Hamburg. Gediegene Drinks und ein ausgewähltes musikalisches Sortiment – Hamburg ist um einen Club reicher. Der neue liegt direkt am Alten Wall.
„Wir haben geöffnet.“ Als Fee Schlennstedt diesen kurzen Satz sagt, ist ihr die Erleichterung darüber anzumerken, dass sie jetzt tatsächlich auf der Bühne des Nica steht und zusammen mit ihrem Partner Robert von Bennigsen die 300 geladenen Gäste im Jazzclub am Alten Wall begrüßen kann.
Die Tage kurz vor der Eröffnung sind für die beiden Betreiber noch einmal Megastress gewesen: Erst Mitte der Woche wurde die Schanklizenz erteilt, in einem Hauruckverfahren wurde die Bar eingebaut, ein Wasserschaden gefährdete die Eröffnung. „Es war ein Zittern und Bangen, aber wir haben eine Punktlandung hingelegt“, so Schlennstedt.
Die Kulturmanagerin und Geschäftsführerin des Nica hat eine zweieinhalbseitige Liste mit all den Personen in der Hand, bei denen sie sich für die Unterstützung in den vergangenen zweieinhalb Jahren bedanken muss und die es ermöglicht haben, dass Hamburg um eine Kulturperle reicher ist.
Neuer Jazzclub in Hamburg – Nica eröffnet gerade noch rechtzeitig
Das Nica ist das Gegenteil eines verrauchten Jazzclubs mit jahrzehntelanger Patina und abgeranztem Mobiliar. Der Raum versprüht mit seinem hellen Fußboden, der schwarz gestrichenen Decke und seinen dunklen Tischen und Stühlen ein cooles und urbanes Flair. Die verglaste Fensterfront gibt den Blick frei auf den Alsterfleet und die Rückseite der edlen Geschäfte und Büros des Neuen Walls.
Die Wände im ersten Stock, wo sich Garderobe, Toiletten und der Backstage-Bereich für die Musiker befinden, ist in warmer rostbrauner Farbe gestrichen. Mit 300 Sitzplätzen auf 400 Quadratmetern im Erdgeschoss ist das Nica auch im internationalen Vergleich ein eher großer Jazzclub. Nicht optimal sind die drei großen Säulen mitten im Saal, aber diese Kröte mussten Schlennstedt und Bennigsen schlucken, denn tragende Säulen kann man nicht einfach abmontieren.
Versicherungsmanager im Ruhestand eröffnet Jazzclub nahe Jungfernstieg
Mit dem Namen Nica erweisen die Jazz-Enthusiasten der Baroness Pannonica de Koenigswarter Reverenz, die in den 50er-Jahren die afroamerikanische Musiker-Szene in New York als Mäzenin unterstützte und eine enge Freundin von Thelonious Monk war.
Nicht nur für Fee Schlennstedt, die in der Vergangenheit für das Programm auf Schloss Elmau, dem Münchner Jazzclub Unterfahrt und im Berliner Quasimodo verantwortlich war, sondern auch für Robert von Bennigsen geht mit dem Opening des Nica ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Seit zehn Jahren schon trägt Bennigsen, ein Versicherungsmanager im Ruhestand, den Plan eines eigenen Clubs mit sich herum.
Vor fünf Jahren traf er auf Schlennstedt, beide begaben sich auf Location-Suche und das Nica ist das Ergebnis. Bennigsen hat viele Jazzclubs auf der ganzen Welt besucht und sich gefragt, warum eine Metropole wie Hamburg nicht über etwas Vergleichbares wie das Ronnie Scott‘s in London oder das Porgy & Bess in Wien verfügt. „Eine der Sorgen der Hamburger ist zudem die Verödung der Innenstadt. Sie braucht Anlaufstellen und attraktive Zugpferde für das Hamburger Nachtleben. Das Nica soll zu dieser Belebung beitragen“, sagt er in seiner Begrüßungsansprache.
Erfahrene Gäste: Richard Bona und Co. spielen zur Eröffnung im Nica
Musik gibt es am Eröffungsabend natürlich auch. Schlennstedt hat dafür das Trio von Richard Bona verpflichtet. Der Bassist, 1967 in Kamerun geboren und seit 1995 Teil der New Yorker Szene, hat in der Vergangenheit mit Größen wie Pat Metheny, Chick Corea oder den Brecker Brothers gearbeitet und immer seine eigenen Projekte verfolgt. Nach Hamburg hat er für die beiden ersten Abende im Nica den kubanischen Pianisten Jesus Pupo und den ebenfalls aus Kuba stammenden Schlagzeuger Ludwig Afonso mitgebracht.
Das Trio spielt mitreißenden Afro-Cuban-Jazz, jeder bekommt Raum für ausführliche Soli und besonders Pupo ist eine wirkliche Entdeckung. Er gehört in die erste Reihe der außergewöhnlichen kubanischen Pianisten, die den modernen Jazz seit einigen Jahrzehnten mit ihrer Spielfreude und ihrer technischen Brillanz bereichern. Bei so einem Opening will das Publikum sich vor allem amüsieren, und Bona weiß, was es dafür braucht. Zum Ende des Auftritts legen die drei mit furiosen Salsa-Klängen los und schaffen es, dass mindestens ein Dutzend Zuhörer sich von den Plätzen erhebt und vor der Bühne tanzt.
Anlaufpunkt für die Abendstunden mit Drinks und Konzerten
Außer der Bühne ist der andere Hingucker im Nica die Bar mit ihrem großen Sortiment. Bennigsen möchte sie gern zu einem nächtlichen Anlaufpunkt in der City machen. „Wenn Oper-, Theater- oder Kinovorstellungen vorbei sind, bietet unsere Bar die Möglichkeit für einen Drink“, sagt er. Die Konzerte sind dann ebenfalls vorüber, vielleicht gibt es noch spontane Jam Sessions. Die Getränkekarte ist umfassend, offene Weine kosten 8,50 Euro, 0,3 Liter Bier gibt es ab 4,30 Euro, Cocktails ab 12 Euro.
Die Resonanz der Gäste nach dem Auftakt ist durchweg positiv. Uriz von Oertzen, lange Gastronom im Café Schöne Aussichten und ein erfahrener Event-Veranstalter zum Beispiel sagt: „Das ist ein toller und gelungener Laden, wie Hamburg ihn braucht.“ Verleger David Pohle („Der Hamburger“) ergänzt: „Das Nica verdient volle Unterstützung. Hier sollten viele Hamburger hingehen und das Programm und das Ambiente genießen.“
Internationaler Laden mit vielfältigem Stil in Hamburgs Innenstadt
Fünf Tage in der Woche soll das Nica geöffnet sein, das Programm hat internationales Niveau und präsentiert Stars wie die afroamerikanische Sängerin Dee Dee Bridgewater, die kanadische Saxofonistin Jane Bunnett, das Gesangsquartett New York Voices oder den ehemaligen Miles-Davis-Musiker Kenny Garrett. Aber auch deutsche Jazzer und Künstler aus der Hansestadt werden hier in Zukunft eine Bühne finden – in einem unangepassten Programm, das sich nicht auf eine stilistische Richtung festlegt.
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Neben der Elbphilharmonie mit seinen Jazzreihen, der JazzHall, den NDR-Konzerten und Clubs wie Birdland, Cotton Club und Halle 424 ist das Nica eine weitere Bereicherung für den Jazz und das Kulturleben in der Stadt.
Infos, Programm und Tickets unter www.nica-jazzclub.de.