Hamburg. Im Rahmen des „Nordwind“-Festivals ist auf Kampnagel eine Choreografie von Sidi Larbi Cherkaoui zu sehen. Auch nasser Sand spielt eine Rolle.

Am Ende ist da ein riesiger Feuerball, der die rückwärtige Leinwand mit gleißendem, lebensfeindlichem Licht füllt. Die Erde ist da bereits leergefegt. Und nur noch zwei Tänzer und ein Sänger blicken empor zum bedrohlichen Himmel.

Es mutet auf den ersten Blick seltsam an, eine Tanzperformance wie „Nomad“, die sich mit Überlebensstrategien in einer Wüstenlandschaft beschäftigt, beim Festival „Nordwind“ auf Kampnagel anzutreffen, aber sie fügt sich dann doch in das diesjährige Motto „New Allies“, weil der Norden nun einmal ohne den Süden nicht zu denken ist und der wiederum auf den Norden angewiesen sein wird – wenn die Erderwärmung voranschreitet.

Kampnagel Hamburg: „Nomad“ – eine Tanzperformance, bei der es ums nackte Überleben geht

Es sind zum Teil beklemmende Bilder, die der flämisch-marokkanische Star-Choreograf Sidi Larbi Cherkaoui, seit der Spielzeit 2022/23 künstlerischer Leiter der Kompanie des Grand Théâtre de Genève, mit seinem zeitgenössischen Ensemble findet. Mal sind es überwältigende, mal intime, mitunter auch sehr plakative Szenen vor einer Videoleinwand mit einer ausgedörrten – auch mal vom Regen überschwemmten – Wüstenlandschaft, die zu dramatischen Trommeln blitzartig aufhellt.

Vor ihr bringt sich das zehnköpfige Ensemble in einem eindrucksvoll gehaltenen Bewegungsfluss vom Boden in den Stand, erobert sich höchst athletisch mit viel Bodenarbeit den Raum. Neben Drehungen und Sprüngen ist hier ein Kopfstand, dort eine Kniedrehung, zu sehen, die Körperbeherrschung aller Beteiligten ist eindrucksvoll. In lässigen erdfarbenen Kostümen bewegen sich die Tanzenden in einem tranceartigen Fluss zu suggestiven Gesängen und Kompositionen aus dem Nahen Osten, die Felix Buxton (Basement Jaxx) fein arrangiert hat.

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Tanzperformance auf Kampnagel: Die stärksten Momente entwickelt „Nomad“ aus Kontrasten

Die stärksten Momente entwickelt „Nomad“ aus Kontrasten, wenn die zwei Tänzerinnen und acht Tänzer hintereinander aufgereiht eine geometrisch anmutende Armchoreografie ausführen. Oder wenn sie sich mit nassem Sand einreiben – beim Versuch, sich an die unwirtliche Umgebung anzupassen. Im Zentrum steht der unfassbar fluide Kazutomi „Tsuki“ Kozuki. Er strahlt eine Weisheit aus, die am Ende vor allem an eines erinnert: die menschliche Karawane wird nur durch Zusammenhalt überleben.

Sidi Larbi Cherkaoui: „Nomad“ 7.12., 20 Uhr, 8.12., 18 Uhr, Nordwind Festival noch bis 15.12., Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de