Hamburg. Etwas weniger Klischee würde dem Abend mit dem Orquesta Sinfónica de Castilla y León nicht schaden. Und wo ist eigentlich Pepe Romero?

Als Miloš geendet hat, sagt eine Hörerin zu ihrem Mann: „Hast du gesehen, er hat rote Schuhsohlen.“ Das Auge isst, pardon, hört mit. So läuft er halt, der Klassikbetrieb. Der montenegrinische Gitarrist hat’s begriffen. Deshalb hat er für seinen Künstlernamen den umständlichen Nachnamen Karadaglić eliminiert. In die Elbphilharmonie kommt er im schmal geschnittenen Samtjackett, und sogar das Gitarristen-Fußbänkchen ist ferrarirot lackiert.

Elbphilharmonie: Wo ist eigentlich Pepe Romero an diesem spanischen Abend?

Das mit den Schuhen hat allerdings noch eine andere Bewandtnis. „Tonight I have very big shoes to fill”, sagt Miloš zu der Moderatorin Anna-Kristina Laue; im Deutschen würde man vermutlich sagen: „Ich trete in große Fußstapfen.“ Wohl wahr. Angekündigt war für das ProArte-Konzert mit dem Orquesta Sinfónica de Castilla y León nämlich die Gitarrenlegende Pepe Romero. Weil der alte Herr wegen eines Krankheitsfalls in der Familie absagte, sprang Miloš ein, der immerhin einst von der Deutschen Grammophon zum Exklusivkünstler gekürt wurde.

Prominenter Ersatz also. Eigentlich. Auf dem Programm steht das „Concierto de Aranjuez“ von Joaquín Rodrigo, das eine berühmte Solokonzert, das das Repertoire für Gitarre und Orchester zu bieten hat. Die klassische Gitarre hat es im Zusammenspiel nicht leicht, weil sie so leise klingt. Fast immer braucht sie Verstärkung. Das haben sie in der Elbphilharmonie gut hinbekommen. Miloš‘ Ton klingt warm, rund und natürlich, die Balance mit dem Orchester wirkt organisch.

Um das „Concierto de Aranjuez“ herum hat der Dirigent eine programmatische Bonbonschachtel drapiert

Das ist zwar erfreulich, aber daraus allein wird noch keine überzeugende Interpretation. Unter den Fingern dieses Solisten klingt das „Concierto“ flach und defensiv. Allzu viele Läufe vernuscheln im Pianissimo, Miloš artikuliert wenig und stellt kaum Kontraste her. Beim Herzstück des Konzerts, dem schmachtenden Mittelsatz, kommt auch vom Englischhorn wenig Raffinesse. Macht nichts, der Satz wirkt eh von allein.

Um das Paradestück herum hat der Dirigent Thierry Fischer eine programmatische Bonbonschachtel drapiert. Der Abend beginnt mit „L’Arlésienne“ von Bizet, gewissermaßen die kleine Schwester des Welthits „Carmen“. Tut nicht weh, kann man so weghören. Genau wie das blech- und schlagwerkbewehrte „Kauyumari“ von der Mexikanerin Gabriela Ortiz aus dem Jahre 2021.

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Bei den beiden Suiten „El sombrero de tres picos“ (deutsch „Der Dreispitz“) von Manuel de Falla gibt Fischer den Bläsern in den lyrischen Momenten mal Zeit, zu atmen und zu gestalten. Ansonsten aber: Ufftata mit allem. Becken, Piccolo, Tuba. Delikatesse wird überschätzt.

Ob das spanische Orchester auch gerne mal etwas anderes täte, als uralte Klischees zu bedienen?

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