Hamburg. Das Konzert des New Yorker Indierock-Electro-Trios war ein Fest der positiven Schwingungen und direkt ins Herz zielenden Melodien.

„Entschuldige, geht das so? Kannst du noch sehen?“ Wenn es einen Preis für das rücksichtsvollste Konzertpublikum gäbe, er könnte an die Besucherinnen und Besucher des Nation-Of-Language-Konzerts in Planten un Blomen gehen. Wer sich weiter nach vorne stellt, klärt freundlich mit den hinter ihm Stehenden, ob das okay ist, und wenn dann auch noch ein Mitglied der Bühnensecurity einer gerade Pommes essenden Besucherin seinen Müsliriegel anbietet („Als Nachtisch....“), ist endgültig klar: Hier gibt es an diesem eher kühlen Mittwochabend trotz gelegentlichen Nieselregens nur positive Schwingungen.

Was zur Musik des New Yorker Trios passt, die durchgehend Glücksgefühle freisetzt. Schon der Auftritt der Berliner Indie-Poprock-Band Meagre Martin hatte ein Lächeln auf die Gesichter gezaubert, aber was Nation Of Language dann bietet, setzt einen obendrauf. Knapp 80 Minuten lang mitreißende Beats und Melodien, die direkt aufs Herz zielen, die zugleich selige Zeitreise und Gegenwartsexzess sind.

Nation Of Language: Das rücksichtsvollste Publikum des Jahres

Viele, die bei diesem Konzert in der „Draußen im Grünen“-Reihe im Publikum stehen, dürften die deutlich hörbaren 80-Jahre-Einflüsse von Nation Of Language aus Altersgründen gar nicht live erlebt haben und sind trotzdem begeistert: New Order, die frühen Depeche Mode, Human League, Soft Cell klingen bei den Beats durch, gesanglich erinnert manches auch an die Glanzzeit der Smiths („This Chariming Man“), und Sänger/Gitarrist Ian Richard Devaney lässt mit seiner exaltierten Bühnenshow (ziemlich biegsamer Körper!) immer wieder an Talking-Heads-Frontmann David Byrne denken.

An Keyboards und Synthie sorgt Aidan Noell für berückende Beats, bei denen sich unmöglich stillstehen lässt, und Alex MacKay spielt seinen Bass nicht nur als rhythmische Grundierung, sondern auch als Melodiegeber – ganz groß! Ob man Nation Of Language schon seit Jahren hört oder dies hier ein Erstkontakt ist: egal, mitgerissen wird jede und jeder. Diese sanfte Melancholie, die doch nie in lähmende Depression versinkt, diese Lust am Groove: einfach ansteckend.

Mehr zum Thema

Um ihre Band auf die Spur zu bringen und das Debütalbum „Introduction, Presence“ einspielen zu können, hatten Aidan Noell und Ian Richard Devaney bei ihrer Hochzeit 2018 auf die sonst üblichen Geschenke verzichtet und um Geldspenden für die Aufnahmesessions gebeten. Sechs Jahre später gibt es nicht nur drei Nation-Of-Language-Alben, die Band ist auch auf direktem Weg nach ganz oben. Planten un Blomen dürfte nur ein Zwischenschritt sein. Alles richtig gemacht also, hoffentlich kommen die bald wieder.