Hamburg. Symphonic-Metal-Band feiert mit 3500 Fans ein Fest für Augen und Ohren. Dass in der Location kein „Klangbrei“ daraus wird, spricht für die Crew.
Es war in der Mitte der 90er-Jahre, in der selbst Ikonen des Heavy Metals wie Bruce Dickinson von Iron Maiden, Lars Ulrich von Metallica und Rob Halford von Judas Priest öffentlich behaupteten, dass Heavy Metal tot wäre. Metallica spielte dann Papabauch-Bluesrock, Bruce und Rob verließen für eine Weile ihre Bands – aber das Jahr 1997 kann als das Jahr der Metal-Renaissance gesehen werden. In dem Jahr erschien auch das Debütalbum „Enter“ der niederländischen Band Within Temptation, die am Dienstag in der Sporthalle spielten.
1997 hauchten Bands wie Hammerfall dem klassischen Metal wieder Leben ein, aber auch ein neuer Genrebegriff wurde dank der Finnen von Nightwish geboren: Symphonic Metal, schnelles, melodisches Geballer mit orchestralen Arrangements, breiten Keyboard-Teppichen und gern weiblicher Sopranstimme.
Within Temptation in Hamburg: Seit wann kann die Sporthalle guten Sound?
Within Temptation steht stellvertretend für weitere Bands wie Delain oder Epica für die niederländische Schule des Symphonic Metal: weniger Oper, mehr Pop-Appeal. Und der Sound von Within Temptation ist nachhaltig: Alle sieben Nachfolgealben von „Enter“ schafften es in Deutschland in die Top Ten, zuletzt „Bleed Out“ 2023. Die nach 2022 erneut besuchte Sporthalle ist zwar nur halb gefüllt, aber 3500 Fans sind dennoch sehr ordentlich.
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Und für die gibt es nach einem Intro mit viel Rauch und Funken Krach wie bestellt. Sängerin Sharon den Adel und ihre fünf Mitstreiter verkünden vor bedrückender Video-Kriegskulisse „We Go To War“ und lassen danach auch optisch bei „Bleed Out“ Blut regnen. Für die Augen wird auf den LED-Panels sehr viel geboten. Das Gehör allerdings hat einen - angenehm - stressigen Abend. Tiefer gestimmte Gitarren gehen in den Keller, um Riff-Kartoffeln zu schälen, die von Bass und Schlagzeug zerstampft werden. Dass daraus in der berüchtigten Sporthallen-Akustik kein Klangbrei wird, spricht für die Klasse der Crew von Within Temptation.
Within Temptation: „Operetten-Geheul von Nightwish geht schneller auf den Zeiger“
Licht und Schatten und viele Kontraste. Die Musik weist nach Wacken, das Abendkleid der sehr gut singenden Sharon den Adel (die auch für die Hamburger Banksy-Ausstellung wirbt) zum Pausen-Sekt im Brahms-Foyer der Laeiszhalle. Das radiotaugliche „Shot In The Dark“ und „Supernova“ rütteln am Gebälk, und „Angels“ ist definitiv kein Robbie-Williams-Cover. Man muss kein Fan von Symphonic Metal sein, um gut unterhalten zu werden.
Das Operetten-Geheul der finnischen Kollegen Nightwish mit Frontfrau Floor Jansen zum Beispiel geht einem deutlich schneller auf den Zeiger. Die 90 Minuten mit Within Temptation hingegen sind bis zum finalen Klassiker „Mother Earth“ ein feiner Abend. Den kann man sich via QR-Code auf CD nach Hause bestellen. Jetzt müsste man nur noch einen CD-Player haben.