Hamburg. „Das Kind in mir will achtsam morden“: Karsten Dusses Krimikomödie überzeugt auch in der Fortsetzung mit abgeschnittenem Ohr und schwarzem Humor.
Der Anwalt lebt inzwischen von der Ehefrau getrennt, doch man urlaubt gemeinsam mit der kleinen Tochter im Allgäu. Und schon hat er nach einem Ausraster auf einer Hütte einen weiteren Tod auf der Uhr. Erneut soll das Chaos der Achtsamkeitscoach richten. Denn, das weiß inzwischen ja auch der Anwalt, schuld daran soll das von der Psychologie seit einigen Jahren erkannte „innere Kind“ sein, von selbst wohlmeinenden Eltern mit unsichtbaren Verletzungen gezeichnet, die, wenn es schlecht läuft, mitunter eben auch ein paar Leichen nach sich ziehen.
Bestsellerautor Karsten Dusse hat aus dem beliebten Psychologie-Thema eine Erfolgsserie kreiert, seine Krimikomödie „Achtsam morden“ ist inzwischen mit drei Nachfolgebänden versehen. Auf das Erfolgsprinzip der Serie setzt nun auch das Altonaer Theater, wo Teil zwei des mit viel schwarzem Humor, einem lustvollen Spiel mit Klischees gespickten Stoffes als Erstaufführung auf die Bühne gelangt ist: „Das Kind in mir will achtsam morden“.
Altonaer Theater Hamburg: „Achtsam morden“, Teil zwei – der mit den Dämonen ringt
Erneut setzt Hausherr und Regisseur Axel Schneider, der auch die Stückfassung erstellt hat, auf bewährte Zutaten: Da wäre vor allem ein furchtloses Darstellertrio, bei dem nur Dirk Hoener erneut die Rolle des mit seinen Dämonen ringenden Anwalts Björn Diemel übernimmt, während der furiose Georg Münzel und die nicht minder kunstfertige Chantal Hallfeldt mit Unterstützung einer Ankleidehilfe ein ganzes Kaleidoskop unterschiedlicher Figuren stemmen.
Das alles spielt sich offen auf der Vorderbühne vor dem Vorhang ab. Dicht dran am Publikum. Das Tempo und auch das Erregungslevel sind durchgehend hoch – manchmal auch drüber. Die zwischenmenschlichen Begegnungen funktionieren dabei besser als der ein wenig konstruierte Krimi-Plot. Denn Anwalt Björn residiert, inzwischen selbstständig, in dem Altbau, den er von seinem – toten – Mandanten Dragan Sergowicz übernommen hat. Die Tochter besucht den Kindergarten im Parterre. Dragans ehemaliger Fahrer Sascha fungiert als Handlanger. Die Außenwelt ahnt von dem Toten nichts, solange Björn vorgibt, in dessen Namen zu agieren. Ebenso wenig ahnt sie von dem Boss der Mafiakonkurrenz, der seit einem halben Jahr im Keller gefangen gehalten wird. Als dieser gewaltsam befreit wird und ein Erpresser auf den Plan tritt, wird Björns Leben erneut kompliziert. Es entwickelt sich eine für den doch eher harmlos auftretenden Anwalt derbe Räuberstory um Mafiakonkurrenz, ein abgeschnittenes Ohr und eine Liebe im Rotlichtmilieu.
Der Bestseller auf der Bühne: „Das Kind in mir will achtsam morden“ im Altonaer Theater
Auch dieser Bestseller ist eine dankbare, unterhaltsame Vorlage, die ohne das entfesselte Spiel des Darstellertrios allerdings längst nicht so komisch wäre. Erneut ist es Anwalt Björn Diemel, der dampfplaudernd die vielen Volten der Handlung vermitteln muss. Georg Münzel changiert vom Coach in Wolljacke und Birkenstock (Kostüme: Laura Loehning, Jessica Freise) zum wenig arbeitswütigen Alm-Kellner zum paffenden Mafiaboss mit ausgestopftem Bauch und zu dessen sanftmütiger Schwester in Print-Leggins. Wie er dabei wirklich jede Faser seines Körpers, Haltung und Stimme verwandelt, ist ein großer Spaß.
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Nicht minder ausdrucksstark gelingt das Chantal Hallfeldt, die erneut als zickige Anwaltsgattin auftritt, aber eben auch als taffe Polizistin, als Mafiafahrer Sascha. Neben vielen anderen. Alle drei füllen diese – die boomende Ratgeber- und Psycho-Literatur ironisch aufspießende und sich gleichermaßen bei ihr bedienende – Geschichte mit so viel Leben, dass dabei ein großes Theatervergnügen herauskommt.
„Das Kind in mir will achtsam morden“ weitere Vorstellungen bis 31.12., Altonaer Theater, Museumstraße 17, Karten unter T. 39 90 58 70; www.altonaer-theater.de