Hamburg. „Sane Satan“: keine tiefe Analyse christlicher Körberimages, aber hübsch respektlos. Ein Stück, das stark auf nackte Haut setzt.

Düsterer Einstieg: Tief grummeln Basstöne durch die Halle auf Kampnagel, der Boden ist mit Plastikplanen ausgelegt, ein Frauenkörper liegt leblos da. Eine Leiche? Nein: Unendlich langsam beginnt der Körper, sich zu strecken, schält sich aus seinen Kleidern, kriecht und rollt über die Bühne. Ein Traum, vielleicht. Teresa Vittuccis „Sane Satan“ ist ein Albtraum, ein feuchter Traum.

András Siebold, Leiter des Internationalen Sommerfestivals, preist Vittucci als „Schweizer Antwort auf Florentina Holzinger“ an. Ganz stimmig ist der Vergleich mit der aktuell angesagtesten Tanztheatermacherin Europas freilich nicht: Zwar setzt „Sane Satan“ ähnlich wie Holzingers Ästhetik stark auf nackte Haut (und lässt den voyeuristischen Blick derweil mit großer Souveränität ins Leere laufen), zwar bedient sich Vittucci ähnlich wie Holzinger in ihrer jüngsten Arbeit „Sancta“ bei christlicher Symbolik, aber dem jetzt beim Sommerfestival gezeigten Abend fehlen dann doch die politische Schärfe und feministische Wut, die die berühmtere Kollegin antreiben. Die erste halbe Stunde nämlich ist „Sane Satan“ abstraktes Tanztheater, mit Alina Arshis Körper, der eine Bühne für sich erobert, dabei aber immer Körper bleibt und keine politischen Inhalte transportiert.

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Das ändert sich mit einem Rabenkrächzen. Die Bühne verändert sich, statt dunkler Drones ertönt elektronisch zerhackte Popmusik, Nebel wallt auf, Vittucci selbst gesellt sich zu Arshi. Und eine Abenteuergeschichte entblättert sich in so nervtötender wie konsequenter Niedlichkeitsästhetik. Zwei Barbies sind das, aber es sind Barbies, zur Hölle fahren, zwischen Geisterbahnsounds und einer fies-klebrigen Masse, die lustvoll-angeekelt weggeleckt wird.

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Satan entpuppt sich als queere Figur, Fettpolster sind Lebensversicherung, und über dem Venushügel zeigen sich Teufelshörner – „Sane Satan“ ist keine tiefe Analyse christlicher Körberimages, aber ein hübsch respektloses, in Teilen ziemlich lustiges Stück ist es dann eben doch.