800 Gäste feierten auf dem Presseball im Hotel Atlantic. Udo Lindenberg bekannte sich zu Hamburg, Entertainerin Ina Müller gab sich gewohnt frech.
St. Georg. Gründe gibt es viele. Eine erfolgreiche Arbeitswoche, ein Wiedersehen mit einem guten Freund oder ein Sieg der Lieblingsmannschaft - all das können vortreffliche Anlässe zum Feiern sein. Allein, es fehlt meist der passende, der festliche Rahmen.
Die Wahl ist entschieden: Dies ist das schönste Kleid der Nacht
Am Sonnabend war dieser in den Sälen des Hotels Atlantic gegeben - beim 62. Hamburger Presseball. Ein Abend für die Medienmacher dieser Stadt. Und für die Menschen, über die sie täglich berichten: Prominente aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur. Rund 800 Gäste versammelten sich zunächst um die langen Tafeln, später dann vermehrt auf dem Tanzparkett. Das iPhone blieb aus, der Alltagsstress wurde vergessen. Es zählte der Moment. "Die Freude am schönen Augenblick - mit etwas Tanz und Geselligkeit", wie es Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) in seiner Begrüßungsrede formulierte.
Und die Anwesenden ließen sich nicht zweimal bitten. "Für uns gilt: Man soll die Feste feiern, wie sie fallen", sagte Fernanda Dibaba. Die Eventmanagerin und ihr Mann, NDR-Moderator Yared Dibaba, wollten den Abend für sich als Paar nutzen. Ähnlich erging es "Tagesschau"-Sprecher Marc Bator und seiner Frau Hellen. "Wir kommen viel zu selten zu uns, fallen abends meist todmüde ins Bett", sagte er. Dieses Fest sei für sie wie ein Kurzurlaub zu zweit. Und deshalb in jedem Jahr fest im Terminkalender eingeplant. Der Presseball als Paartherapie - und als Möglichkeit, längst Versäumtes nachzuholen. Für den nunmehr schuldenfreien Carlo von Tiedemann war das, endlich wieder "Freunde statt Gläubiger zu treffen".
Schauspieler Wolfgang Stumph nutzte den Ausflug in die Hansestadt für eine Familienfeier - er wurde von Gattin Christine und Tochter Stephanie begleitet. Und für ARD-Sportmoderator Gerhard Delling, von der Handball-WM in Schweden angereist, stand der Tanz mit seiner Frau Isabelle im Vordergrund. Ein guter Tänzer sei er nicht, räumte er ein, aber der Wille sei da. Regisseur Dieter Wedel kennt diese Probleme, besonders der Walzer gehört nicht zu seiner Paradedisziplin. "Neulich musste ich den Semperopernball eröffnen. Eine Qual." Erlöst wurde er vom Bundespräsidenten. Als dieser das Parkett betrat, war Wedel vergessen. "Da konnte ich bequem in den Wiegeschritt übergehen."
Vor Scheinwerferlicht und Publikum wäre auch Julia-Niharika Sen gern geflohen, zumindest zu Beginn der Veranstaltung. Sie führte erstmals durch den Abend und musste mit "wahnsinnigem Lampenfieber" kämpfen. "Hier sitzen viele Kollegen, das ist schon etwas anderes", sagte sie. Diese Sorgen waren unbegründet, zollten ihr doch ihre Vorgängerinnen Susanne Stichler und Judith Rakers Respekt. Beide hatten jeweils drei Jahre lang den Presseball moderiert. "Sie weiß also, was sie erwartet", scherzte Judith Rakers.
Julia-Niharika Sen war nicht die Einzige, die in diesen Stunden der "schönen Augenblicke" arbeiten musste. Redakteure des Hamburger Abendblatts produzierten eigens für den Presseball eine Sonderausgabe, die vor Mitternacht verteilt wurde. Mit Fotos der Gäste, den schönsten Roben der Nacht und Geschichten rund um das Event. So wurden die Berichterstatter einmal selbst Teil einer Zeitung, was, nicht nur bei den Journalisten, auf reges Interesse stieß. Viele Gäste sah man an den Tischen sitzen, vertieft in ihre Lektüre.
Auch abseits der Säle, etwas versteckt am Rande der Hotelbar in der Smokerlounge, studierte ein Herr die Texte. "Gutes Ding, das", befand er. Standesgemäß, mit Eierlikör und einer "kardiologisch total korrekten" Zigarre genoss Udo Lindenberg auf dem Presseball "das Leben und so". Er kam für eine Stippvisite aus Berlin, wo sein Musical "Hinterm Horizont" Premiere feierte.
"Gigantomatisch" sei die verlaufen und, ja, er schätze die Hauptstadt. Das ist aber kein Grund, panisch zu werden. Dieses ständige "Blabla", dass er Hamburg untreu werde. "Alles Schwachsinn, hier ist mein Zuhause", raunte er in gewohnt lässiger Manier.
Liebesbekenntnisse à la Lindenberg. Wenn das mal kein Grund zum Feiern ist.