Hamburg. Bettina Probst gab zum ersten Mal Einblicke, wie sie sich ihr Haus in Zukunft vorstellt – Sanierung wird doppelt so teuer wie geplant.

Die Rede ist von einem Jahrhundertprojekt, und das ist sogar noch untertrieben. Gut 100 Jahre, nachdem das Museum für Hamburgische Geschichte geöffnet wurde, verpasst es sich eine grundlegende Sanierung und Modernisierung – damit das Haus für die Geschichte Hamburgs und eins der wichtigsten historischen Museen Deutschlands fit ist für die Zukunft. Wie es konkret aussehen wird, welche Inhalte und Objekte gezeigt werden sollen, darüber gaben am Freitagmittag Direktorin Bettina Probst und Hans-Jörg Czech, Vorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH), zum ersten Mal Auskunft.

„Die Vorbereitungen zur Modernisierung des Museums für Hamburgische Geschichte laufen auf Hochtouren. Im Sommer haben auch die noch verbliebenen Großobjekte das Gebäude verlassen. Nun kann zum Ende dieses Jahres mit der Umsetzung der ersten konkreten baulichen Maßnahmen begonnen werden. Parallel arbeitet das Team zusammen mit den Gestaltern an der Ausarbeitung der neuen ständigen Ausstellung“, so die Direktorin. Sich noch einmal „neu zu erfinden“, um sich mit historisch wie aktuell relevanten Themen unserer Gegenwart zu beschäftigen, sei „Privileg und Herausforderung zugleich“.

So modern wird das neue Museum für Hamburgische Geschichte

Durch zahlreiche bauliche Veränderungen sollen die Aufenthaltsqualität, die barrierefreie Zugänglichkeit und die Energieeffizienz des Museums deutlich verbessert werden. Wie ursprünglich vom Architekten Fritz Schumacher gedacht, wird sich das Haus mehr zu Planten un Blomen hin öffnen; die Gastronomie bekommt neue Räume mit einer großen Terrasse zum Park.

Im Erdgeschoss sind erweiterte und klimatisch optimierte Flächen geplant, um zukünftig Sonderausstellungen im größeren Rahmen und in technisch innovativ ausgestatteten Räumlichkeiten präsentieren zu können. Ebenfalls neu eingerichtet werden ein frei zugänglicher Lesesaal mit Lounge-Charakter sowie neue Seminar- und Workshop-Räume für Schulklassen und andere Besuchergruppen.

Visualisierung Modernisierung Museum für Hamburgische Geschichte
Visualisierung der neuen Außengastronomie des Museums für Hamburgische Geschichte: Eine große Terrasse soll sich zu Planten un Blomen hin öffnen. © Hoskins Architects | Hoskins Architects

Im Zentrum der inhaltlichen Modernisierung steht die komplette Neukonzeption der Dauerausstellung, die sich über drei Geschosse und rund 5.000 Quadratmeter erstrecken wird. Der modern gestaltete Rundgang in der ersten Etage soll die Geschichte der Stadt spannend vermitteln, mit den prägendsten Ereignissen von der Stadtgründung im Mittelalter bis hin zur jüngsten Vergangenheit, Aktualitätsbezüge und Zusammenhänge zur Gegenwart herstellen und diese gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern reflektieren und diskutieren. Darin eingebunden werden die Themen „Jüdisches Leben in Hamburg“, Migration, Kolonialismus/Postkolonialismus und der Komplex „Stadt. Mensch. Umwelt“.

Am 8. September kann ein Blick in ausgewählte Räume geworfen werden

Im zweiten Obergeschoss dreht sich alles um die Menschen in der Stadt, ihre Lebenswelten in Geschichte und Gegenwart: Eine große Ausstellung widmet sich dem Thema „Kind sein in Hamburg“, außerdem wird es das Stadtlabor „Hamburg heute“ und eine Stadt-Lounge zum kreativen Arbeiten, Mitgestalten und Relaxen geben. Im Südflügel werden zwei historische Räume der spätklassizistischen Villa Rücker aus dem Stadtteil Hamm eingerichtet. Am Tag des offenen Denkmals, der am 8. September in Hamburg gefeiert wird, kann man bei Führungen und Vorträgen einen Blick in ausgewählte Räume werfen.

Visualisierung Modernisierung Museum für Hamburgische Geschichte
Visualisierung der neuen ständigen Ausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte. © Jangled Nerves | Jangled Nerves

Im dritten Obergeschoss, in den ehemaligen Lagerräumen des Museums unterm Dach, wird schließlich die historische Modelleisenbahnanlage untergebracht werden, eingebunden in den Bereich Verkehrsgeschichte und Nachhaltigkeit. Für die Direktorin der ideale Ort, um die Bahn als Teil der Stadt- und Museumsgeschichte zu präsentieren und mit aktuellen Themen zu verknüpfen. Die Anlage des Modelleisenbahn Hamburg e. V. (Mehev) soll in einer U-Form gebaut werden, sodass das Publikum sie betreten kann. Daran angeschlossen ist eine Schauwerkstatt. Expertise hat sich der Verein beim Miniatur Wunderland geholt, etwa zum Thema Anlagensteuerung.

„Dank der verbesserten Aufenthaltsqualität werden die Besucherinnen und Besucher noch mehr Lust haben, sich intensiver mit der Sammlung und unserer Geschichte auseinanderzusetzen. Dies bildet auch die Grundlage dafür, sich in Zukunft noch besser am öffentlichen Diskurs zu beteiligen und über wichtige Fragen der Stadtgesellschaft auszutauschen. Und das ist eine Investition in die
Zukunft, denn wer sich mit der Geschichte seiner Stadt auseinandersetzt, versteht auch die Gegenwart und kann die Zukunft gestalten“, sagte Kultursenator Carsten Brosda bei der Pressekonferenz.

Ende 2028 sollen die Modernisierungsarbeiten abgeschlossen sein

Die Neugestaltung wird vom Gestaltungsbüro jangled nerves aus Stuttgart geplant und umgesetzt. Als Realisierungsträgerin
übernimmt die Sprinkenhof GmbH die Projektmanagementleistungen des Gesamtbauprojektes, welche im Mieter-Vermieter-Modell erbracht werden. Architekt und Objektplaner für die Modernisierung des Gebäudes ist das Büro Hoskins Architects aus Berlin und Glasgow.

Ende 2028 sollen die Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten abgeschlossen sein. Inwieweit man zeitlich im Plan sein wird, ist jetzt noch nicht abzusehen. Fest steht aber schon, dass die ursprünglich vorgesehen Kosten die Arbeiten nicht decken werden. Statt der 2015 avisierten gut 50 Millionen Euro stehen der Stiftung nach einer Neuberechnung nun insgesamt Mittel in Höhe von 101 Millionen Euro zur Verfügung. Davon kommen 83 Millionen von der Freien und Hansestadt Hamburg und 18 Millionen von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Begründet wird die Verdoppelung durch die allgemein gestiegenen Kosten bei Baumaterial, Energie und Handwerkerleistungen.

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„Mit der jüngst erfolgten Entscheidung des Hamburger Senats und der Bürgerschaft über die Bereitstellung erheblicher zusätzlicher Mittel für die bauliche und inhaltliche Modernisierung des Museums konnte der Weg für die vollumfängliche Realisierung dieses für die SHMH zentralen Entwicklungsvorhabens frei gemacht werden. Dafür gebührt allen beteiligten politischen Vertreterinnen und Vertretern der Freien und Hansestadt Hamburg mein größter Dank. Nicht minder dankbar sind wir für die finanzielle Förderung von Seiten des Bundes, die die nationale Bedeutung des Projekts unterstreicht“, so SHMH-Vorstand Czech.

Tag des offenen Denkmals 8.9., 10.30–15.15, Museum für Hamburgische Geschichte (U St. Pauli), Holstenwall 24, kostenlose Führungen und Vorträge in ausgewählten Räumen und außerhalb des Museums; www.shmh.de