Hamburg. Die kanadische Pianistin kam mit ihrem Bandprojekt Diatom Ribbons nach Hamburg. Ein Hör-Abenteuer im Kleinen Saal der Laeiszhalle.
Eine Titelgeschichte im „Downbeat“-Magazin, ein 275.000-Dollar-Preisgeld, ein Grammy, eine Residenz beim North Sea Jazz Festival: Es gibt wenig, was Pianistin Kris Davis in den vergangenen Jahren nicht erreicht hat. Wo sie ist, ist vorne, jedenfalls im internationalen Jazz. Und so wird ihr Auftritt im Rahmen der „Jazz Piano“-Reihe in der Laeiszhalle natürlich mit einiger Spannung erwartet.
Ein Auftritt, zu dem sie mit ihrem aktuellen Bandprojekt Diatom Ribbons angereist ist, bei dem sie in immer wieder unterschiedlichen Konstellationen mit befreundeten Musikerinnen und Musikern zusammenspielt. In Hamburg sind das Terri Lyne Carrington am Schlagzeug, Nick Dunston am Bass und Val Jeanty an den Live Electronics. Eine ungewöhnliche Besetzung mit ungewöhnlichem Sound.
Das zeigt sich schon beim Opener „Alice In The Congo“, einer Komposition von Ronald Shannon Jackson, die auch auf dem vielfach bejubelten Livealbum „Live At The Village Vanguard“ zu hören ist. Aus einer Basslinie und dem sensiblen Einsteigen des Schlagzeugs entwickelt sich eine immer komplexere Nummer, bei der die begleitenden Samples und Scratches eine zusätzliche Klangebene einziehen.
Kris Davis in der Laeiszhalle: Weiter kann man von Standard-Jazz kaum entfernt sein
Überhaupt ist Val Jeanty an ihrem Elektronik-Tisch eine echte Bereicherung. Das gilt für die eingestreuten Sprachsamples, aber auch für die eher sphärischen Sounds und Effekte – und natürlich für ihren mitreißenden Einsatz als Percussionistin. Tatsächlich sorgt sie immer wieder für den „Rhythm of the universe“, wie sie eine Stimme gegen Ende des Konzerts verkünden lässt.
Mehr Jazz in Hamburg
- Jazz mit Pat Metheny in der Laeiszhalle: Stresstest beim Traumkonzert
- Elbjazz-Festival 2025 abgesagt: Das sind die Gründe
- Potenzial zum Jazz-Album des Jahres – viel Spielfreude und Weitsicht
All das, auch Kris Davis‘ Spiel an Klavier und Keyboard, wirkt spontan, jedoch ist hier genau notierte Musik zu hören, was nicht nur für Coverversionen von Wayne Shorter („Dolores“) oder Geri Allen („The Dancer“) gilt, sondern auch für die Eigenkompositionen. Dass die Nummern trotzdem immer wieder anders klingen, liegt zum einen an den unterschiedlichen Besetzungen, aber auch daran, dass Davis etwa einer Val Jeanty in einem gesteckten Rahmen Freiheiten lässt.
Das Ergebnis ist in jedem Fall enorm packend und immer wieder überraschend. Weiter kann man von Standard-Jazz kaum entfernt sein. Viel Beifall für einen nachwirkenden Abend.