Hamburg. Zeitenwechsel bei Suhrkamp: Der ehemalige Chef der Baumarktkette Max Bahr ist nun alleiniger Eigentümer des Berliner Traditionshauses.
Der Hamburger Unternehmer und Investor Dirk Möhrle übernimmt ab November sämtliche Verlagsanteile des legendären, früher in Frankfurt beheimateten und seit Längerem in Berlin residierenden Suhrkamp Verlags. Er ist dann alleiniger Inhaber des Verlags, der vor allem das geistige Leben der alten Bundesrepublik mit seinem Programm stark prägte.
Möhrle hielt bereits seit 2015, zunächst über die Schweizer Medienholding AG, 39 Prozent des Verlags. Man konnte auch damals schon die Beobachtung interessant finden, dass sich mit Möhrle, der damals die Anteile des gestorbenen Suhrkamp-Investors Hans Barlach (auch er Hamburger) übernahm, der Spross einer Bauhaus-Dynastie in den Literaturbetrieb einkaufte. Jetzt gehört dem 60-Jährigen Deutschlands einst wichtigster und immer noch maßgeblicher Verlag komplett.
Suhrkamp: Dirk Möhrle führte sieben Jahre lang die Geschäfte von Max Bahr
Max Bahr übernimmt Suhrkamp, könnte man sloganhaft sagen: Möhrle ist der Sohn von Peter Möhrle, der die Baumarktkette einst groß machte. Dirk Möhrle führte die Geschäfte bis 2004 sieben Jahre lang und hätte Max Bahr zehn Jahre später gerne mit einem Konsortium gerettet, als Max Bahr, mittlerweile zur Praktiker-Kette gehörend, insolvent gegangen war. Das klappte nicht; Möhrle hatte sich selbst übrigens damals längst auf Immobilien spezialisiert.
Mit der vollständigen Übernahme der Verlage Suhrkamp und Insel durch die Möhrle Group verschwindet der Name Unseld aus dem Firmenregister. Neben allen Unternehmensanteilen von Ulla Unseld-Berkéwicz, der Witwe des langjährigen Verlegers Siegfried Unseld (1924–2002), gehen auch diejenigen der Darmstädter Familie Ströher an den Unternehmer über. Der hat, wie aus der Pressemitteilung hervorgeht, Gefallen an seinem Suhrkamp-Tun gefunden: „In den vergangenen zehn Jahren meines Engagements für den Suhrkamp Verlag habe ich entdecken dürfen, welche Bedeutung diesem Verlag und seinen Autoren zu eigen ist“, lässt sich Möhrle zitieren.
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Sein volles Vertrauen gelte dem Verleger Jonathan Landgrebe, sagt Möhrle. Auch Landgrebe ist übrigens an der Elbe geboren; es steckt also neben Hamburger Geld auch Hamburger Programmatik in Suhrkamp. Derweil wird etwa in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ darüber spekuliert, dass Suhrkamp wohl gegenwärtig unter wirtschaftlichem Druck stehe. Vielleicht gelingt Dirk Möhrle bei Suhrkamp das, was ihm bei Max Bahr nicht gelang: das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen.