Hamburg. Yared Dibaba und Werner Momsen führen gekonnt durch einen stimmungsvollen Abend. Ein Blick auf das Publikum offenbart allerdings ein Problem.
Matthias Stührwoldt ist Bauer. Und stellvertretender Bürgermeister in Stolpe im Kreis Plön. Und er ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Seine Themen sind das Landleben mit seinen Besonderheiten, sein Verhältnis zur Natur (Stührwoldt ist Biobauer) und seine Familie.
Vater von fünf Kindern ist Stührwoldt auch. Bei der dritten Plattdüütsch-Gala in der Laeiszhalle darf er als Erster auf die Bühne kommen und ein paar seiner Döntjes erzählen. Zum Beispiel darüber, dass es bei ihm zu Hause keine Bücher gab – außer dem „Struwwelpeter“. Und wo der farbliche Unterschied zwischen Beige (französisch ausgesprochen) und Beesch liegt.
Stührwoldt setzt knochentrockene Pointen und wird vom Publikum für seine lustigen Alltagsbeschreibungen gefeiert. Dass er den langen Abend eröffnen darf, hängt mit seinem Beruf zusammen. „Matthias muss ja um 5 Uhr morgens schon wieder raus, da muss er zeitig auf die Bühne können“, kommentiert Yared Dibaba.
Plattdüütsch-Gala in der Laeiszhalle: Yared Dibaba und Werner Momsen liefern mehr als Sahnehäubchen
Der Journalist und Entertainer, 1973 als Flüchtlingskind nach Deutschland gekommen, wuchs im Oldenburgischen auf und lernte dort die plattdeutsche Sprache. Zusammen mit Werner Momsen führt er als Conferencier durch die Gala. Gar nicht so einfach, wenn der Co-Moderator eine Puppe ist, die dauernd dazwischenquatscht.
Der Kabarettist und Puppenspieler Detlef Wutschik hatte die große Handpuppe erfunden. Werner Momsen war auch schon bei den ersten beiden Plattdüütsch-Galas in Kiel und in Bremen als Conferencier dabei, er ist der alte Hase und lässt das den Novizen Dibaba immer wieder spüren. Doch die Kabbeleien zwischen den beiden haben eine hohe komische Qualität und sind viel mehr als das Sahnehäubchen der Show. Diese beiden Entertainer haben das Potenzial, um einen ganzen Abend allein zu gestalten.
Das Programm der dritten Gala ist abwechslungsreich, vor allem musikalisch. Die Zeiten, in denen Lieder auf Plattdeutsch vor allem als Shantys gesungen wurden, sind lange vorbei. Santiano und Ina Müller sind die populärsten Beispiele für Platt in anderem Sound. Die sind allerdings bei dieser Gala nicht dabei, weil sie inzwischen Arenen mit mehr als 10.000 Zuschauern füllen.
Plattdeutscher Swing kurbelt die Stimmung in der Laeiszhalle an
Dafür gibt es zum Beispiel die Tüdelband. Seit 15 Jahren macht Miriam Buttmann Popmusik mit plattdeutschen Texten, anfangs im Quartett, inzwischen ist die Tüdelband zu einem Duo geworden, in dem Malte Müller gleichzeitig für den Rhythmus und die Keyboards zuständig ist. Auch in Rockmusik verpackte und vertonte Gedichte von Claus Groth erklingen in der Laeiszhalle, und plattdeutscher Swing kurbelt die Stimmung in der Halle noch mal deutlich an.
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Für diese jazzige Note sorgt eine Mädelstruppe aus Neumünster. Ein Damentrio der Niederdeutschen Bühne Neumünster präsentiert einen Ausschnitt aus seinem Programm „Das Frollein Wunner“, das Murat Yeginer, bis zur vergangenen Spielzeit noch Oberspielleiter am Ohnsorg-Theater, inszeniert hat. Die Songs aus den 30er- und 40er-Jahren sind genau nach dem Geschmack des Publikums – wie überhaupt jedes Lied, zu dem mitgeklatscht werden kann.
Plattdüütsch-Gala in der Laeiszhalle: Jüngere Leute sind kaum zu sehen
In Hamburg kümmert sich vor allem das Ohnsorg-Theater seit Jahrzehnten um den Erhalt der plattdeutschen Sprache. Die Bühne am Heidi-Kabel-Platz zeigt einen Ausschnitt aus einer sehr freien Dumas-Adaption der „Musketiere“. „Een för all, all för een“ heißt eine Produktion im Ohnsorg-Studio, die sich vor allem an Kinder wendet. Ein Dauerbrenner ist am Ohnsorg auch „Rock op platt“ gewesen, eine Rock-Revue von Sandra Keck. Sie zeigt eine moderne Version von „Rotkäppchen“ mit schmissigen Pop-Hits.
Das Publikum in der Laeiszhalle ist restlos begeistert von diesem Programm. Jüngere Leute sind allerdings kaum zu sehen und das, obwohl an einigen Schulen Niederdeutsch als Regionalsprache unterrichtet wird. Trotz aller Erfolge von Ina Müller und der besonderen Theaterprogramme im Ohnsorg hat die plattdeutsche Sprache bisher noch keinen Coolness-Faktor erreicht, der sie auch bei jungen Leuten populär gemacht hätte. Vielleicht müsste Taylor Swift mal einen Song auf Plattdeutsch singen, das würde den Altersdurchschnitt bei einer Gala rapide senken.
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