiden Kinder kein Interesse an der Gastronomie haben.
Generationsübergreifend sind auch Emmi Scherrers Stammgäste. "Manche kommen hier mittlerweile mit ihren Enkeln her, oder ich kenne sie, seit sie selbst noch Kinder waren." Zu einigen Gästen hat sie eine besonders enge Bindung. Für das erste Paar, das im Landhaus heiratete, war sie sogar Trauzeugin. "Aber davon lasse ich jetzt lieber die Finger", sagt sie und lacht. Denn die insgesamt drei Paare, bei denen sie diese Aufgabe übernahm, sind inzwischen alle wieder geschieden. "Irgendwie scheine ich da nicht so viel Glück zu bringen", sagt Scherrer.