Hamburg. Knicks oder nicht? Ein Experte erklärt, warum man sich beim Diner mit König Charles besser mit dem Essen beeilen sollte.
König Charles und Gemahlin Camilla haben bei ihrem Hamburg-Besuch ein ganz schönes Programm vor sich. Vom Besuch des Dammtorbahnhofs und dem Mahnmal St. Nikolai bis zu einer Hafentour ist der Terminplan der Royals jedenfalls ordentlich gefüllt.
Hinter den Kulissen dürften die Vorbereitungen dazu tatsächlich schon seit Wochen laufen – mindestens. Ist ja schließlich ein Staatsbesuch. Und am Ende soll es viele schöne Bilder geben, auf denen Hände geschüttelt und Schultern geklopft werden. Halt! Machen die das überhaupt? Die Royals? Und wenn ja: Wer gibt dann wem zuerst die Hand? Oder knickst man lieber? Und wenn ja, wie tief? Kurz: Wie sieht eigentlich der royale „Knigge“ im Jahr 2023 aus? Fragen, auf die Andy Englert, Royal-Experte der Funke Mediengruppe, Antworten – und auch die eine oder andere Anekdote zu erzählen weiß.
Hamburger Abendblatt: Fangen wir mal mit dem Einfachsten an: Wie würde ein fester Händedruck bei Prinz Charles zur Begrüßung ankommen?
Englert: Wenn Charles seine Hand zuerst ausgestreckt hat, wahrscheinlich gut. Generell gilt, dass man wartet, bis der König die Hand reicht. Zusätzlich können Männer und Frauen eine kleine Verbeugung andeuten. Bei der Begrüßung einer Königin – oder auch bei Camilla – könnten Frauen ganz förmlich einen Knicks machen, aber ebenfalls eher angedeutet. König Charles hat dazu offiziell veröffentlichen lassen: „Es gibt keine verbindlichen Verhaltensregeln, wenn man mit der Königin oder einem Mitglied der königlichen Familie zusammentrifft, aber viele Menschen möchten die traditionellen Formen einhalten.“
Kurz zum Verständnis: Der Besuch findet ja auf deutschem Boden statt. Welches Protokoll gilt denn dann eigentlich?
In erster Linie das deutsche. Aber die Höflichkeit gebietet es, dass man dem Gast entgegenkommt. Da stimmen sich die Protokollabteilungen beider Länder ab.
König Charles zu Besuch in Hamburg: So spricht man seine Majestät korrekt an
Wie spricht man den König korrekt an?
Im ersten Satz spricht man den König mit „Your Majesty“ an. Aber das tut man auch nur einmal. Danach reicht ein „Sir“ am Ende des Satzes. Bei der Queen war es also entsprechend „Ma‘am“. Bei Camilla ist die korrekte Anrede im ersten Satz „Royal Highness“, danach dann ebenfalls „Ma’am.“
Und wenn das erledigt ist? Kann man dann einfach reden, wie es einem gefällt?
Nun ja … wird man dem König vorgestellt, stellt dieser vielleicht ein, zwei Fragen, oft vor allem aus Höflichkeit – und wünscht möglicherweise noch einen schönen Tag oder Abend. Damit ist dann das Zeichen gesetzt, dass das Gespräch beendet ist. Wer beginnt, den König mit Fragen zu löchern oder eine Geschichte nach der nächsten erzählt, der würde von Mitarbeitern des Protokolls höflich darauf hingewiesen werden. Das Protokoll ist bei Veranstaltungen aller Art in der Regel dabei und gibt auch Hilfestellungen, wenn es Unsicherheiten gibt.
Wenn der Hamburger Bürgermeister mit Charles und Camilla gemeinsam einen Ort in Hamburg besucht, ist da geregelt, wer vorweggeht?
Wenn genug Platz da ist, ist es in der Regel so, dass Gastgeber und Gäste nebeneinanderher gehen. Wenn sie aber zum Beispiel durch einen schmalen Durchgang müssen, dann würde der Gastgeber aus Höflichkeit dem Gast den Vortritt lassen. So wie es die meisten normalen Menschen auch privat bei Gästen machen würden.
Ein Essen mit König Charles: Gewisse Regeln sind zu beachten
Gibt es Regeln beim Essen?
In den Ländern der Monarchen schon. Eigentlich gilt bei gesetzten Veranstaltungen, dass man sein Essen beendet, sobald der König oder die Königin fertig ist. Schwierig wird das dadurch, dass bei großen Festessen ja nicht alle gleichzeitig bedient werden. Wer also als Letztes dran ist, muss sich also unter Umständen beeilen. Der schwedische König Carl Gustav ist zum Beispiel eher ein Schnellesser. Und so habe ich etwa beim Festessen zur Nobelpreis-Verleihung in Stockholm schon Gäste gesehen, die ihr Essen in einem Tempo verschlungen haben, als wären sie bei McDonald’s, damit ihnen nicht der halb volle Teller einfach weggerissen wird. Die Queen hat dagegen mehr Rücksicht genommen und meistens extra langsam gegessen. Ich nehme an, dass Charles das von ihr gelernt hat.
Es geht doch nichts über einen schönen Fauxpas. Gibt es da Beispiele aus der Vergangenheit?
Ja, natürlich. Zum Beispiel, als Charles vor einigen Jahren – damals noch als Prinz – in Österreich zu Besuch war. Für das Bankett stand auf der Einladung als Dresscode „Black Tie“ – wortwörtlich übersetzt also schwarze Krawatte. Gemeint ist aber ein schwarzer Smoking mit schwarzer Fliege. Das wusste der damalige Präsident Alexander Van der Bellen aber offensichtlich nicht. Jedenfalls erschien er im normalen Anzug mit Krawatte. Dass so etwas heutzutage noch ernsthaft für Verstimmungen sorgt, ist aber nicht denkbar. Der Klatschpresse hat es dennoch gefallen.
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Amüsant war es zum Beispiel auch, als die damalige Queen Elizabeth II. gemeinsam mit ihrem Gemahl Prinz Philip vor vielen Jahren den damaligen Papst Johannes Paul den II. in Rom besucht hat. Beim Papstbesuch gilt: Eigentlich kein Schmuck. Die Queen hatte daran offenbar nicht gedacht. Und ausgerechnet bei der Begrüßung verhedderte sich ihr Armband im Gewand des Papstes. Das war sicher etwas peinlich. Für diplomatische Verstimmungen hat es aber nicht gesorgt. Und Prinz Philip hat damals lauthals zu
lachen begonnen.