Hamburg. Fantastisch intensiv: Der Schweizer Pop-Dichter lieferte den 4000 Fans in Wilhelmsburg eine große Show - trotz Rippenbruch.
„Nie wieder Kokain, nie wieder Kokain. Ich hab‘ so viel zu erzählen, und gar nix zu sagen“, singt Faber am Sonnabend in der ausverkauften Inselpark Arena, und man denkt sich schon wieder: Nie wieder Faber. Nicht, weil die Konzerte des Schweizer Sängers schlecht sind, im Gegenteil. Sie sind einfach zu intensiv, sowohl lyrisch als auch musikalisch. Eine Klasse für sich, aber nach zwei Stunden fühlt man sich einfach erschlagen. Heftiges Zeug.
Er ist ein moderner „Caruso“: Der rohe, direkte, unverfälschte Gesangsschleifstein eines Adriano Celentano oder eines Pippo Pollina (der Vater von Faber alias Julian Vincenzo Pollina), die Musikalität einer Sophie Hunger (mit der Faber und sein Toursupport Brandão 2021 in der Elbphilharmonie brillierten) und die schillernde Extravaganz eines Falco ergießen sich in seine Lieder wie „Du kriegst mich nicht zurück“, „Es könnte schöner sein“ oder „Jung und dumm“. Und in der Hitze der Scheinwerfer auf der Bühne in der Inselpark Arena lösen die Songs Dampf aus. Ach nee, Nebelmaschine. Aber passt schon.
Faber in der Inselpark Arena: Faber singt mit frisch gebrochener Rippe
Wie viele mögen hier sein in diesem bereits 2020 wenige Tage vor der Pandemie besuchten Zwecksportbau in Wilhelmsburg? 4000 sind es wohl. Aber das ist nur Statistik, Faber ist überlebensgroßes Ego, auch vor 800 im Mojo Club wie im Februar dieses Jahres oder im August 2020 bei einer absolut gnadenlosen Regenschlacht im Stadtpark. Ob mit Begleit-Duo oder mit der nach Wilhelmsburg gebrachten achtköpfigen Truppe inklusive Streichern.
Faber singt übrigens mit frisch gebrochener Rippe, und das muss höllisch schmerzen bei Textspagaten zwischen „Widerstand“ und „Wem du’s heute kannst besorgen“, zwischen Moral und Moralverlust wie in der Kaufliebe-Hymne „Tausendfrankenlang“. Die Kunstfiguren, in die er sich in seinen Liedern verwandelt, sind schlimme Finger, eifersüchtige Stalker und Narzissten, Turbokapitalisten, Bayern-Fans, Trieb-Getriebene: „Mein Body Count ist siebenstellig“. Aber die 4000 in Hamburg hängen bei „Komm her“ an seinen Lippen „wie Lipgloss“ und werden völlig überfahren von einem Rhythmuswechsel mitsamt Gitarrensolo. Toll, toll, toll.
- Er klingt wie Freddie Mercury – One Vision Of Queen in Hamburg
- „Planet Erde III“: Wer diese Bilder sieht, staunt einfach nur
- Ski Aggu: Das letzte Konzert bevor der Hype implodiert?
Nie wieder? Mehr, mehr. Unendliche Gier herrscht im Saal, und Faber legt Zugabe auf Zugabe nach bis „Leon“. Der letzte Tanz. Oh, endlich, alles am Ende. Nie wieder Faber. Nie wieder. Wann kommt er wieder?